Beständeübersicht
Bestand
22290 Ingenieurbüro für Rationalisierung der Süß- und Dauerbackwarenindustrie, Leipzig
Datierung | 1930 - 1990 |
---|---|
Benutzung im | Staatsarchiv Leipzig |
Umfang (nur lfm) | 2,75 |
Geschichte des Ingenieurbüros für Rationalisierung der Süß- und Dauerbackwarenindustrie
Die zahlreichen Reorganisations- und Rationalisierungswellen der DDR-Wirtschaft betrafen im Wesentlichen auch immer die Betriebsstrukturen des Ingenieurbüros für Rationalisierung der Süß- und Dauerbackwarenindustrie. Gegründet am 1. Juni 1967, nannte man es zunächst Ingenieurbüro für Rationalisierung der VVB Süß- und Dauerbackwarenindustrie. 1971 erfolgte die Namensänderung zum Ingenieurbüro für Rationalisierung der Süß- und Dauerbackwarenindustrie. Hauptaufgabe der Mitarbeiter war es, Voraussetzungen zu schaffen für die Mechanisierung und Automatisierung der Produktionsprozesse in Betrieben der Süß- und Dauerbackwarenindustrie der DDR. Dazu gehörten ebenso ausgesuchte Betriebe, in denen Röstkaffee, Kaffeemittel, Tee und Teigwaren produziert wurden. Die vom Ingenieurbüro entwickelten Vorschläge sollten schließlich vom Institut für die Süßwarenindustrie in die Praxis überführt werden. Beide Unternehmen arbeiteten vom Standort des VEB Leipziger Süßwarenbetriebe, in der Pittlerstraße 33 in Leipzig, aus.[01] Die enge räumliche und thematische Zusammenarbeit führte am 1. Januar 1975 auch zu einem rechtlichen Zusammenschluss des Ingenieurbüros und des Instituts für die Süßwarenindustrie. Fortan war der direkte Nachfolger, der VEB Forschung und Rationalisierung der Süß- und Dauerbackwarenindustrie[02] , zentrale Anlaufstelle für die Forschungs- und Entwicklungsaufgaben der dazugehörigen Betriebe.[03] Am 1. Januar 1980 erfolgte mit der Namensänderung zum VEB Forschung und Rationalisierung Leipzig auch eine Neuzuordnung zum VEB Kombinat Süßwaren mit Sitz in Delitzsch.[04] Zuvor waren das Ingenieurbüro, wie auch das Institut für die Süßwarenindustrie und später der VEB Fora, dem VVB Süß- und Dauerbackwaren in Halle unterstellt.
Im Zuge der Restrukturierungsmaßnahmen ist ein stetiges Wachstum und damit einhergehend eine Spezialisierung des Betriebes zu beobachten. Während im Gründungsstatut von 1967 lediglich die Abteilung Technik und die Abteilung Ökonomie aufgelistet wurden, enthält das Folgestatut von 1971 bereits drei weitere Bereiche; die Abteilung OZ-DV (Datenverarbeitung), die Abteilung Maschinenbau und Montage und die Abteilung Rechnungswesen und allgemeine Verwaltung.[05] Eine weitere Differenzierung der Tätigkeitsbereiche fand mit dem Zusammenschluss zum VEB Fora statt. Seit 1978 wurden einzelne Abteilungen stetig aus dem Firmensitz in der Pittlerstraße 33 ausgegliedert. Schließlich verblieben nur die Direktorate Forschung/Entwicklung und Technik vor Ort. Neuer Hauptfirmensitz wurde 1978 die Georg-Schumann-Straße 290 in Leipzig. Dort befand sich das Büro des Betriebsdirektors und des Rationalisierungsmittelbaus, das Direktorat Ökonomie, Kaderabteilung und das leitende Büro für die Neuererbewegung.[06] Mit Wirkung zum 1. Januar 1988 wurde der Betrieb in den VEB Halloren Schokoladenfabrik Halle eingegliedert und verlor damit seine juristische Selbstständigkeit. Begründet wurde die Eingliederung mit der Übernahme der Leitung des VEB Kombinat Süßwaren durch den künftigen Stammbetrieb VEB Halloren Schokoladenfabrik Halle. Mit der Verlegung des Kombinatssitzes und des Importleithandel von Delitzsch nach Halle, wurde neben dem VEB Fora auch der VEB Ingenieurtechnik Halle eingegliedert. Diese Anordnung erfolgte durch das zuständige Verwaltungsorgan - das Ministerium für Bezirksgeleitete Industrie und Lebensmittelindustrie in Berlin.[07]
Bestandsgeschichte und -bearbeitung
Im Juni 2012 informierte eine Mitarbeiterin eines Unternehmens mit Sitz in der Pittlerstraße 33 das Staatsarchiv Leipzig, dass sich dort noch Unterlagen des VEB Fora befänden. Daraufhin fand am 2. Juli 2012 ein erster Sichtungstermin vor Ort statt, bei dem festgestellt wurde, dass die sehr umfangreich vorhandenen Unterlagen des vormaligen Verwaltungsarchiv durch nicht sachgerechte Lagerung in feuchten, ungeheizten Kellerräumen stark verschmutzt und geschädigt waren. Akten, Fachzeitschriften und Baupläne und –zeichnungen befanden sich in mehreren Kellerräumen. Zu diesem Zeitpunkt waren einige Unterlagen bereits durch Dipl.-Ing. Uwe Hessel vom Verein WIMAD e.V. (Verein für Wissenschaftler und ingenieurtechnische Mitarbeiter Dresden) nach Dresden übernommen worden. Bei einem weiteren Vor-Ort-Termin am 1. August wurden durch Dr. Thekla Kluttig und zwei Auszubildende des StA-L archivwürdige und von ihrem Erhaltungszustand her auch archivfähige Unterlagen identifiziert und am 6. August 2012 in das StA-L überführt. Eine ergänzende Übernahme von Plänen und technischen Zeichnungen erfolgte am 14. November 2012. In der Zwischenzeit hatten das StA-L und Herr Hessel Kontakt miteinander aufgenommen, der in der Überführung der in Dresden lagernden Unterlagen in das StA-L am 15. Juli 2013 mündete.
Im StA-L wurden die Unterlagen zunächst für einige Monate gesondert gelagert. Danach erfolgte eine technische Bearbeitung der Akten (Entnahme aus Aktenordnern, Entmetallisierung, sachgerechte Verpackung).
Im Rahmen eines Forschungspraktikums der Master-Studentin Nancy Werner wurden die Unterlagen im Zeitraum Juni bis August 2015 verzeichnet; parallel erfolgte noch einmal eine Feinbewertung (v. a. Entfernen von Duplikaten). Im Zuge der Verzeichnung stellte sich heraus, dass die aus der Pittlerstraße 33 übernommenen Unterlagen verschiedener Provenienz waren. Daher wurden zwei Bestände gebildet, neben dem Bestand Ingenieurbüro für Rationalisierung der Süß- und Dauerbackwarenindustrie auch ein Bestand VEB Leipziger Süßwarenbetriebe verzeichnet. In beiden Fällen handelt es sich um zusammengefasste Bestände, die auch Unterlagen von Vorgänger- und teilweise Nachfolgebetrieben enthalten. Der Bestand Ingenieurbüro für Rationalisierung der Süß- und Dauerbackwarenindustrie enthält daher auch Unterlagen des Institutes für die Süßwarenindustrie sowie des VEB Forschung und Rationalisierung der Süß- und Dauerbackwarenindustrie. Aufgrund des zeitlichen Schwerpunktes der Überlieferung wurde die Bezeichnung "Ingenieurbüro für Rationalisierung der Süß- und Dauerbackwarenindustrie" als Bestandsname gewählt.
Die technische Bearbeitung der Pläne und technischen Zeichnungen erfolgte zusammen mit einer Prüfung der Archivwürdigkeit im August 2015. Der Schimmelbefall, der durch die Kellerlagerung der Geschäftsunterlagen vor der Übernahme hervorgerufen worden war, konnte bis auf wenige Ausnahmen von den Karten beseitigt werden. Die Mehrheit der Karten wurde plangelegt; dies vereinfacht trotz der unterschiedlichen Formate eine Benutzung und gewährleistet eine fachgerechte Lagerung. Die Überformate werden gerollt aufbewahrt. Als nicht archivwürdig wurden Dubletten und einzelne Karten ohne bleibenden Wert kassiert, in die Bewertung wurde das fachliche Urteil von Dipl.-Ing. Uwe Hessel einbezogen.
Überlieferungsschwerpunkte
Trotz der sehr lückenhaften Überlieferung lassen sich die Aufgabenfelder des Ingenieurbüros für die Rationalisierung der Süß- und Dauerbackwarenindustrie im Wesentlichen gut rekonstruieren. Dies liegt zum einen an der ausführlich überlieferten Arbeitsordnung und den Abschriften der Dienstprotokolle bis 1970 und zum anderen an der umfangreichen Präsenz von Bauplänen, technischen Zeichnungen und Übersichten der technologischen Hauptausrüstungen von insgesamt neun Produktionsstätten der Süßwaren- und Kaffee/Teeproduktion. Eine Besonderheit stellen u. a. der VEB Kakao- und Schokoladenwerke Delitzsch und der VEB Schokoladenfabrik Halloren dar, da für beide Werke nebst Bauplänen und technischen Zeichnungen ebenso umfassende schriftliche Dokumentationen über Projekte des Ingenieurbüros vorliegen. Dazu gehören präzise Angaben zu den Herstellungsprozessen ebenso wie Analysen zur Betriebsstruktur. Weitere Überlieferungsschwerpunkte betreffen die EDV-Einführung in den zuständigen Betrieben, die Neuererbewegung und damit einhergehend die Vorbereitungen der "Messe der Meister von Morgen" (MMM) sowie das Patentwesen. Letztgenannte beziehen sich vor allem auf Überlieferungen des Instituts für die Süßwarenindustrie beziehungsweise des Nachfolgers VEB Fora.[08] Der Großteil des Archivguts stammt aus dem Zeitraum um 1968 bis 1975. Da das Ingenieurbüro sowie das Institut für die Süßwarenindustrie und später der VEB Fora für eine feste Anzahl ausgesuchter DDR-Betriebe zuständig waren, lohnt die Beachtung dieses Bestandes bei einer Recherche über namhafte Süßwaren- und Kaffee/Tee- Fabriken. Dazu zählen neben dem VEB Schokoladenfabrik Halloren beispielsweise der VEB Zetti (aktuell Goldeck Süßwaren GmbH) oder der VEB Tee und Kaffee Radebeul (aktuell zugehörig zur Teekanne-Gruppe, Düsseldorf).
Hinweise für die Benutzung
Der Bestand beinhaltet 409 Karten, inklusive Bauplänen und technischen Zeichnungen. Ein erheblicher Teil davon ist großformatig. Dies gilt gleichermaßen für technische Zeichnungen die sich in den Akteneinheiten befinden. Die Benutzung und insbesondere die archivgerechte Rückverpackung kann dadurch erschwert werden.
Einzelne Akten enthalten schützenswerte personenbezogene Daten, die Benutzung unter Beachtung von § 9 Abs. 2 Sächsisches Archivgesetz. In diese Akten wurde ein Beiblatt für fristengeschütztes Archivgut eingelegt.
Verweise auf korrespondierende Akten und Bestände
Bei Recherchen über das Ingenieurbüro für Rationalisierung der Süß- und Dauerbackwarenindustrie bzw. das Institut für die Süßwarenindustrie und den VEB Forschung und Rationalisierung der Süß- und Dauerbackwarenindustrie empfiehlt es sich, zusätzlich folgende Akten und Bestände des Sächsischen Staatsarchivs Leipzig heranzuziehen:
• StA-L, 20256 Bezirksvertragsgericht Leipzig, Nr. 3607, Register der volkseigenen Wirtschaft Leipzig Stadt zu Ingenieurbüro für Rationalisierung der Süß- und Dauerbackwarenindustrie
• StA-L, 20256 Bezirksvertragsgericht Leipzig, Nr. 3611, Register der volkseigenen Wirtschaft Leipzig Stadt zu Institut für die Süßwarenindustrie
• StA-L, 20256 Bezirksvertragsgericht Leipzig, Nr. 4880, Register der volkseigenen Wirtschaft Leipzig Stadt zu VEB Forschung und Rationalisierung für die Süß- und Dauerbackwarenindustrie
• StA-L, 20256 Bezirksvertragsgericht Leipzig, Nr. 3991, Register der volkseigenen Wirtschaft Leipzig Stadt zu VEB Strahlanlagen Leipzig
• StA-L, 20256 Bezirksvertragsgericht Leipzig, Nr. 4113, Register der volkseigenen Wirtschaft Leipzig Stadt zu VEB Ratiobau Leipzig
• StA-L, 20256 Bezirksvertragsgericht Leipzig, Nr. 4780, Register der volkseigenen Wirtschaft Leipzig Stadt zu VEB Forschung und Rationalisierung der Süß- und Dauerbackwarenindustrie
• StA-L, 20256 Bezirksvertragsgericht Leipzig, Nr. 4887, Register der volkseigenen Wirtschaft Leipzig Stadt zu VEB Transportmechanik Rückmarsdorf
• StA-L, 20962 VEB Süßwarenkombinat Delitzsch
• StA-L, 22384 VEB Leipziger Süßwarenbetriebe
Literatur
• Heinemann, Michael, Geschichte der Süßwarenindustrie der DDR, Bonn 2007.
• Männig, Jana, Lauter süße Sachen. Von Brockensplittern, Bambina & Hallorenkugeln. Die Schokoladenseite der DDR, Leipzig 2009.
Nancy Werner
August 2015
Abkürzungsverzeichnis
[01] Sächsisches Staatsarchiv, Staatsarchiv Leipzig (im Folgenden: StA-L), 22290 Ingenieurbüro für Rationalisierung der Süß- und Dauerbackwarenindustrie, Nr. 10.
[02] Im Folgenden: VEB Fora.
[03] StA-L, 20256 Bezirksvertragsgericht Leipzig, Nr. 4880, Register der volkseigenen Wirtschaft Leipzig Stadt.
[04] Ebd.
[05] Ebd., Nr. 3607.
[06] Weitere Geschäftsbereiche befanden sich in der Glafeystraße 19, Leipzig (Fertigungsbereich I, Strahlanlagen Stötteritz), in der Rehbacherstraße 27, Leipzig (Fertigungsberich II, Strahlanlagen Knauthain), in der Dreilindenstraße 4-6, Leipzig (Fertigungsbereich III, Lindenau) und in der Karl-Liebknecht-Straße 24, Rückmarsdorf (Fertigungsbereich IV): Ebd., Nr. 4880. Die Zuteilung der späteren Geschäftsbereiche erfolgte 1980 durch die Übernahme des VEB Transportmechanik Rückmarsdorf, des VEB Ratiobau Leipzig und des VEB Strahlanlagen Leipzig durch den VEB Fora Leipzig: Ebda., Nr. 4787, Nr. 4113, Nr. 3991.
[07] Ebd.
[08] Aus dem Jahr 1977 stammt außerdem eine umfangreiche Überlieferung von beantworteten Umfrage-Postkarten, die der Marktforschung dienten.
Die zahlreichen Reorganisations- und Rationalisierungswellen der DDR-Wirtschaft betrafen im Wesentlichen auch immer die Betriebsstrukturen des Ingenieurbüros für Rationalisierung der Süß- und Dauerbackwarenindustrie. Gegründet am 1. Juni 1967, nannte man es zunächst Ingenieurbüro für Rationalisierung der VVB Süß- und Dauerbackwarenindustrie. 1971 erfolgte die Namensänderung zum Ingenieurbüro für Rationalisierung der Süß- und Dauerbackwarenindustrie. Hauptaufgabe der Mitarbeiter war es, Voraussetzungen zu schaffen für die Mechanisierung und Automatisierung der Produktionsprozesse in Betrieben der Süß- und Dauerbackwarenindustrie der DDR. Dazu gehörten ebenso ausgesuchte Betriebe, in denen Röstkaffee, Kaffeemittel, Tee und Teigwaren produziert wurden. Die vom Ingenieurbüro entwickelten Vorschläge sollten schließlich vom Institut für die Süßwarenindustrie in die Praxis überführt werden. Beide Unternehmen arbeiteten vom Standort des VEB Leipziger Süßwarenbetriebe, in der Pittlerstraße 33 in Leipzig, aus.[01] Die enge räumliche und thematische Zusammenarbeit führte am 1. Januar 1975 auch zu einem rechtlichen Zusammenschluss des Ingenieurbüros und des Instituts für die Süßwarenindustrie. Fortan war der direkte Nachfolger, der VEB Forschung und Rationalisierung der Süß- und Dauerbackwarenindustrie[02] , zentrale Anlaufstelle für die Forschungs- und Entwicklungsaufgaben der dazugehörigen Betriebe.[03] Am 1. Januar 1980 erfolgte mit der Namensänderung zum VEB Forschung und Rationalisierung Leipzig auch eine Neuzuordnung zum VEB Kombinat Süßwaren mit Sitz in Delitzsch.[04] Zuvor waren das Ingenieurbüro, wie auch das Institut für die Süßwarenindustrie und später der VEB Fora, dem VVB Süß- und Dauerbackwaren in Halle unterstellt.
Im Zuge der Restrukturierungsmaßnahmen ist ein stetiges Wachstum und damit einhergehend eine Spezialisierung des Betriebes zu beobachten. Während im Gründungsstatut von 1967 lediglich die Abteilung Technik und die Abteilung Ökonomie aufgelistet wurden, enthält das Folgestatut von 1971 bereits drei weitere Bereiche; die Abteilung OZ-DV (Datenverarbeitung), die Abteilung Maschinenbau und Montage und die Abteilung Rechnungswesen und allgemeine Verwaltung.[05] Eine weitere Differenzierung der Tätigkeitsbereiche fand mit dem Zusammenschluss zum VEB Fora statt. Seit 1978 wurden einzelne Abteilungen stetig aus dem Firmensitz in der Pittlerstraße 33 ausgegliedert. Schließlich verblieben nur die Direktorate Forschung/Entwicklung und Technik vor Ort. Neuer Hauptfirmensitz wurde 1978 die Georg-Schumann-Straße 290 in Leipzig. Dort befand sich das Büro des Betriebsdirektors und des Rationalisierungsmittelbaus, das Direktorat Ökonomie, Kaderabteilung und das leitende Büro für die Neuererbewegung.[06] Mit Wirkung zum 1. Januar 1988 wurde der Betrieb in den VEB Halloren Schokoladenfabrik Halle eingegliedert und verlor damit seine juristische Selbstständigkeit. Begründet wurde die Eingliederung mit der Übernahme der Leitung des VEB Kombinat Süßwaren durch den künftigen Stammbetrieb VEB Halloren Schokoladenfabrik Halle. Mit der Verlegung des Kombinatssitzes und des Importleithandel von Delitzsch nach Halle, wurde neben dem VEB Fora auch der VEB Ingenieurtechnik Halle eingegliedert. Diese Anordnung erfolgte durch das zuständige Verwaltungsorgan - das Ministerium für Bezirksgeleitete Industrie und Lebensmittelindustrie in Berlin.[07]
Bestandsgeschichte und -bearbeitung
Im Juni 2012 informierte eine Mitarbeiterin eines Unternehmens mit Sitz in der Pittlerstraße 33 das Staatsarchiv Leipzig, dass sich dort noch Unterlagen des VEB Fora befänden. Daraufhin fand am 2. Juli 2012 ein erster Sichtungstermin vor Ort statt, bei dem festgestellt wurde, dass die sehr umfangreich vorhandenen Unterlagen des vormaligen Verwaltungsarchiv durch nicht sachgerechte Lagerung in feuchten, ungeheizten Kellerräumen stark verschmutzt und geschädigt waren. Akten, Fachzeitschriften und Baupläne und –zeichnungen befanden sich in mehreren Kellerräumen. Zu diesem Zeitpunkt waren einige Unterlagen bereits durch Dipl.-Ing. Uwe Hessel vom Verein WIMAD e.V. (Verein für Wissenschaftler und ingenieurtechnische Mitarbeiter Dresden) nach Dresden übernommen worden. Bei einem weiteren Vor-Ort-Termin am 1. August wurden durch Dr. Thekla Kluttig und zwei Auszubildende des StA-L archivwürdige und von ihrem Erhaltungszustand her auch archivfähige Unterlagen identifiziert und am 6. August 2012 in das StA-L überführt. Eine ergänzende Übernahme von Plänen und technischen Zeichnungen erfolgte am 14. November 2012. In der Zwischenzeit hatten das StA-L und Herr Hessel Kontakt miteinander aufgenommen, der in der Überführung der in Dresden lagernden Unterlagen in das StA-L am 15. Juli 2013 mündete.
Im StA-L wurden die Unterlagen zunächst für einige Monate gesondert gelagert. Danach erfolgte eine technische Bearbeitung der Akten (Entnahme aus Aktenordnern, Entmetallisierung, sachgerechte Verpackung).
Im Rahmen eines Forschungspraktikums der Master-Studentin Nancy Werner wurden die Unterlagen im Zeitraum Juni bis August 2015 verzeichnet; parallel erfolgte noch einmal eine Feinbewertung (v. a. Entfernen von Duplikaten). Im Zuge der Verzeichnung stellte sich heraus, dass die aus der Pittlerstraße 33 übernommenen Unterlagen verschiedener Provenienz waren. Daher wurden zwei Bestände gebildet, neben dem Bestand Ingenieurbüro für Rationalisierung der Süß- und Dauerbackwarenindustrie auch ein Bestand VEB Leipziger Süßwarenbetriebe verzeichnet. In beiden Fällen handelt es sich um zusammengefasste Bestände, die auch Unterlagen von Vorgänger- und teilweise Nachfolgebetrieben enthalten. Der Bestand Ingenieurbüro für Rationalisierung der Süß- und Dauerbackwarenindustrie enthält daher auch Unterlagen des Institutes für die Süßwarenindustrie sowie des VEB Forschung und Rationalisierung der Süß- und Dauerbackwarenindustrie. Aufgrund des zeitlichen Schwerpunktes der Überlieferung wurde die Bezeichnung "Ingenieurbüro für Rationalisierung der Süß- und Dauerbackwarenindustrie" als Bestandsname gewählt.
Die technische Bearbeitung der Pläne und technischen Zeichnungen erfolgte zusammen mit einer Prüfung der Archivwürdigkeit im August 2015. Der Schimmelbefall, der durch die Kellerlagerung der Geschäftsunterlagen vor der Übernahme hervorgerufen worden war, konnte bis auf wenige Ausnahmen von den Karten beseitigt werden. Die Mehrheit der Karten wurde plangelegt; dies vereinfacht trotz der unterschiedlichen Formate eine Benutzung und gewährleistet eine fachgerechte Lagerung. Die Überformate werden gerollt aufbewahrt. Als nicht archivwürdig wurden Dubletten und einzelne Karten ohne bleibenden Wert kassiert, in die Bewertung wurde das fachliche Urteil von Dipl.-Ing. Uwe Hessel einbezogen.
Überlieferungsschwerpunkte
Trotz der sehr lückenhaften Überlieferung lassen sich die Aufgabenfelder des Ingenieurbüros für die Rationalisierung der Süß- und Dauerbackwarenindustrie im Wesentlichen gut rekonstruieren. Dies liegt zum einen an der ausführlich überlieferten Arbeitsordnung und den Abschriften der Dienstprotokolle bis 1970 und zum anderen an der umfangreichen Präsenz von Bauplänen, technischen Zeichnungen und Übersichten der technologischen Hauptausrüstungen von insgesamt neun Produktionsstätten der Süßwaren- und Kaffee/Teeproduktion. Eine Besonderheit stellen u. a. der VEB Kakao- und Schokoladenwerke Delitzsch und der VEB Schokoladenfabrik Halloren dar, da für beide Werke nebst Bauplänen und technischen Zeichnungen ebenso umfassende schriftliche Dokumentationen über Projekte des Ingenieurbüros vorliegen. Dazu gehören präzise Angaben zu den Herstellungsprozessen ebenso wie Analysen zur Betriebsstruktur. Weitere Überlieferungsschwerpunkte betreffen die EDV-Einführung in den zuständigen Betrieben, die Neuererbewegung und damit einhergehend die Vorbereitungen der "Messe der Meister von Morgen" (MMM) sowie das Patentwesen. Letztgenannte beziehen sich vor allem auf Überlieferungen des Instituts für die Süßwarenindustrie beziehungsweise des Nachfolgers VEB Fora.[08] Der Großteil des Archivguts stammt aus dem Zeitraum um 1968 bis 1975. Da das Ingenieurbüro sowie das Institut für die Süßwarenindustrie und später der VEB Fora für eine feste Anzahl ausgesuchter DDR-Betriebe zuständig waren, lohnt die Beachtung dieses Bestandes bei einer Recherche über namhafte Süßwaren- und Kaffee/Tee- Fabriken. Dazu zählen neben dem VEB Schokoladenfabrik Halloren beispielsweise der VEB Zetti (aktuell Goldeck Süßwaren GmbH) oder der VEB Tee und Kaffee Radebeul (aktuell zugehörig zur Teekanne-Gruppe, Düsseldorf).
Hinweise für die Benutzung
Der Bestand beinhaltet 409 Karten, inklusive Bauplänen und technischen Zeichnungen. Ein erheblicher Teil davon ist großformatig. Dies gilt gleichermaßen für technische Zeichnungen die sich in den Akteneinheiten befinden. Die Benutzung und insbesondere die archivgerechte Rückverpackung kann dadurch erschwert werden.
Einzelne Akten enthalten schützenswerte personenbezogene Daten, die Benutzung unter Beachtung von § 9 Abs. 2 Sächsisches Archivgesetz. In diese Akten wurde ein Beiblatt für fristengeschütztes Archivgut eingelegt.
Verweise auf korrespondierende Akten und Bestände
Bei Recherchen über das Ingenieurbüro für Rationalisierung der Süß- und Dauerbackwarenindustrie bzw. das Institut für die Süßwarenindustrie und den VEB Forschung und Rationalisierung der Süß- und Dauerbackwarenindustrie empfiehlt es sich, zusätzlich folgende Akten und Bestände des Sächsischen Staatsarchivs Leipzig heranzuziehen:
• StA-L, 20256 Bezirksvertragsgericht Leipzig, Nr. 3607, Register der volkseigenen Wirtschaft Leipzig Stadt zu Ingenieurbüro für Rationalisierung der Süß- und Dauerbackwarenindustrie
• StA-L, 20256 Bezirksvertragsgericht Leipzig, Nr. 3611, Register der volkseigenen Wirtschaft Leipzig Stadt zu Institut für die Süßwarenindustrie
• StA-L, 20256 Bezirksvertragsgericht Leipzig, Nr. 4880, Register der volkseigenen Wirtschaft Leipzig Stadt zu VEB Forschung und Rationalisierung für die Süß- und Dauerbackwarenindustrie
• StA-L, 20256 Bezirksvertragsgericht Leipzig, Nr. 3991, Register der volkseigenen Wirtschaft Leipzig Stadt zu VEB Strahlanlagen Leipzig
• StA-L, 20256 Bezirksvertragsgericht Leipzig, Nr. 4113, Register der volkseigenen Wirtschaft Leipzig Stadt zu VEB Ratiobau Leipzig
• StA-L, 20256 Bezirksvertragsgericht Leipzig, Nr. 4780, Register der volkseigenen Wirtschaft Leipzig Stadt zu VEB Forschung und Rationalisierung der Süß- und Dauerbackwarenindustrie
• StA-L, 20256 Bezirksvertragsgericht Leipzig, Nr. 4887, Register der volkseigenen Wirtschaft Leipzig Stadt zu VEB Transportmechanik Rückmarsdorf
• StA-L, 20962 VEB Süßwarenkombinat Delitzsch
• StA-L, 22384 VEB Leipziger Süßwarenbetriebe
Literatur
• Heinemann, Michael, Geschichte der Süßwarenindustrie der DDR, Bonn 2007.
• Männig, Jana, Lauter süße Sachen. Von Brockensplittern, Bambina & Hallorenkugeln. Die Schokoladenseite der DDR, Leipzig 2009.
Nancy Werner
August 2015
Abkürzungsverzeichnis
[01] Sächsisches Staatsarchiv, Staatsarchiv Leipzig (im Folgenden: StA-L), 22290 Ingenieurbüro für Rationalisierung der Süß- und Dauerbackwarenindustrie, Nr. 10.
[02] Im Folgenden: VEB Fora.
[03] StA-L, 20256 Bezirksvertragsgericht Leipzig, Nr. 4880, Register der volkseigenen Wirtschaft Leipzig Stadt.
[04] Ebd.
[05] Ebd., Nr. 3607.
[06] Weitere Geschäftsbereiche befanden sich in der Glafeystraße 19, Leipzig (Fertigungsbereich I, Strahlanlagen Stötteritz), in der Rehbacherstraße 27, Leipzig (Fertigungsberich II, Strahlanlagen Knauthain), in der Dreilindenstraße 4-6, Leipzig (Fertigungsbereich III, Lindenau) und in der Karl-Liebknecht-Straße 24, Rückmarsdorf (Fertigungsbereich IV): Ebd., Nr. 4880. Die Zuteilung der späteren Geschäftsbereiche erfolgte 1980 durch die Übernahme des VEB Transportmechanik Rückmarsdorf, des VEB Ratiobau Leipzig und des VEB Strahlanlagen Leipzig durch den VEB Fora Leipzig: Ebda., Nr. 4787, Nr. 4113, Nr. 3991.
[07] Ebd.
[08] Aus dem Jahr 1977 stammt außerdem eine umfangreiche Überlieferung von beantworteten Umfrage-Postkarten, die der Marktforschung dienten.
1967 wurde das Ingenieurbüro für Rationalisierung der VVB Süß- und Dauerbackwarenindustrie gegründet. Die Umbenennung in Ingenieurbüro für Rationalisierung der Süß- und Dauerbackwarenindustrie im Jahr 1971 änderte nichts an der Hauptaufgabe: der Mechanisierung und Automatisierung der Süßwarenbetriebe der DDR. Mit Wirkung vom 1. Januar 1975 wurden das Institut für die Süßwarenindustrie und das Ingenieurbüro für Rationalisierung der Süß- und Dauerbackwarenindustrie zum VEB Forschung und Rationalisierung der Süß- und Dauerbackwarenindustrie ("VEB Fora") Leipzig zusammengelegt. Der Firmensitz war in der Pittlerstraße 33. 1980 erfolgte die Umbenennung in VEB Forschung und Rationalisierung Leipzig. Mit Wirkung vom 1. Juli 1988 wurde der Betrieb in den VEB Halloren Schokoladenfabrik Halle eingegliedert und verlor seine juristische Selbstständigkeit.
- 2017 | Findbuch / Datenbank
- 2024-11-19 | Diese Ausgabe über AWAX 2.0.1.5