Beständeübersicht
Bestand
22228 Nachlass Walther Hellmann
Datierung | 1930 - 1941 |
---|---|
Benutzung im | Staatsarchiv Leipzig |
Umfang (nur lfm) | 0,00 |
Zur Geschichte der Familie Hellmann
Walther Hellmann wurde am 15. März 1882 im vogtländischen Mühltroff geboren. Offensichtlich war die Familie Hellmann schon längere Zeit in dem Ort ansässig, denn bereits Ernst Victor Hellmann senior wurde am 29. März 1856 in Mühltroff geboren. Möglicherweise liegt hier auch die Basis für den späteren beruflichen Werdegang Walther Hellmanns, denn Mühltroff war Zentrum der Textilindustrie. Walther Hellmann hatte noch eine Schwester, Ella Jenny (geboren am 3. September 1889 in Mühltroff) und einen Bruder. [01] Schwester Jenny heiratete 1923 in Leipzig den Kaufmann Paul Friedrich Radecker.
Nach seinem in Greiz abgeleisteten Wehrdienst heiratete Walther Hellmann 1911 in der St. Lucas-Kirche in Leipzig Johanne(a) Christiane Kupfer. Sie wurde am 13. Juni 1884 in Leubnitz bei Mühltroff geboren. Das Paar lebte zunächst in Greiz und kam 1913 nach Leipzig. 1917 wurde Walther Hellmann zum Heeresdienst eingezogen. Nach seiner Rückkehr konnte er sich schnell beruflich etablieren, so dass ihm 1921 der Kauf einer Villa in der Erhardtstraße 6 in Leipzig-Schleußig möglich wurde. In diese zogen auch die Eltern Victor und Minna Hellmann ein. Das Haus, das auch häufig in den Filmen zu sehen ist, wird heute als Kindertagesstätte genutzt. Neben der genannten Villa besaß Hellmann noch eine bäuerliche Wirtschaft in Schildau. [02]
Das Ehepaar Hellmann adoptierte 1925 ein Mädchen. Es hieß Carmen Maria und wurde am 9. Februar 1920 geboren. Die Filme zeigen, dass sie eine sorgenfreie Kindheit und Jugend verlebte. Sie heiratete am 5. Oktober 1943 den kaufmännischen Angestellten und Fabrikbesitzersohn Paul Albrecht Günter Thiele in der Bethanienkirche in Leipzig-Schleußig. Günter Thiele fiel am 15. Oktober 1944 im Zweiten Weltkrieg, kurz nachdem er Vater eines Sohnes geworden war. Maria heiratete am 5. April 1947 den Kaufmann Richard Bruno Hedram, einen Angestellten ihres Vaters. Das Paar lebte bei den Eltern in der Erhardstraße und bekam 1949 eine Tochter.
Die Familie Hellmann war fest in das gesellschaftliche Leben in Leipzig integriert. Walther Hellmann war z. B. Mitglied einer Leipziger Loge. Die Filmaufnahmen zeigen Ausflüge mit Freunden und Geschäftspartnern und Feste, die häufig im Gesellschaftshaus im Palmengarten stattfanden. Die Ausstattung dieser Feste, die regelmäßigen Urlaube, das Wohnhaus mit Personal, der Besitz eines Autos und selbst die Ostergeschenke zeigen, dass Walther Hellmann ein sehr erfolgreicher Geschäftsmann war. Er konnte seiner Familie einen hohen Lebensstandard ermöglichen.
Walther und Johanne Hellmann verließen Ende der vierziger, Anfang der fünfziger Jahre Leipzig und zogen, vermutlich aufgrund langjähriger geschäftlicher Beziehungen, nach Augsburg. Die Tochter Maria ging mit ihrer Familie ebenfalls nach Augsburg. Walther Hellmann verstarb dort nur kurze Zeit nach seiner Frau am 31. März 1953. Die Tochter Maria starb 2011.
Die frühesten der vorliegenden Filmaufnahmen entstanden vermutlich Ende der zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts. Zu diesem Zeitpunkt waren die Anschaffung einer Kamera und der regelmäßige Kauf von Filmmaterial noch sehr kostenintensiv. Aus diesem Grund setzte sich das private Filmen zuerst in gutsituierten bürgerlichen Familien durch. Ein Beispiel dafür liegt mit dem filmischen Nachlass der Familie Hellmann vor. Walther Hellmann war offensichtlich ein für technische Neuerungen sehr aufgeschlossener Mann, der das Filmen zeitig für sich entdeckte. Auch der frühe Einsatz von Farbmaterial lässt auf seine Begeisterung für das neue Medium und seine Möglichkeiten schließen. Die meisten Filme wurden wohl von Walther Hellmann selbst aufgenommen.
Beruflicher Werdegang Walther Hellmanns
Auf der Meldekarte Walther Hellmanns findet sich für 1918 die "Reparaturgesellschaft für landwirtschaftliche Maschinen" als Arbeitsstelle. Als Berufsbezeichnung ist "Kaufmännischer Direktor" eingetragen.
Seit 1921 war Walther Hellmann kaufmännischer Geschäftsführer und seit 1941 Leiter der Geschäftsstelle des "Verbandes der Deutschen Veredlungsanstalten für baumwollene Gewebe e. V." mit Sitz in der Beethovenstraße 25 in Leipzig. [03] Außerdem war er als Vorsitzender des "Verbandes der Deutschen Kaliko-Fabrikanten" und der "Lohndruckervereinigung" tätig. Die genannten Vereinigungen lösten sich während des Krieges auf. Hellmann leitete deren Liquidation, 1949 erfolgte die Löschung in den Vereinsregistern. [04]
Walther Hellmann gründete 1929 eine eigene Firma: die "Industrie-Verwertungsgesellschaft m.b.H." mit Sitz in der Beethovenstraße 25 in Leipzig. [05] 1952 wurde die Gesellschaft aufgelöst, 1972 ist sie erloschen. 1996 wurde ein Nachtragsliquidator bestellt. [06] Aus einem Artikel zu seinem 70. Geburtstag, der sich noch im Besitz der Familie befindet, geht hervor, dass Walther Hellmann die o. g. Firma 1949 in Augsburg neu gründete.
Bestandsgeschichte und -bearbeitung
Der 15 Spulen im 16-mm-Schmalfilmformat umfassende Bestand gelangte im Januar 2011 durch eine Schenkung des Enkelsohnes Walther Hellmanns in das Staatsarchiv Leipzig. Dieser hatte 16 Filmdosen aus Metall im Nachlass seiner Mutter Maria Hedram in Augsburg aufgefunden. Eine der Filmdosen war leer, die anderen enthielten Schwarzweiß- und Colorfilmmaterial ohne Ton aus dem Zeitraum um 1930 bis 1941. Beschriftung und Inhalt der Filmdosen stimmten nicht immer überein.
Bei der ersten Rolle (Signatur AV 22228-001: Silberhochzeit Johanne und Walther Hellmann, schwarz-weiß) handelt es sich um ein inszeniertes Filmdokument. So beginnt der Film mit einer Animation und eine thematische, von Texttafeln unterbrochene, Schnittfolge ist erkennbar. Ruhige Kameraführung und die Verwendung von Filmlicht kennzeichnen die handwerkliche Qualität. Möglicherweise wurden diese Aufnahmen von einem Fachmann aufgenommen. Es könnte sich um die Produktion eines Foto- und Filmstudios gehandelt haben: Auf der zugehörigen Originalfilmdose sowie auf weiteren Filmdosen befinden sich Aufkleber der Firma "Optik-Photo-Kino Winter Sohn Leipzig".
Alle übrigen Filmspulen enthalten ungeschnittenes Amateur-Filmmaterial, das mit qualitativ sehr unterschiedlicher Kameraführung und teilweise fehlbelichtet aufgenommen wurde.
Die Filme sind gut erhalten und nur wenig geschrumpft. Einige wiesen Perforationsschäden und defekte Klebestellen auf. Diese Schäden wurden während der technischen Bearbeitung ausgebessert und einige unscharfe Sequenzen, deren Inhalt nicht erkennbar war, entfernt.
Wie bereits erwähnt liegt Schwarz-weiß- und Umkehr-Farbmaterial vor, das jedoch erst während der technischen Bearbeitung aus Gründen der Bestandserhaltung in a- und b-Nummern getrennt und auch so verzeichnet wurde.
Neben jenen farbigen Filmteilen, die auch in unseren Benutzerkopien farbig erscheinen, enthält der Bestand Material für das sogenannte Linienraster-Farbfilmverfahren. Dabei handelt es sich um einen speziell geprägten Schwarz-weiß-Film, der bei Aufnahme und Wiedergabe mit einem Linienraster-Farbfilter kombiniert werden musste. Ohne den systemkonformen Filter bleibt die Farbinformation verborgen; diese Filmteile wirken in unseren Benutzerkopien wie gewöhnliches Schwarz-weiß-Material. Das Linienraster-Farbfilmverfahren wurde von den moderneren Farbfilmverfahren (ca. 1937, AGFA und KODAK), welche die Farbe direkt in der Filmschicht trugen, vom Amateurfilm-Markt verdrängt.
Da die erwartbare Bildfrequenz des historischen Filmmaterials (ca. 16 Bilder / Sekunde) von der heute üblichen Video-Bildfrequenz (25 Bilder / Sekunde) abweicht, wurde die Wiedergabegeschwindigkeit mittels digitaler Interpolation auf 68 % verlangsamt (gestretcht). So wird in der Benutzerkopie die ursprüngliche Bewegungsdynamik der Aufnahmen ungefähr reproduziert.
Anhand dieser Benutzerkopien wurden die Filme erschlossen. Es wurde eine erweiterte Verzeichnung auf Titel- und Stückebene vorgenommen. Dabei wurde besonderer Wert auf die ausführliche inhaltliche Erschließung der Filme mit Hilfe der Enthält-Vermerke gelegt. Die Hauptaufgabe bestand in der Identifizierung der vorkommenden Personen und Orte. Teilweise wurden in den Enthält-Vermerken Time-Codes angegeben. Sie wurden v. a. beim Wechsel von Schauplätzen vermerkt.
Eine hilfreiche Quelle zur Geschichte und Identifizierung der Mitglieder der Familie Hellmann stellt die Einwohnermeldekartei Leipzigs im Bestand des Polizeipräsidiums Leipzig dar. Weiterhin konnte der Schenker des Nachlasses den Kontakt zu einer Leipzigerin vermitteln, deren Mutter und Großeltern eng mit der Familie Hellmann befreundet waren. Sie hat die Filme ebenfalls eingesehen, konnte mehrere Personen identifizieren und Informationen ergänzen.
Überlieferungsschwerpunkte
Der größte Teil der Aufnahmen hat die Urlaubsreisen und Osterfeste der Familie Hellmann zum Inhalt. Einige Aufnahmen zeigen aber auch Betriebs- oder Vereinsausflüge. Besonders erwähnenswert sind die hochwertigen Aufnahmen anlässlich der Silberhochzeit der Familie Hellmann.
Verweise auf korrespondierende Bestände im Sächsischen Staatsarchiv, Staatsarchiv Leipzig
20031 Polizeipräsidium Leipzig PP-M, PP-V
20287 Staatliches Notariat Torgau
20114 Landgericht Leipzig
Verweis auf korrespondierende AV-Medien im Fernseharchiv des Bayerischen Rundfunks
Interview mit Maria Hedram als Zeitzeugin in der Sendung: "Die Deutschen im Zweiten Weltkrieg", Folge 6: "Der Untergang des Reiches", Erstsendung am 05.05.1985.
Katrin Heil
Mai 2012
[01] Letzterer lebte mit Frau und zwei Söhnen in Thale. Die Namen dieser Personen konnten leider nicht ermittelt werden.
[02] StA-L, 20287 Staatliches Notariat Torgau, Nrn. 619 und 665.
[03] StA-L, 20031 Polizeipräsidium Leipzig, PP-V Nr. 296.
[04] Ebenda.
[05] Rückert, Hans, Leipziger Wirtschaftshandbuch, Leipzig 1930, S. 189.
[06] StA-L, 20124 Amtsgericht Leipzig, digitalisierte Registerkarten.
Walther Hellmann wurde am 15. März 1882 im vogtländischen Mühltroff geboren. Offensichtlich war die Familie Hellmann schon längere Zeit in dem Ort ansässig, denn bereits Ernst Victor Hellmann senior wurde am 29. März 1856 in Mühltroff geboren. Möglicherweise liegt hier auch die Basis für den späteren beruflichen Werdegang Walther Hellmanns, denn Mühltroff war Zentrum der Textilindustrie. Walther Hellmann hatte noch eine Schwester, Ella Jenny (geboren am 3. September 1889 in Mühltroff) und einen Bruder. [01] Schwester Jenny heiratete 1923 in Leipzig den Kaufmann Paul Friedrich Radecker.
Nach seinem in Greiz abgeleisteten Wehrdienst heiratete Walther Hellmann 1911 in der St. Lucas-Kirche in Leipzig Johanne(a) Christiane Kupfer. Sie wurde am 13. Juni 1884 in Leubnitz bei Mühltroff geboren. Das Paar lebte zunächst in Greiz und kam 1913 nach Leipzig. 1917 wurde Walther Hellmann zum Heeresdienst eingezogen. Nach seiner Rückkehr konnte er sich schnell beruflich etablieren, so dass ihm 1921 der Kauf einer Villa in der Erhardtstraße 6 in Leipzig-Schleußig möglich wurde. In diese zogen auch die Eltern Victor und Minna Hellmann ein. Das Haus, das auch häufig in den Filmen zu sehen ist, wird heute als Kindertagesstätte genutzt. Neben der genannten Villa besaß Hellmann noch eine bäuerliche Wirtschaft in Schildau. [02]
Das Ehepaar Hellmann adoptierte 1925 ein Mädchen. Es hieß Carmen Maria und wurde am 9. Februar 1920 geboren. Die Filme zeigen, dass sie eine sorgenfreie Kindheit und Jugend verlebte. Sie heiratete am 5. Oktober 1943 den kaufmännischen Angestellten und Fabrikbesitzersohn Paul Albrecht Günter Thiele in der Bethanienkirche in Leipzig-Schleußig. Günter Thiele fiel am 15. Oktober 1944 im Zweiten Weltkrieg, kurz nachdem er Vater eines Sohnes geworden war. Maria heiratete am 5. April 1947 den Kaufmann Richard Bruno Hedram, einen Angestellten ihres Vaters. Das Paar lebte bei den Eltern in der Erhardstraße und bekam 1949 eine Tochter.
Die Familie Hellmann war fest in das gesellschaftliche Leben in Leipzig integriert. Walther Hellmann war z. B. Mitglied einer Leipziger Loge. Die Filmaufnahmen zeigen Ausflüge mit Freunden und Geschäftspartnern und Feste, die häufig im Gesellschaftshaus im Palmengarten stattfanden. Die Ausstattung dieser Feste, die regelmäßigen Urlaube, das Wohnhaus mit Personal, der Besitz eines Autos und selbst die Ostergeschenke zeigen, dass Walther Hellmann ein sehr erfolgreicher Geschäftsmann war. Er konnte seiner Familie einen hohen Lebensstandard ermöglichen.
Walther und Johanne Hellmann verließen Ende der vierziger, Anfang der fünfziger Jahre Leipzig und zogen, vermutlich aufgrund langjähriger geschäftlicher Beziehungen, nach Augsburg. Die Tochter Maria ging mit ihrer Familie ebenfalls nach Augsburg. Walther Hellmann verstarb dort nur kurze Zeit nach seiner Frau am 31. März 1953. Die Tochter Maria starb 2011.
Die frühesten der vorliegenden Filmaufnahmen entstanden vermutlich Ende der zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts. Zu diesem Zeitpunkt waren die Anschaffung einer Kamera und der regelmäßige Kauf von Filmmaterial noch sehr kostenintensiv. Aus diesem Grund setzte sich das private Filmen zuerst in gutsituierten bürgerlichen Familien durch. Ein Beispiel dafür liegt mit dem filmischen Nachlass der Familie Hellmann vor. Walther Hellmann war offensichtlich ein für technische Neuerungen sehr aufgeschlossener Mann, der das Filmen zeitig für sich entdeckte. Auch der frühe Einsatz von Farbmaterial lässt auf seine Begeisterung für das neue Medium und seine Möglichkeiten schließen. Die meisten Filme wurden wohl von Walther Hellmann selbst aufgenommen.
Beruflicher Werdegang Walther Hellmanns
Auf der Meldekarte Walther Hellmanns findet sich für 1918 die "Reparaturgesellschaft für landwirtschaftliche Maschinen" als Arbeitsstelle. Als Berufsbezeichnung ist "Kaufmännischer Direktor" eingetragen.
Seit 1921 war Walther Hellmann kaufmännischer Geschäftsführer und seit 1941 Leiter der Geschäftsstelle des "Verbandes der Deutschen Veredlungsanstalten für baumwollene Gewebe e. V." mit Sitz in der Beethovenstraße 25 in Leipzig. [03] Außerdem war er als Vorsitzender des "Verbandes der Deutschen Kaliko-Fabrikanten" und der "Lohndruckervereinigung" tätig. Die genannten Vereinigungen lösten sich während des Krieges auf. Hellmann leitete deren Liquidation, 1949 erfolgte die Löschung in den Vereinsregistern. [04]
Walther Hellmann gründete 1929 eine eigene Firma: die "Industrie-Verwertungsgesellschaft m.b.H." mit Sitz in der Beethovenstraße 25 in Leipzig. [05] 1952 wurde die Gesellschaft aufgelöst, 1972 ist sie erloschen. 1996 wurde ein Nachtragsliquidator bestellt. [06] Aus einem Artikel zu seinem 70. Geburtstag, der sich noch im Besitz der Familie befindet, geht hervor, dass Walther Hellmann die o. g. Firma 1949 in Augsburg neu gründete.
Bestandsgeschichte und -bearbeitung
Der 15 Spulen im 16-mm-Schmalfilmformat umfassende Bestand gelangte im Januar 2011 durch eine Schenkung des Enkelsohnes Walther Hellmanns in das Staatsarchiv Leipzig. Dieser hatte 16 Filmdosen aus Metall im Nachlass seiner Mutter Maria Hedram in Augsburg aufgefunden. Eine der Filmdosen war leer, die anderen enthielten Schwarzweiß- und Colorfilmmaterial ohne Ton aus dem Zeitraum um 1930 bis 1941. Beschriftung und Inhalt der Filmdosen stimmten nicht immer überein.
Bei der ersten Rolle (Signatur AV 22228-001: Silberhochzeit Johanne und Walther Hellmann, schwarz-weiß) handelt es sich um ein inszeniertes Filmdokument. So beginnt der Film mit einer Animation und eine thematische, von Texttafeln unterbrochene, Schnittfolge ist erkennbar. Ruhige Kameraführung und die Verwendung von Filmlicht kennzeichnen die handwerkliche Qualität. Möglicherweise wurden diese Aufnahmen von einem Fachmann aufgenommen. Es könnte sich um die Produktion eines Foto- und Filmstudios gehandelt haben: Auf der zugehörigen Originalfilmdose sowie auf weiteren Filmdosen befinden sich Aufkleber der Firma "Optik-Photo-Kino Winter Sohn Leipzig".
Alle übrigen Filmspulen enthalten ungeschnittenes Amateur-Filmmaterial, das mit qualitativ sehr unterschiedlicher Kameraführung und teilweise fehlbelichtet aufgenommen wurde.
Die Filme sind gut erhalten und nur wenig geschrumpft. Einige wiesen Perforationsschäden und defekte Klebestellen auf. Diese Schäden wurden während der technischen Bearbeitung ausgebessert und einige unscharfe Sequenzen, deren Inhalt nicht erkennbar war, entfernt.
Wie bereits erwähnt liegt Schwarz-weiß- und Umkehr-Farbmaterial vor, das jedoch erst während der technischen Bearbeitung aus Gründen der Bestandserhaltung in a- und b-Nummern getrennt und auch so verzeichnet wurde.
Neben jenen farbigen Filmteilen, die auch in unseren Benutzerkopien farbig erscheinen, enthält der Bestand Material für das sogenannte Linienraster-Farbfilmverfahren. Dabei handelt es sich um einen speziell geprägten Schwarz-weiß-Film, der bei Aufnahme und Wiedergabe mit einem Linienraster-Farbfilter kombiniert werden musste. Ohne den systemkonformen Filter bleibt die Farbinformation verborgen; diese Filmteile wirken in unseren Benutzerkopien wie gewöhnliches Schwarz-weiß-Material. Das Linienraster-Farbfilmverfahren wurde von den moderneren Farbfilmverfahren (ca. 1937, AGFA und KODAK), welche die Farbe direkt in der Filmschicht trugen, vom Amateurfilm-Markt verdrängt.
Da die erwartbare Bildfrequenz des historischen Filmmaterials (ca. 16 Bilder / Sekunde) von der heute üblichen Video-Bildfrequenz (25 Bilder / Sekunde) abweicht, wurde die Wiedergabegeschwindigkeit mittels digitaler Interpolation auf 68 % verlangsamt (gestretcht). So wird in der Benutzerkopie die ursprüngliche Bewegungsdynamik der Aufnahmen ungefähr reproduziert.
Anhand dieser Benutzerkopien wurden die Filme erschlossen. Es wurde eine erweiterte Verzeichnung auf Titel- und Stückebene vorgenommen. Dabei wurde besonderer Wert auf die ausführliche inhaltliche Erschließung der Filme mit Hilfe der Enthält-Vermerke gelegt. Die Hauptaufgabe bestand in der Identifizierung der vorkommenden Personen und Orte. Teilweise wurden in den Enthält-Vermerken Time-Codes angegeben. Sie wurden v. a. beim Wechsel von Schauplätzen vermerkt.
Eine hilfreiche Quelle zur Geschichte und Identifizierung der Mitglieder der Familie Hellmann stellt die Einwohnermeldekartei Leipzigs im Bestand des Polizeipräsidiums Leipzig dar. Weiterhin konnte der Schenker des Nachlasses den Kontakt zu einer Leipzigerin vermitteln, deren Mutter und Großeltern eng mit der Familie Hellmann befreundet waren. Sie hat die Filme ebenfalls eingesehen, konnte mehrere Personen identifizieren und Informationen ergänzen.
Überlieferungsschwerpunkte
Der größte Teil der Aufnahmen hat die Urlaubsreisen und Osterfeste der Familie Hellmann zum Inhalt. Einige Aufnahmen zeigen aber auch Betriebs- oder Vereinsausflüge. Besonders erwähnenswert sind die hochwertigen Aufnahmen anlässlich der Silberhochzeit der Familie Hellmann.
Verweise auf korrespondierende Bestände im Sächsischen Staatsarchiv, Staatsarchiv Leipzig
20031 Polizeipräsidium Leipzig PP-M, PP-V
20287 Staatliches Notariat Torgau
20114 Landgericht Leipzig
Verweis auf korrespondierende AV-Medien im Fernseharchiv des Bayerischen Rundfunks
Interview mit Maria Hedram als Zeitzeugin in der Sendung: "Die Deutschen im Zweiten Weltkrieg", Folge 6: "Der Untergang des Reiches", Erstsendung am 05.05.1985.
Katrin Heil
Mai 2012
[01] Letzterer lebte mit Frau und zwei Söhnen in Thale. Die Namen dieser Personen konnten leider nicht ermittelt werden.
[02] StA-L, 20287 Staatliches Notariat Torgau, Nrn. 619 und 665.
[03] StA-L, 20031 Polizeipräsidium Leipzig, PP-V Nr. 296.
[04] Ebenda.
[05] Rückert, Hans, Leipziger Wirtschaftshandbuch, Leipzig 1930, S. 189.
[06] StA-L, 20124 Amtsgericht Leipzig, digitalisierte Registerkarten.
Amateurfilmaufnahmen von Familienfeiern, Belegschaftsfahrten und Urlaubsaufenthalten (vorwiegend in Binz auf Rügen).
Walter Hellmann (15. Mai 1882 bis 31. März 1953) war seit den 1920er Jahren kaufmännischer Geschäftsführer des Verbandes der deutschen Veredelungsanstalten für baumwollenes Gewebe, Leipzig, und wohnte in der Erhardstraße 6, Schleußig. Anfang der 1950er Jahre siedelte er nach Augsburg um. Hellmann war in den 1930er Jahren als Amateurfilmer aktiv.
- 2012 | Findbuch / Datenbank
- 2024-02-13 | Diese Ausgabe über AWAX 2.0.1.5