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Beständeübersicht

Bestand

22216 Nachlass Manfred Seifert

Datierung1972 - 2012
Benutzung im Staatsarchiv Leipzig
Umfang (nur lfm)0,00
Zur Biographie Manfred Seiferts[01]

Der am 19. Januar 1939 in Leipzig geborene Manfred Seifert erlernte den Beruf des Bäckers und Konditors, wurde Meister und stieg 1968 in das väterliche Geschäft ein. Daneben interessierte ihn seit seiner Jugend sehr das Filmen mit der Schmalfilmkamera. Mit eigener 8mm-Technik drehte er bereits als Lehrling kleinere Streifen, verlegte sich später auf engagierte Urlaubsfilme und kürzere Spielfilmsujets. Im Jahre 1974 stieß er – angeregt durch einen Artikel in der beliebten DDR-Wochenzeitschrift "Wochenpost" – zum Silhouettentrickfilm und empfahl sich beim Meister in diesem Fach in der DDR, dem Regisseur des DEFA-Trickfilmstudios Dresden, Bruno J. Böttge. Ermutigt durch dessen Rat entstanden in der Folge acht, neun solcher kleinen Werke, die – wie alle seine weiteren Filme auch – ausschließlich in der Freizeit als Hobbyarbeiten entstanden. Nach einigen Versuchen mit einer Phantasiefigur namens "Moki" 1976/77 gelang dem Hobby-Filmemacher 1978 mit der Fabel-Persiflage in Wilhelm-Busch-Manier "Am Ententeich" (ebenfalls noch in Normal-8) der Durchbruch. Manfred Seifert beherrschte die z. T. selbstgefertigte Tricktechnik offenbar genauso gut wie den Bau der kleinen Story sowie die Gestaltung der Figuren und Hintergründe (wobei ihm seine Ehefrau hilfreich zur Seite stand). Der vierminütige Film mit der Variation des bekannten Sprichwortes "Wenn zwei sich streiten …" ließ in der Amateurfilmszene aufhorchen und errang einen Preis nach dem anderen. Es folgten 1980 die Tierfabel "Eine Hasengeschichte", zwei Streifen zur Problematik Umweltverschmutzung "Kreislauf" (1981) und "Tünche" (1987) sowie in gleicher Technik die Satiren "Der Haken" (1981) und "Panne" (1983).

Dabei konnte der bekennende und auf vielen Festivals sehr erfolgreiche Einzelfilmer sich schon frühzeitig der Unterstützung des Leipziger Bezirksfilmstudios und des Stadtkabinetts für Kulturarbeit sicher sein, örtliche Institutionen, die seine Begabungen erkannten und förderten. Große Verdienste als dokumentarisch filmender Chronist erwarb er sich mit dem Beobachten seltener Handwerksberufe in der Stadt Leipzig, so dem Porträt eines Zinngießers in "Ein altes Handwerk" (1981) oder einer traditionsreichen Werkstatt in "Schmiedekunst" (1982), aber auch mit der Beobachtung eines Rügener Boddenfischers bei der Arbeit in "Fischer". Mit seiner Parodie auf den in seiner Substanz bröckelnden Messestandort "Mein Leipzig – lobt das keiner mehr?" vertiefte er 1983 sein filmisches Engagement für die Heimatstadt, während er mit der zweiteiligen Langzeitchronik über die städtebauliche Umgestaltung seines Wohngebietes in "Leipzig-Reudnitz" (1987 und 1989) nicht nur eines der größten städtebaulichen Projekte vor der politischen Wende zwischen 1985 und 1989 festhielt, sondern als Mitbewohner zugleich das eigene Schicksal und das seiner Bäckerei beleuchtete. Und schließlich setzte er die Doppelsicht auf das Stadtgebiet und zugleich auf seine eigene Biografie als Bäcker 1992 fort mit "Gegessen wird immer ...". Daneben wird in kurzweiligen Dokumentarfilmen immer wieder sein geschichtliches Interesse an der Stadt und ihren Bewohnern offenkundig wie bei dem Porträt einer im Kulturbund organisierten Gruppe völkerkundlich Interessierter in "Mandan-Indianer" (1980) oder eines bei der gleichen Organisation angesiedelten Arbeitskreises in "Völkerschlacht bei Leipzig – 175 Jahre danach"; kaum verleugnen konnte er überdies sein Faible für die regional angesiedelte Eisenbahnhistorie in "Sonderzugfahrt" (1987), "150 Jahre Eisenbahn Leipzig-Althen" (1987), "Die Geithain-Leipziger Eisenbahn 1887-1987" (1988) oder "Ein Jubiläum" (1989). Bedeutsam sind nicht zuletzt die filmischen Begleitungen der "Montagsdemos" im Herbst 1989. Schließlich wagte er sich 1989 und 1990 sogar an zwei Kurzspielfilme, in deren Mittelpunkt Leipziger Bewohner stehen: "Frühstück" (1989), in dem die Entfremdungsproblematik eines Ehepaares in mittleren Jahren geschildert wird, und die Kombination von Spiel- mit Tanzfilm "Das Geschenk", in dem die Freundschaft seines halbwüchsigen Sohnes Lars zu einer Klassenkameradin, der später namhaften Leipziger Tänzerin Mareike Eisermann, thematisiert und ein Porträt der noch sehr jungen Künstlerin gezeichnet wird.

Nach den Umbrüchen in der früheren DDR blieb Manfred Seifert nicht minder erfolgreich seinem Hobby treu – noch lange filmte er im traditionellen 16mm-Format, ab etwa 2000 dann in Video. Er konzentrierte sich zum einen auf die Fortsetzung seiner Leipzig-Bilder ("Kommt Leipzig?", 1995; "Platzgespräch", 2000; "Es war einmal .../Linckes Gartenhaus", 2001) mit schließlich starker Orientierung auf die historische, städtebauliche und kunsthistorische Verarbeitung des Abrisses der alten Leipziger Universitätskirche (Paulinerkirche), so in "Aufarbeitung", "Universitätskirche Leipzig – Kunst aus St. Pauli" (beide 2005), "Restauro 1 – Epitaphien aus der Universitätskirche – Neue Projekte" (2006) und "Erwacht aus dem Dornröschenschlaf" (2009). Mit kaum geringerer Leidenschaft skizzierte er die durch den Braunkohleabbau bedingten infrastrukturellen Veränderungen in der südlichen Leipziger Umgebung, wobei dem sich immer zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle befindenden Seifert in seinen Schilderungen eine behutsame und allen Seiten gerechte Kommentierung der hochbrisanten Problematik gelingt, die sich nicht zuletzt aus den Titeln der Filme erschließt: "Wunden einer Landschaft", "Gewinner & Verlierer – Die Hoffnung stirbt zuletzt" (beide 2006), "Ein Dorf stirbt, aber sein Herz schlägt" (2008) oder "... davor und danach ..." (2008).

Nach den politischen Veränderungen kann Manfred Seifert in seinen Filmen einer anderen Passion nachgehen, die sich vorher zwar schon andeutete, der aber wortwörtlich Grenzen gesetzt waren: der Reiselust. Mit schier unübertroffener Aktivität bereiste Seifert gemeinsam mit seiner Familie ein Land und einen Kontinent nach dem anderen, immer entstanden kurzweilige Filme, die über bloße familiäre Urlaubsbeschreibungen hinausgingen und zumeist interessante geografische wie kulturgeschichtliche Details zu berichten wussten, wie in "ISRAEL schalom?" (2000) oder in den Schilderungen der Loire-"Schlösser" (2002), zuweilen aber auch kleine fiktionale und narrative Elemente in das Erlebte einbauten, wie in "Safariland" (1996) oder "Elefanten" (1998).

Neben den Filmen von Manfred Seifert wurden ins Konvolut fünf Titel des Sohnes Lars Seifert übernommen, welcher dieser zwischen 1988 und 1991 drehte. Es handelt sich hierbei u. a. um Schilderungen des Schulalltags, verbunden mit einer filmischen Würdigung des Baugeschehens in seinem Stadtbezirk ("Rund um meine Schule", 2 Teile, 1988 und 1989) bzw. eines Ausflugsabenteuers "3 Tage ohne Unterricht" (1989) oder die in ein kleines Spielfilmsujet eingebettete Verhaltensbotschaft an die Adresse Jugendlicher "Umweltsünder" (1991). Einige von Manfred Seifert mitgeschnittene TV-Sendungen über ihn und sein Werk sowie ein längeres, von Stefan Gööck und Volker Petzold geführtes Bild-Ton-Interview ergänzen den Bestand.

Manfred Seifert starb am 14. April 2018 in Leipzig.

Bestandsgeschichte und –bearbeitung

Manfred Seifert übergab im Herbst 2009 eine erste Charge von 16-mm-Filmen an das Sächsische Staatsarchiv zur Archivierung. Nach Abschluss eines Schenkungsvertrages im Januar 2010 kamen in den Folgejahren kamen weitere Filmtitel hinzu. Der Bestand wurde bereits im selben Jahr durch Volker Petzold weitgehend erschlossen.[02] Im Jahr 2018 konnte das filmische Material (weitgehend 16-mm-Filme) mit einer Gesamt-Wiedergabedauer von rd. 1200 Minuten bzw. 20 Stunden durch einen externen Dienstleister digitalisiert werden. Im selben Jahr wurden die Verzeichnungsinformationen online für die Recherche zur Verfügung gestellt. Eine abschließende redaktionelle Überarbeitung der Verzeichnungsangaben und die Aktualisierung und Fertigstellung der Findbucheinleitung erfolgten 2019. Es ist geplant, sukzessive Digitalisate einzelner Filme online zur Verfügung zu stellen.

Überlieferungsschwerpunkte

Der Bestand umfasst 139 Titel. Den Schwerpunkt bilden Silhouetten-Animationsfilme, Dokumentarfilme (Sujets u. a. Handwerksberufe, Eisenbahngeschichte, Leipzig und seine Bewohner, Braunkohleabbau im Leipziger Süden, Schulalltag) sowie Kurzspielfilme. Auch sind einzelne Familienfilme enthalten.

Hinweise zur Benutzung

Die im Bestand enthaltenen Filmtitel (mit Ausnahme der Familienfilme) waren bereits bei ihrer Entstehung für die Veröffentlichung bestimmt und unterliegen nicht den Schutzfristen nach Absatz 1 SächsArchivG. Mit dem Tod von Manfred Seifert sind die Verwertungsrechte an seinen Filmen auf das Sächsische Staatsarchiv übergegangen. Sein Urheberrecht ist weiterhin zu beachten. Bei den wenigen im Bestand enthaltenen Filmen seines Sohnes Lars Seifert liegen die Urheber- und Verwertungsrechte bei diesem. Hinsichtlich der Familienfilme können darüber hinaus Persönlichkeitsrechte zu beachten sein.

Die Erfassung erfolgte mit der Archivsoftware AUGIAS 8.3 Bei der Bestellung und Zitierung ist anzugeben: StA-L, 22216, Nachlass Manfred Seifert, Nr. (fettgedruckte Zahl).

Volker Petzold / Thekla Kluttig

2011 / 2019


[01] Vgl. den Erinnerungsbericht von Manfred Seifert, "Ein bisschen verrückt", Leipzig 2011, StA-L, 22216 Nachlass Manfred Seifert, Nr. 1.
[02] Siehe auch Volker Petzold: Die Filme von Gottfried Stejskal und Manfred Seifert im Sächsischen Staatsarchiv. In: Sächsisches Archivblatt Heft 2 (2011), S. 8-9. Ein weiterer Bericht erschien 2011 in der Fachzeitschrift des Filmverbandes Sachsen e. V., dem "AUSLÖSER".
Silhouetten-Animationsfilme.- Dokumentarfilme (u. a. Handwerksberufe, Eisenbahngeschichte, Leipzig und seine Bewohner, Braunkohleabbau im Leipziger Süden, Schulalltag).- Kurzspielfilme.- Familienfilme.- Bild-Ton-Interview mit Manfred Seifert.
Manfred Seifert war seit den 1970er Jahren einer der erfolgreichsten Leipziger Filmamateure. Der gelernte Bäcker- und Konditormeister gehörte niemals einer Amateurfilmgruppe an, wurde aber in den 1980er Jahren durch das staatliche Bezirksfilmstudio Leipzig (am Bezirkskabinett für Kulturarbeit) sowie das Stadtkabinett für Kulturarbeit gefördert und konnte seine filmhandwerklichen Möglichkeiten überdurchschnittlich entwickeln.
Während des Umbaus seiner Bäckerei in der inneren Ostvorstadt war er in den späten 1980er Jahren als Mitarbeiter für Amateurfilm am Stadtkabinett für Kulturarbeit tätig und organisierte Amateurfilmwettbewerbe und -workshops.
Neben dem Familienfilm widmete sich Seifert nach Anregung durch das DEFA-Trickfilmstudio Dresden Ende der 1970er Jahre dem farbigen Silhouetten-Animationsfilm, wobei er auch Themen des Umweltschutzes behandelte. Im Dokumentarfilmbereich befaßte er sich u. a. mit der Darstellung traditioneller Handwerksberufe. Seiferts filmische Arbeit schloß den gesellschaftlichen Umbruch 1989/90 ein und dauerte bis kurz vor seinem Tod am 14. April 2018 an.
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