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Beständeübersicht

Bestand

22093 Kliniken Hubertusburg, Wermsdorf

Datierung(1908 - 1944) 1945 - 1991
Benutzung im Staatsarchiv Leipzig
Umfang (nur lfm)11,88

Bestand enthält auch 1052 Archivalien, die aus rechtlichen Gründen hier nicht angezeigt werden können. Bitte wenden Sie sich im Bedarfsfall direkt an das Staatsarchiv Kontaktformular

Geschichte der Anstalten bzw. Kliniken Hubertusburg (1945 – 1990)

Nachdem 1939 – 1942 die "Heil- und Pflegeanstalt Hubertusburg" durch Verlegung der Patienten aufgelöst wurde, diente die Schlossanlage als Unteroffiziersschule, Lazarett und ab 1945 auch als Auffanglager für Flüchtlinge.

Das deutsche Militärlazarett, das 1940 im Schloss (Hauptgebäude) und zuletzt auch im Gebäude 100 eingerichtet worden war, wurde nach Kriegsende von der Roten Armee besetzt. Sie erklärte es zu einem Lazarett für Kriegsgefangene, das am 14.09.1945 wieder aufgelöst wurde. Seit Juni 1945 richtete die Rote Armee im Schloss ein eigenes sowjetisches Lazarett ein, welches bis zum 01.12.1949 bestand.

Ab 01.10.1945 war Hubertusburg unter dem Namen "Landesanstalt Hubertusburg" wieder ein ziviles Krankenhaus. Zunächst begann der Aufbau für die medizinischen Fachgebiete Innere Medizin und Chirurgie. Seit 1947 gab es poliklinische Ambulanzen und auch eine Apotheke. In den folgenden Jahren, insbesondere nach dem Abzug der Roten Armee, kamen immer mehr Stationen hinzu: 1947 Psychiatrie, 1949 Orthopädie, welche mitsamt den Werkstätten aus Zwickau nach Hubertusburg verlegt wurde und 1952 Neurologie. 1951 wurden ein Zentrallabor und eine Sonderschule für körperbehinderte Kinder eingerichtet. Die Station Psychiatrie war zunächst mit nur 33 Betten für Männer ausgestattet, jedoch erhöhte sich die Anzahl der Betten schnell auf 900. Ab Anfang der 1950er wurden "jährlich etwa 40.000 Patienten" in den gesamten "Landesanstalten Hubertusburg" gezählt und "von 1952 bis 1959 waren im Durchschnitt 15.000 Neuzugänge verzeichnet"[01] .

Die "Landesanstalten Hubertusburg" leitete ab Mai 1945 der Chefarzt der Chirurgie Dr. Siegmund und ab 1947 Dr. Grampp, einer der Chefärzte der Station Psychiatrie. Ab 1950 waren die Chefärzte der Neurologie Dr. Asmussen und kurz danach Dr. Hoffmann Ärztliche Direktoren und somit Leiter der "Landesanstalten Hubertusburg".

Nach Auflösung der Länder 1952 erfolgte die Umbenennung in "Krankenanstalten Hubertusburg", welche jetzt dem Rat des Kreises Oschatz unterstanden. Sie umfassten nun mehr als 700 Mitarbeiter. 1954 wurde aus der Abteilung Innere Medizin heraus die Kinderabteilung geschaffen und Dr. Müller, der Chefarzt dieser neuen Abteilung, wurde Ärztlicher Direktor bzw. Leiter der "Krankenanstalten Hubertusburg". 1979 veranstaltete die Kinderabteilung anlässlich des 25-jährigen Bestehens im Internationalen Jahr des Kindes eine Festwoche mit großem Kinderfest und wissenschaftlicher Tagung.

In den "Krankenanstalten Hubertusburg" gab es für die Patienten, sowie für das Personal einen Kindergarten und eine Kinderkrippe, Einkaufsmöglichkeiten und eine kostenlose Bibliotheksnutzung. Durch die eigene Gärtnerei, Wäscherei, Großküche und Bäckerei bestand eine gewisse Autonomie und Ausstrahlung auf die Gemeinde Wermsdorf.

1956 wurde zur Verwirklichung des Ministerratsbeschlusses vom 08.07.1954 das Poliomyelitis-Rehabilitations-Zentrum Hubertusburg für die Behandlung von Kinderlähmung gegründet. 1974 erfolgte dann die Erweiterung und Umbenennung zur "Abteilung für Rehabilitation", denn nach der Einführung der Polioimpfung 1960 nahmen die Erkrankungen an der unheilbaren Kinderlähmung ab.

Bereits 1955 bestanden zahlreiche arbeitstherapeutische Möglichkeiten für die Behandlung der Patienten. Sie arbeiteten in der Schneiderei, Schuhmacherei, Sattlerei, Korbflechterei, Buchbinderei sowie auch in der Küche, Wäscherei, Gärtnerei und im Heizhaus. Das Rehabilitationszentrum umfasste auch die Sonderschule für Körperbehinderte. Es war neben Gottleuba, Berlin-Buch und Neuruppin eines der überregionalen Poliomyelitis-Rehabilitationszentren der DDR.

1955 bis 1975 konnte das Spektrum der klinischen Fächer durch die Einrichtung einer Abteilung Gynäkologie und Geburtshilfe (vorher auch schon im Lazarett und in der chirurgischen Abteilung eingegliedert) vervollständigt werden. Mitte der 50er Jahre, nur zehn Jahre nach Kriegsende, war das Profil des Krankenhauses komplett.

Zur Klinik gehörte ab 1954 auch eine Medizinische Fachschule, welche die berufstheoretische Ausbildung von jungen Menschen in medizinischen Berufen ermöglichte. Sie konnten als Krankenschwestern und –pfleger, Physiotherapeuten, Masseure, Bademeister sowie Krippenerzieherinnen ausgebildet werden. Bereits die Vorgängerin, das Pflegerinnenhaus, war in den Jahren 1888 bis 1918 sehr erfolgreich bei der Ausbildung junger Menschen in medizinischen Berufen.

1972 übernahm Dr. Günter Hoffmann als Ärztlicher Direktor die Leitung der "Krankenanstalten Hubertusburg". 1973 erfolgte die Umbenennung in "Kliniken Hubertusburg", die weiterhin dem Rat des Kreises Oschatz unterstanden.

1977 nannte man die "Abteilung für Chirurgie" in "Abteilung für Kinderchirurgie" um, da die Schließung der Erwachsenenchirurgie die Möglichkeit bot, die Kinderchirurgie zu erweitern. Aus der "Abteilung für Kinderchirurgie" wurde 1985 eine "Klinik für Kinderchirurgie", die eine überregionale Versorgung abzusichern hatte. Für den Bezirk Leipzig bestand neben dieser "Klinik für Kinderchirurgie" in den "Kliniken Hubertusburg" nur noch eine weitere kinderchirurgische Fachabteilung.

Auch die anderen Fachabteilungen der "Kliniken Hubertusburg" waren überwiegend in den benachbarten Kreiskrankenhäusern nicht vertreten.

1991 erfolgte die Zuordnung der Liegenschaft Schloss Hubertusburg und des Krankenhauses zum Freistaat Sachsen. Das Krankenhaus umfasste zu dieser Zeit rund 750 Betten, davon 500 Betten Psychiatrie, 60 Betten Orthopädie, 50 Betten Innere Medizin, 46 Betten Pädiatrie, 45 Betten Neurologie und 35 Betten Kinderchirurgie.

Die Krankenhausleitung wurde am 03.10.1990 vom Landrat des Kreises Oschatz abgelöst und eine neue Führung, bestehend aus den langjährigen Mitarbeitern Dipl.-Ing. Jörg Bader, Dr. Georg Müller und Schwester Edith Schneider berufen.

Ab dem 01.08.2006 zählt das Fachkrankenhaus Hubertusburg als 100-prozentige Tochter zur St. – Georg – Unternehmensgruppe Klinikum St. Georg gGmbH mit Sitz in Leipzig.




Bestandsgeschichte und -bearbeitung

Das Staatsarchiv Leipzig übernahm die Unterlagen nach einer Vorort-Bewertung im Juli 2006 ohne Ablieferungsverzeichnis im Zuge der Privatisierung des Sächsischen Krankenhauses Hubertusburg.

Der Bestand besteht aus drei Teilen, den Krankenakten, den Sachakten sowie den audiovisuellen Medien. Nahezu sämtliche Unterlagen waren ohne Titel. Es gab keinerlei Ansatzpunkte für eine eventuelle frühere Ordnung der Unterlagen.

Bei der archivischen Bearbeitung wurden die Krankenakten nach den vorhandenen Abteilungen der Klinik geordnet, und in der Regel einfach verzeichnet, mit Zählung der Fotos im Darin-Vermerk. Umfasste eine Akte, vor allem der Abteilung Psychiatrie, auch die Akte der vorherigen medizinischen Einrichtung, in der sich der Patient befand, wurde dies im Enthält-Vermerk verzeichnet. Es erfolgte im Aktentitel ein Vermerk, wenn das Aufnahmedatum vom zeitlichen Beginn der Akte abwich.

Die Sachakten wurden nach den aktenführenden Stellen geordnet. Dabei wurde festgestellt, dass die meisten Sachakten aus der Registratur des Ärztlichen Direktors stammten, also unmittelbares Leitungsschriftgut darstellen. Neben einer tieferen Gliederung entschlossen sich die Bearbeiter aufgrund der Bedeutung zu einer erweiterten Verzeichnung mit Zählung sämtlicher Druckschriften und Plakate im Darin-Vermerk.

In den Teil Sachakten haben die Bearbeiter auch Akten aus dem Vorgängerbestand "Heil- und Pflegeanstalt Hubertusburg" aus den Jahren 1945 bis 1990 übernommen und somit die Bestandsbereinigung durchgeführt. Des Weiteren gehören zu dem Bestand drei Pläne, die unter "Nichtmedizinischer Bereich" eingeordnet wurden. Sie zeigen einen Grundriss des Klinikrestaurants, einen Lageplan des gesamten Klinikgeländes mit den dort festgestellten baulichen Mängeln sowie eine Landkarte des Kreises Oschatz mit Eintragungen zur territorialen Zuständigkeit der Poliklinik Hubertusburg. Die Erschließung der Kranken- und Sachakten erfolgte nach der Richtlinie für die archivische Erschließung im Sächsischen Landesarchiv für den Teil Akten mit Stand vom 24. Mai 2005.

Bevor mit der Verzeichnung der audiovisuellen Unterlagen begonnen werden konnte, wurden die Filme und Tonbänder gereinigt und neu verpackt. Es erfolgte die Verzeichnung in der Datenbank der audiovisuellen Medien. Die Daten wurden ins Findbuch eingearbeitet. Schwierigkeiten traten aufgrund der vielen notdürftigen Klebestellen auf, da die Bänder zumeist an diesen Stellen rissen und neu geklebt werden mussten. Die Verzeichnung erfolgte nach der Erschließungsrichtlinie des Sächsischen Staatsarchivs, Teil Audiovisuelle Medien mit Stand vom 27. Oktober 2006.

Die Findbuchausfertigung erfolgte in AUGIAS-Archiv 7.4. mit Personenregister für Patientenakten und Ortsregister.

Vernichtungen ergaben sich bei den Krankenakten und den Sachakten, abgesehen von doppelten Schriftstücken sowie zusammenhangslosen Einzelschriftstücken, nicht. Die Bewertung war bereits vor der Übernahme erfolgt. Die Krankenakten stellen Massenschriftgut dar, deshalb sind nur die Buchstaben "G" und "O" für archivwürdig erklärt worden. Bei den audiovisuellen Medien wurden 15 Magnettonbänder vernichtet, die zum größten Teil Unterhaltungsmusik, zusammenhangslose Tonmitschnitte und fragmentarische Eigenaufnahmen enthielten.

2022 wurde der Bestand im Rahmen der Ausbildung zum Fachangestellten für Medien- und Informationsdienste für die Online-Stellung überarbeitet und dabei die Schutzfristen an das Sächsische Archivgesetz, Stand vom 20.07.2020, angepasst.




Überlieferungsschwerpunkte

Die Überlieferung besteht zum größten Teil aus den Krankenakten (6,2 lfm) der Jahre 1945 bis 1982. Die Aufnahme der Patienten in Hubertusburg erfolgte in jedem Fall erst nach Kriegsende 1945.

Die Sachakten (3,2 lfm), aus den Jahren 1950 bis 1990, umfassen überwiegend die Korrespondenz des Ärztlichen Direktors und Unterlage der leitenden Ärzte der Psychiatrie und der Pädiatrie (Kinderstation).

Die audiovisuellen Unterlagen setzen Mitte der 1950er Jahren ein und enden 1990. Sie bestehen aus 21 16-mm-Filmen, sechs N-8-mm-Filmen, sieben Tonbändern (davon 2 Vertriebsstücke) sowie zwei Videos (VHS).

Die frühen 16-mm-Filme sind Patientenstudien aus den 1950er Jahren. Diese Patientenstudien sind schwarz/weiß, stumm und teilweise mit Zwischentiteln. Sie wurden mutmaßlich professionell von einer beauftragten Firma hergestellt. Die Patienten werden durch das Krankenhauspersonal der Kamera vorgeführt.

Es liegen außerdem zwei umfangreiche 16-mm-Amateurfilme über die Klinik und Wermsdorf vor, gewidmet dem 20. Jahrestag der DDR 1969 sowie dem Internationalen Jahr des Kindes 1979 und dem 30. Jahrestag der DDR. Sie sind farbig und vertont. Produziert wurden sie von Mitarbeitern der Klinik unter Leitung von MR Dr. Pinder, welcher vermutlich bereits bei den Aufnahmen einiger Tonbänder beteiligt war.

Fünf der 8-mm-Filme handeln von den Kinderferienlagern, die für die Kinder des Personals veranstaltet wurden. Sie zeigen typische Tagesabläufe und die Ausflüge der Kinder. Der sechste 8-mm-Film handelt von einem Betriebssportfest sowie einer Parade zum 1. und 8. Mai. Sie sind wahrscheinlich um 1955 entstanden.

Die Inhalte der Tonbänder sind zumeist fragmentarisch. Da die Bänder mehrfach verwendet wurden, kam es oft zu Überlagerungen und zu einer Verschlechterung der Qualität. Datierungen sind nicht enthalten.

Die beiden vorhandenen Videos sind wahrscheinlich erst nach 1990 in den Bestand der Klinik gekommen. Eines der Videos ist eine Amateur-Dokumentation über die Hans-Prinzhorn Klinik (Westfälisches Fachkrankenhaus für Psychiatrie Hemer). Sie wurde mit großer Wahrscheinlichkeit zwischen 1988 und 1990 gedreht. Das zweite Video ist eine professionelle Produktion, in der der Thromboseprophylaxestrumpf "Thrombexin" der Firma medi-Bayreuth vorgestellt wird. Das genaue Datum ist hier nicht feststellbar.

Der Bestand enthält neben den audiovisuellen Medien 1647 Akten, 23 Druckschriften, 2 Plakate (zum Internationalen Jahr des Kindes 1979 und zum Tag der offenen Tür 1979) und 75 Fotos (im Wesentlichen Passfotos der Patienten in den Krankenakten).




Hinweise für die Benutzung

Der Bestand enthält Unterlagen, die nach § 10 Abs. 1 Satz 3 des Sächsischen Archivgesetzes erst zehn Jahre nach dem Tod bzw. einhundert Jahre nach der Geburt der betroffenen Person benutzt werden dürfen. Die Vorlage dieser Archivalien ist nur nach gesonderter Prüfung im Wege des Antragsverfahrens zur Schutzfristenverkürzung möglich.

Aus Datenschutzgründen werden Verzeichnungsangaben, die einer personenbezogenen Schutzfrist unterliegen, in der online-Fassung des Findbuchs nicht angezeigt. Wir empfehlen eine Nachfrage beim verwahrenden Archiv.




Verweise auf korrespondierende Bestände


Staatsarchiv Leipzig:

20237 Bezirkstag und Rat des Bezirkes (BT/RdB) Leipzig

21123 SED-Bezirksleitung Leipzig

21370 SED-Grundorganisation Kliniken Hubertusburg, Wermsdorf

22099 Sächsisches Krankenhaus Hubertusburg, Wermsdorf (ab 1990)

20054 Heil- und Pflegeanstalt Hubertusburg, Wermsdorf (bis 1945)




Quellen und Literatur

Quellen

http://www.fkh-hubertusburg.de/


Literatur

Scholze, Hans Eberhard, Schloss Hubertusburg, Leipzig 1966 (Bestellnummer im Staatsarchiv Leipzig: E XIII b 22565).

Gemeindeverwaltung Wermsdorf, 800 Jahre Wermsdorf 1206 – 2006, Beucha 2006 (Bestellnummer im Staatsarchiv Leipzig A 2006/311).

Müller, Dr. Georg, 275 Jahre Schloss Hubertusburg. 160 Jahre Krankenhaus im Schloss Hubertusburg, Hubertusburg 1997.





Jana Stiller, Anja Dinger, Marco Brödel, Juni 2007

Sophie Schumann, Mai 2022



[01] Scholze, Hans Eberhard, Schloss Hubertusburg, Leipzig 1966
Krankenakten.- Leitungsprotokolle.- Korrespondenz ärztlicher Leiter.- Allgemeine Verwaltung.- Ausbildung.- Lauffilme.- Tonbänder.
Ab 01.10.1945 war Hubertusburg unter dem Namen „Landesanstalt Hubertusburg“ nach mehreren Jahren der Nutzung als Lazarett wieder ein ziviles Krankenhaus.
Nach Auflösung der Länder 1952 erfolgte die Umbenennung in „Krankenanstalten Hubertusburg“, welche jetzt bis 1990 dem Rat des Kreises Oschatz unterstanden.
Ab Mitte der 50er Jahre umfasste das Krankenhaus alle Abteilungen eines allgemeinen Krankenhauses. 1973 fand die Umbenennung in „Kliniken Hubertusburg“ statt.
1990 wurde die Liegenschaft Schloss Hubertusburg und Krankenhaus dem
Freistaat Sachsen zugeordnet. Das Krankenhaus ist seit August 2006 privatisiert.
  • 2022 | Findbuch / Datenbank
  • 2025-02-25 | Diese Ausgabe über AWAX 2.0.1.5
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