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Beständeübersicht

Bestand

22084 Rudergesellschaft Wiking Leipzig e. V.

Datierung1866 - 1908, 1919 - 1948, 1956 - 2004
Benutzung im Staatsarchiv Leipzig
Umfang (nur lfm)2,70
Zur Geschichte der Rudergesellschaft Wiking e. V.

Die Rudergesellschaft Wiking zählt zu den ältesten Rudervereinen Deutschlands. Am 3. Juli 1866 hatten sich vier Leipziger Rudervereine zunächst zu einer Bootsgesellschaft "Germania von 1866" zusammengeschlossen, dem späteren Ruderverein gleichen Namens. Damit wurde nach dem Verständnis des späteren Rudersports die Tradition dieser Sportart in Leipzig begründet.
Die Rudergesellschaft Wiking gründete sich im Jahre 1919. Der Ruderclub Germania von 1866, der Leipziger Ruderverein von 1876 und eine Anzahl Mitglieder des Rudervereins Neptun schlossen sich zur Rudergesellschaft Wiking, Sitz Leipzig zusammen. Die Gründungsversammlung fand am 6. April 1919 im Leipziger Hotel Reichshof statt. Im Jahre 1920 zählte der Ruderverein bereits 630 eingeschriebene Mitglieder. Bis 1925 stieg die Zahl der Mitglieder auf 987.
Neben dem sportlichen Trainings- und Wettkampfgeschehen entwickelte sich in den Jahren nach 1920 ein lebhaftes Vereinsleben. Das Bootshaus mit drei Bootshallen beherbergte über 50 Sportboote, die Bootswerkstatt, das Winterruderbecken, eine große Terrasse und eine eigene Bewirtschaftung. Zahlreiche Veranstaltungen fanden im Bootshaus statt: Seminare, Vorträge, Konzerte, Siegesfeiern und Gesellschaftsabende im großen Stil. Namen bekannter Persönlichkeiten der Stadt Leipzig finden sich in den älteren Mitgliedslisten des Rudervereins, z. B. Blüthner oder Heine.
Domizil des Vereins war und ist noch heute das Bootshaus am Ziegeleiweg. Auf dem Gelände haben sowohl die Ruderer der Rudergesellschaft Wiking im SC DHfK e. V. ihren Platz, als auch die Universität Leipzig mit dem Zentrum für Hochschulsport und der Akademische Ruderverein Leipzig e. V. Eigentümer des über 3700 qm großen Areals ist die Stadt Leipzig, die schon im Jahre 1922 mit der Rudergesellschaft Wiking einen Erbpachtvertrag über 35 Jahre abgeschlossen hatte. Nach 1990 war es trotz umfangreicher Bemühungen seitens der Rudergesellschaft Wiking Leipzig mit Sitz in Minden/Westfalen nicht möglich, diesen alten Erbpachtvertrag wieder aufleben zu lassen. Das Bootshaus ging ca. 1993 in den Besitz der Universität Leipzig über, der Verein erhielt auf Dauer das Nutzungsrecht.
Beim Bombenangriff auf Leipzig am 20. Februar 1944 wurde das Bootshaus fast völlig zerstört. Zwar begannen die Wikinger Sportfreunde sofort mit den Aufräumungsarbeiten, aber das Bootshaus blieb doch als Ruine liegen. Auf Grund des Kontrollratsgesetzes Nr. 2 vom 10.Oktober 1945 wurde der Verein aufgelöst und im Vereinsregister gelöscht (siehe Akte Nr. 35).
Zahlreiche Mitglieder des Rudervereins hatten sich nach dem Krieg eine neue Heimat im Westen Deutschlands gesucht. In Minden/Westfalen gründeten sie am 1. Januar 1957 als Traditionsverein die "Rudergesellschaft Wiking Leipzig mit Sitz in Minden/Westfalen". Bis 1990 zählte dieser Verein in Minden über 100 Mitglieder. Die Sportfreunde am Stammsitz in Leipzig trainierten in dieser Zeit in unterschiedlichen Rudervereinen, z. B. in der BSG Empor Mitte Leipzig oder bei Aufbau Südwest Leipzig. Der SC DHfK Leipzig trainierte im wieder aufgebauten Bootshaus am Ziegeleiweg und brachte hier den Rudersport ab 1954, dem Gründungsjahr des SC DHfK, durch intensive sportwissenschaftliche Arbeit auf internationales Niveau.
Mit Wirkung vom 1. Oktober 1991 ist die Rudergesellschaft Wiking wieder an der alten Stelle im Bootshaus am ehemaligen Ziegelleiweg, heute Moschelesstraße 17 ansässig geworden. Anlässlich der Feierlichkeiten zum 125jährigen Jubiläum des Rudersports in Leipzig im September 1991 wurde nach zahlreichen Vorgesprächen der Zusammenschluss der Leipziger Sektion Rudern des SC DHfK Leipzig mit dem Mindener Ruderverein zur Rudergesellschaft Wiking im SC DHfK Leipzig e. V. beschlossen (vgl. Akten unter Gliederungspunkt 04.01 und 04.02). Am 1. Oktober 1991 ist die Kooptierung vollzogen worden. Die Rudergesellschaft Wiking ist nunmehr eine Abteilung des Großvereins des SC DHfK Leipzig e. V., der alle notwendigen Rechtsgeschäfte für die Rudergesellschaft regelt.
Im Interesse der weiteren Entwicklung des Rudersports in Sachsen hatte der Landesruderverband Sachsen mit Sitz in Dresden Anfang der 1990ger Jahre die Bildung von zwei Landessportstützpunkten in Dresden und Leipzig beschlossen, die sich ausschließlich mit Fragen des Leistungssports beschäftigen sollten. Die Rudergesellschaft Wiking im SC DHfK Leipzig e. V. ist Sitz des Landessportstützpunktes Rudern für das Gebiet Westsachsen geworden. Einzugsgebiete sind die Orte Leipzig, Torgau, Eilenburg und Wurzen. Bis zum Jahre 2000 leitete diesen Landessportstützpunkt Dieter Kretzschmar, danach Thomas Wetzelt. Zu den langjährigen Trainern und Übungsleitern der Rudergesellschaft Wiking zählten neben Dieter Kretzschmar auch Rudi Rieger und Angelika Noack, die hauptberuflich am Sportgymnasium Leipzig lehrte und gleichzeitig Sportliche Leiterin der Rudergesellschaft Wiking war. Sie war eine der erfolgreichsten Ruderinnen der DDR, Weltmeisterin und Olympiasiegerin, wie auch Jens Doberschütz, der den Olympiastützpunkt Burghausen leitete und die Seniorinnen betreute.
Verdienstvolle Vorstandsmitglieder der Rudergesellschaft Wiking aus früheren Jahren waren z. B. um 1900 der "Rudervater" Max Taubenheim, später dann Rolf Mrusek, Hans Wolff, Siegfried Magister und Werner Quaas, der 1986 auch zum 1. Vorsitzenden in Minden gewählt wurde. Die Abteilung Rudern beim SC DHfK, ab 1991 Rudergesellschaft Wiking im SC DHfK e. V., leiteten von 1990 bis 1992 Dr. Ernst Bluhm, von 1993 bis 1995 Egon Meißner, von 1995 bis 2002 Konstantin Loßner und von 2002 bis 2004 Angelika Noack. Ab 2004 wurde Dietmar Czekay, ein ehemaliger erfolgreicher Junioren-Ruderer zum Abteilungsleiter gewählt.

Bestandsgeschichte und – bearbeitung

Im Laufe der Bearbeitung sind folgende Provenienzen festgestellt worden:
1. RG Wiking Leipzig e. V. (1919 – 1946, Vorgänger gegründet 1866)[01]
2. RG Wiking Leipzig e. V. mit Sitz Minden/Westfalen (1956 – 1991)
3. SC DHfK Leipzig, Sektion Rudern (1954 – 1991)
4. RG Wiking im SC DHfK Leipzig e. V. ab 01.10.1991

Die Festlegung der Bestandsbezeichnung "RG Wiking Leipzig e. V." ergibt sich aus dem Verständnis der Tradition des Vereins, der über Jahrzehnte diesen Namen trug und damit im Überlieferungszeitraum maßgeblich war. Die nach 1990 dem Vorstand der RG Wiking in Leipzig übergebenen, vielfältigen Materialien, wie Korrespondenzen, Statistiken, Pläne, Urkunden, Fotos oder Prospekte widerspiegeln vorwiegend die Arbeit des RG Wiking in Minden sowie des RG Wiking im SC DHfK e. V. in Leipzig von 1990 bis 2000. Aber auch persönliche Unterlagen der Sportfreunde aus Minden und Leipzig wurden im Vereinszimmer aufbewahrt und nach 1995 auf Initiative des ehemaligen Vorsitzenden, Konstantin Loßner, archivisch bearbeitet. Um die Tätigkeit der Vereine umfassend zu dokumentieren, wurden keine Kassationen vorgenommen und auch Finanzangelegenheiten und Korrespondenzen gesichert, geordnet und verzeichnet. Die innere Ordnung der vorgefundenen Akten ist nicht verändert worden. Bei gleichartigen Aktentiteln bot sich die Bildung von Bandreihen an. Die Akteninhalte sind vorwiegend erweitert verzeichnet worden. Unterlagen, die den SC DHfK direkt betrafen, wurden an die Geschäftsstelle des SC DHfK e. V. in der Friedrich-Ebert-Str. 130 in Leipzig abgegeben.[02] Im November 2005 ist der gesamte Aktenbestand dem Sächsischen Staatsarchiv, Staatsarchiv Leipzig per Schenkung zur Sicherung und dauernden Aufbewahrung übergeben worden. Der Schenkungsvertrag kam zustande, nachdem der übergeordnete Verein, der SC DHfK Leipzig e. V. seine Einwilligung erteilt hatte.

Überlieferungsschwerpunkte

Da so gut wie kein Schriftgut von Sportvereinen über einen so großen Zeitraum von über 130 Jahren überliefert ist, kommt dem Material der Rudergesellschaft Wiking eine besondere Bedeutung zu. Hier spiegelt sich deutsche Geschichte über die NS-Zeit, die DDR-Jahre mit Parallelentwicklungen in Westdeutschland und mit der Rückkehr nach 1990 in die alte angestammte Heimat nach Leipzig wieder. Die Entwicklung des Frauenruderns wird durch eine große Anzahl Berichte, Fotos und Zeitungsausschnitte belegt. In den überlieferten Mitgliederverzeichnissen findet man bekannte Namen Leipziger Bürger, Fabrikbesitzer, wie Blüthner oder Riquet, Bankdirektoren, Rechtsanwälte oder Landgerichtsdirektoren. Fast vollständig sind die "Wiking-Rundbriefe" überliefert, die ab dem Jahre 1919 Einblick in das Vereinsleben geben. Nach 1990 sind überwiegend Akten der Abteilungsleiter und Vorstandsmitglieder vorhanden, die insbesondere die Schwierigkeiten des sportlichen Neuanfangs nach 1990 dokumentieren. Auf die Problematik der Dopingbekämpfung wird kurz verwiesen. Bestandsergänzungen wurden durch Kopien von Vereinsregistersachen aus dem Bestand Amtsgericht Leipzig vorgenommen. Im Stadtarchiv Leipzig wurde der Bestand Kriegssachschädenamt herangezogen.
Es kann eingeschätzt werden, dass der Bestand sowohl für sportwissenschaftliche Forschungen als auch für Freunde der Stadtgeschichte Leipzigs interessant sein kann. Die Bearbeiterin, Evelyn Kretzschmar, ehemalige aktive Ruderin bei der BSG Empor Mitte Leipzig, danach Seniorenruderin in der RG Wiking im SC DHfK Leipzig e. V. und gleichzeitig Mitarbeiterin des Sächsischen Staatsarchivs Leipzig konnte bei der Sicherung, Überlieferungsbildung und Erschließung des Bestandes auf die aktive Unterstützung der Ruderfreunde sowie auf den Vereinsvorstand bauen. Im November 2005 konnten die überwiegenden Arbeiten am Bestand abgeschlossen werden. Ein Nachtrag von 2010 mit einem Umfang von 0,1 lfm wurde 2013 erschlossen. Gleichzeitig wurde in diesem Jahr die Retrokonversion des Findbuches abgeschlossen.

Hinweise zur Benutzung

Die Erfassung erfolgte mit der Archivsoftware AUGIAS-Archiv. Bei der Bestellung und Zitierung ist anzugeben: StA-L, 22084 Rudergesellschaft Wiking Leipzig e. V., Nr. (fettgedruckte Zahl).

E. Kretzschmar / M. Wermes

September 2013


[01] Die Jahreszahlen in den Klammern betreffen das zeitliche Bestehen der Vereine.
[02] Zwei Pakete mit Unterlagen zur 2. bis 20. Langstreckenregatta Burghausen 1969 bis 1988, Januar 2004.
Vereinsgeschichte.- Training und Wettkämpfe.- Traditionspflege.
Die Rudergesellschaft Wiking geht auf den 1866 gegründeten Ruderclub Germania zurück und zählt zu den ältesten Rudervereinen Deutschlands. Seit 1991 ist sie Teil des SC DHfK Leipzig und einer der Landesstützpunkte für Rudern.
  • 2005 | Findbuch / Datenbank
  • 2024-11-19 | Diese Ausgabe über AWAX 2.0.1.5
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