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Beständeübersicht

Bestand

30948 Lattermann & Söhne, Eisenhammerwerk, Morgenröthe-Rautenkranz

Datierung1652 - 1953
Benutzung im Staatsarchiv Chemnitz
Umfang (nur lfm)10,52
1. Geschichte der Firma Lattermann & Söhne
Die Firma H. L. Lattermann und Söhne vereinigte in sich mehrere Betriebe unterschiedlicher Branchen, deren Standorte territorial vor allem zwischen Morgenröthe, Rautenkranz und Tannenbergsthal gelegen waren. Im Jahr 1618 gründeten Exulanten, welche wegen ihrer evangelischen Konfession aus Böhmen ausgewiesen worden waren, die Firma. Bis 1652 wurde ausschließlich mit Holz gehandelt sowie Holz verarbeitet. Die Gründungsurkunde des Ortes Morgenröthe vom 15. Juli 1652 beinhaltete die Verleihung besonderer Privilegien durch den sächsischen Kurfürsten Johann Georg I. an Johann Hutzschenreuter aus Böhmen, die die Errichtung eines Eisenhammerwerks begünstigten. Dabei handelte es sich um außerordentliche Rechte und Gerechtsame für Wasser, Holz, Wege und Fischerei. Die Errichtung des zweiten Eisenhammerwerks besiegelte die Gründungsurkunde des Ortes Rautenkranz vom 30. Januar 1680. Der Gründer dieses Werks war Elias Steiniger, der vom sächsischen Kurfürsten ebenfalls besondere Privilegien zuerkannt bekam. Die Entwicklung beider Werke vollzog sich zunächst unabhängig voneinander.
Am 17. Dezember 1797 erwarb Gottlieb Immanuel Lattermann, Erb-, Lehn- und Gerichtsherr von Lengenfeld und Grün, Rittergutsbesitzer von Glasten bei Borna und Queiß mit Klepzig, Wildersdorf, Wiesenena, Naundorf und Kockwitz im Amt Delitzsch sowie Stadthauptmann von Leipzig, das Eisenhammerwerk Morgenröthe. Als Vorbesitzer konnten nachfolgende Personen ermittelt werden:
1652 - 1746: Johann Hutzschenreuter
Caspar und Christian Wittich
Antonio von Uttenhoren
N.N. Gipser
Johann Heinrich Gottschaldt
Johann Benjamin Hennig
1746 - 1773: Johann Benjamin jun. und Johann Friedrich Hennig
1773 - 1777: Carolin Charlotte von Elterlein geb. Hennig
1777 - 1791: Rosina Maria von Röder, ehemals verw. Hennig
1791 - 1797: Carl Friedrich Pötzscher
Carl Friedrich August Hennig
Carl Ludwig Unger
Am 30. Juni 1802 verkaufte Gottlieb Immanuel Lattermann das Eisenhammerwerk Morgenröthe an seinen ältesten Sohn Heinrich Ludwig. Heinrich Ludwig Lattermann wurde am 9. Dezember 1776 geboren und verstarb am 4. Februar 1839. Im Jahr 1796 erfolgte seine Immatrikulation an der Bergakademie Freiberg. Als Künstler schuf er sein wohl bedeutendstes Werk, die "Themisstatue" auf dem Rathaus in Zeulenroda. Eine enge Freundschaft und ein technisch-wissenschaftlicher Austausch verbanden ihn mit dem Besitzer des Eisenhüttenwerks Lauchhammer, dem Grafen Detlev von Einsiedel. Im Jahr 1830 stellte Lattermann Grund und Boden sowie 1.000 Taler für den Bau einer Kirche in Rautenkranz zur Verfügung. Heinrich Ludwig Lattermann war Berg- und Kommissionsrat sowie als Abgeordneter des Sächsischen Landtags in der Zweiten Kammer als Vertreter des Fabrik- und Handelswesens tätig. Er vergrößerte die Firma 1811 durch den Kauf des Eisenhammerwerks Rautenkranz.

Dessen Besitzer waren zwischen 1680 und 1811:
1680: Elias Steiniger
ca. 1746 - 1774: Christian Heinrich Gottschaldt
1774 - 1781: Johanna Christiana verw. Gottschaldt
1781 - 1798: Johann August Kuhn
1798 - 1804: Carl Heinrich von Elterlein
1804 - 1811: Conrad Ludwig Jähring von Waldungen und Johann Gottlieb Schubert

Am 30. April 1819 erhielt Heinrich Ludwig Lattermann eine Konzession zum Bau eines großen Hochofens, zur Anlage eines Blechwalzenwerks und zur Errichtung anderer Eisenhüttenanlagen.
Der landwirtschaftliche Grundbesitz erweiterte sich durch Landankäufe vom Forstfiskus besonders in Rautenkranz. Heinrich Ludwig Lattermann besaß neben den Eisenhammerwerken ein Bauerngut bei Wurzen sowie das gesamte sogenannte Domholz Wurzen. Am 14. September 1835 ging das Eisenhammerwerk Tannenbergsthal ebenfalls in den Besitz der Familie Lattermann über. Die Ausstellung des Lehnbriefs erfolgte am 30. Mai 1836 durch das Justizamt Voigtsberg.
Die Errichtung dieses Eisenhammerwerks fand in der Gründungsurkunde des Ortes Tannenbergsthal vom 1. Oktober 1675 Erwähnung. Das Gründungsrecht und weitere Privilegien verlieh der sächsische Kurfürst an Gabriel Baumann. Zwischen 1755 und 1835 befand sich das Werk im Besitz der Familie von Mangoldt. Zur Firma H. L. Lattermann und Söhne gehörte das Tannenbergsthaler Hammerwerk aber nur bis 1855. Im September dieses Jahres verkaufte Hermann Lattermann, der 1839 die Nachfolge von Heinrich Ludwig Lattermann antrat, das Werk nebst den zugehörigen Grundstücken an die Kaufleute und Fabrikbesitzer Franz Ludwig Hetzer und Friedrich Eduard Keffel aus Auerbach.
Von 1797 bis 1931 waren nacheinander folgende Lattermannsche Familienmitglieder Firmeninhaber:
1797 - 1802: Gottfried Immanuel
1802 - 1839: Heinrich Ludwig
1839 - 1848: Hermann und Robert
1848 - 1867: Hermann
1867 - 1908: Johann Wilhelm Robert
1908 - 1910: Hugo Hermann
1910 - 1920: Johann Gottfried und Eugen Hans
1920 - 1931: Johann Gottfried
Die Firma existierte durch Eintrag ins Handelsregister beim Amtsgericht Auerbach seit 1862 unter der Bezeichnung H. L. Lattermann und Söhne.
Nach dem Ersten Weltkrieg befasste sich die Firma in der Hauptsache mit der Lieferung von Kundenguss, d. h. der Anfertigung von Gussstücken nach den von Kunden eingesandten Modellen.
Eigene Sonderheiten wie Glockenschalen, Öfen und Herde, Bronzetafeln, Kleinpressen sowie automatische Blechzuführungsapparate für Pressen, ergänzten das Fabrikationsprogramm. Im Jahr 1928 betrieb die Firma eine Maschinenfabrik, eine Eisengießerei, ein Sägewerk, eine Holzschleiferei, eine Kistentischlerei sowie eine umfangreiche Landwirtschaft. Die Firma produzierte nun Handelsguss aller Art, Maschinenguss, Klangstahlglocken für Kirchen, Signalanlagen, Uhren und Pressen für die metallverarbeitende Industrie mit allen benötigten Hilfsmaschinen, Spindeln für Spinnereien, Hilfsmaschinen für die gesamte Textilindustrie und Gardinenwebereien. In jenem Jahr war sie die größte Glockengießerei Europas. Die Glocken wurden von der am 19. Januar 1918 gegründeten Firma Schilling und Lattermann in Apolda vertrieben, deren Teilhaber die Firma H. L. Lattermann und Söhne war. Am 13. März 1931 zog Johann Gottfried Lattermann seine Kapitalanteile aus der Apoldaer Firma ab und trat aus dieser aus. Der Firmenname Schilling und Lattermann blieb jedoch weiter bestehen.
Zum Betriebsvermögen der Firma H. L. Lattermann und Söhne gehörten u. a. 105 ha Grundbesitz, drei Gasthöfe, zwei Bäckereien, eine Kolonialwarenhandlung, ein Schleif- und Schmirgelwerk, 43 Arbeiterhäuser und drei Beamtenvillen. Im Jahr 1929 wurden 250 Arbeiter, 21 Angestellte und 10 Vertreter beschäftigt.
1930 war die Firma Mitglied in der Mitteldeutschen Eisenberufsgenossenschaft, der Sächsischen Holzberufsgenossenschaft und der Sächsischen Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft. Die Geschäftsleitung der Firma lag hauptsächlich in den Händen der Prokuristin Hertha Fränzel.
Am 19. März 1931 musste die Firma Konkurs anmelden und stand bis 1945 unter Konkursverwaltung. Am 2. Juli 1938 schied der Inhaber Johann Gottfried Lattermann aus und seine Ehefrau Liddi Lattermann pachtete die Firma. Die Firmenbezeichnung lautete seit 1931 H. L. Lattermann und Söhne Nachfolger.
Das Wirken Johann Gottfried Lattermanns erstreckte sich auf ein Betätigungsfeld, welches weit über die Werksgrenzen hinausging. So wirkte er zum Beispiel bis April 1931 als Friedensrichter und war amtlicher Bisamrattenfänger. Besondere Verdienste erwarb er sich als Heimatdichter bei der Pflege und Erhaltung der erzgebirgischen Mundart.


2. Bestandsgeschichte
Anlässlich der Vorbereitungen zur Gründung eines technischen Museums in der Gießerei des VEB Pressenwerk Morgenröthe-Rautenkranz, Betriebsteil des Kombinatsbetriebs Schleifmaschinenwerk Karl-Marx-Stadt im VEB Werkzeugmaschinenkombinat "7. Oktober" Berlin, wurde durch Prof. Dr. Eberhard Wächtler von der Bergakademie Freiberg, Sektion für Sozialistische Betriebswirtschaft, Lehrstuhl für Wirtschaftsgeschichte und Geschichte der Produktivkräfte, am 26. August 1968 bei der Benutzung des Verwaltungsarchivs des VEB Pressenwerk festgestellt, dass die Überlieferungslage der Quellen nicht mit dem Dokumentationsprofil des Archivs übereinstimmte. Wie erste Ermittlungen ergaben, befand sich das Archivgut des Bestandes noch teilweise im Besitz der ehemaligen Besitzerin des Werks, Liddi Lattermann, und des Ortschronisten Böhm, Gesichtslehrer an der POS in Morgenröthe. Zur weiteren Klärung des Sachverhalts übergab Prof. Dr. Wächtler diese Angelegenheit der Staatlichen Archivverwaltung.
Zur Führung weiterer Ermittlungen reiste Dr. Groß als Vertreter des Staatsarchivs Dresden am 2. Oktober 1968 nach Morgenröthe-Rautenkranz.
Vom Archivgut der ehemaligen Firma H. L. Lattermann und Söhne befanden sich im Verwaltungsarchiv des VEB Pressenwerk 4,50 lfm. Dieser Teilbestand war weder bezeichnet noch geordnet. Der ehemaligen Besitzerin der Firma, Liddi Lattermann, wurde 1945/46 ein großer Teil des vorhandenen Archivguts ausgehändigt. Dieses Archivgut lagerte in einem Nebengebäude des alten Herrenhauses in Morgenröthe. Anfang der 1960er Jahre übergab Liddi Lattermann den größten Teil dieses Archivguts dem Kreismuseum in Rodewisch zur depositarischen Aufbewahrung. Als Lagerungsort diente ein alter Schrank auf dem Dachboden des Museums, dessen Schlüssel im alleinigen Besitz von Liddi Lattermann verblieben. Der Teil des Archivguts, der nicht zur depositarischen Aufbewahrung nach Rodewisch gelangte, wechselte vom Nebengebäude des alten Herrenhauses in Morgenröthe in die Wohnung der Liddi Lattermann nach Auerbach in die Friedrich-Engels-Straße 4 über.
Nach Angaben des Ortschronisten Böhm, stellte dieser 1948 aus dem alten Betriebsarchiv des Eisenhammers 0,80 lfm Archivgut sicher. Seitdem befand es sich in Böhms Besitz und lagerte in der POS Morgenröthe.
Die Zusammenführung des verstreuten Archivbestands begann am 2. September 1969 mit der Übergabe des im Verwaltungsarchiv des VEB Pressenwerk lagernden Archivguts der Firma H. L. Lattermann und Söhne an das Staatsarchiv Dresden. Am 15. März 1971 wurde ein Hinterlegungsvertrag zwischen dem Staatsarchiv Dresden und Liddi Lattermann abgeschlossen. Am 23. März 1971 konnte das im Kreismuseum Rodewisch befindliche sowie das in der Auerbacher Wohnung aufbewahrte Archivgut abgeholt werden. Genaue Angaben über den Umfang dieser Abgabe lagen nicht vor. Die Abgaben vom September 1969 und März 1971 hatten zusammen einen Umfang von 7,30 lfm. Der Inhalt der Akteneinheiten dokumentierte den Zeitraum von 1710 bis 1945.
Organisatorische Mängel verhinderten die gleichzeitige Übernahme der 0,80 lfm Archivgut aus der Oberschule Morgenröthe. Am 5. April 1971 wurden 0,80 lfm Akten aus der Zeit zwischen 1832 und 1941 mit der Provenienz Hammerwerk Tannenbergsthal vom Staatsarchiv Dresden übernommen. Vermutlich handelte es sich dabei um das in Böhms Besitz befindlich gewesene Archivgut.
Abgabeverzeichnisse lagen lediglich für die erste Abgabe vor. Mit dem 5. April 1971 schloss der Zusammenführungsprozess der zersplittert gelagerten Teilbestände der Firma H. L. Lattermann und Söhne ab. Bei den Untersuchungen zur Zusammenführung des Bestands konnte keine den gesetzlichen Bestimmungen zuwiderlaufende Veräußerung von staatlichem Archivgut festgestellt werden. Jedoch ist mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Teil des ursprünglichen Archivguts nicht erhalten geblieben. Die überlieferten 8,10 lfm können zwangsläufig nicht vollständig und umfassend die Tätigkeit einer mehr als 300 Jahre existierenden Firma abdecken.
Der Bestand wurde von Bernd Scheperski, Student an der Fachschule für Archivwesen, während seines Abschlusspraktikums im Staatsarchiv Dresden von Februar bis Juli 1985 bearbeitet. Dabei wurden eine Findkartei sowie die vorliegende Findbucheinleitung erarbeitet. Die Erschließungsarbeiten wurden durch Ingrid Grohmann betreut, der auch die Endredaktion des Findbuchs oblag.

Bewertung und Kassation
Als Grundlage der Bewertung und Kassation diente das Bewertungsmodell für den Registraturbildnertyp kapitalistischer Industriebetriebe. Da die Tätigkeit des Registraturbildners über mehrere 100 Jahre nur in einem Bestandsumfang von 8,10 lfm dokumentiert war, wurde im Interesse der Regionalgeschichtsforschung versucht, das überlieferte Quellenmaterial weitestgehend zu erhalten. Erschwerend für die Bewertung erwies sich, dass teilweise einzelne lose Blätter ohne erkennbaren inhaltlichen und zeitlichen Zusammenhang zu einer Akteneinheit zusammengefügt waren. Es wurde versucht, diese Akteneinheiten in kleinere Sachakten aufzulösen. Konnte keine eindeutige inhaltliche Aussage erkannt werden und damit keine Zuordnung der losen Blätter erfolgen, musste kassiert werden. Doppelüberlieferungen wurden ebenfalls aus den Akteneinheiten herausgelöst und kassiert. Die Beilage der Leipziger Zeitung trat als Druckschrift häufig auf, jedoch ohne einen ersichtlichen inhaltlichen Zusammenhang zu den Akteneinheiten aufzuweisen. Da sich die Leipziger Zeitung vollständig im Bestand der Bibliothek des Hauptstaatsarchivs Dresden befindet, konnten die Beilagen kassiert werden. Insgesamt wurden 1,20 lfm der Kassation zugeführt. Bei der technischen Bearbeitung (Entnahme der Akteneinheiten aus den Ordnern) reduzierte sich der Bestandsumfang um weitere 0,20 lfm. Nach Abschluss der Bearbeitung umfasst er 440 Akteneinheiten bzw. 6,70 lfm.
Im Bestand befinden sich einige Prozessakten mit persönlichem Charakter (z. B. Prozessstreitigkeiten der Prokuristin Fränzel). Diese stammen vor allem aus den 1930er Jahren und sind deshalb im Bestand verblieben.

Verzeichnung/Bestandsbezeichnung
Die Verzeichnung erfolgte auf der Grundlage der OVG. Zur Anwendung kamen einfache und erweiterte Verzeichnung. Für einen Teil des Bestands lag eine Abgabeliste vor (Abgabe 1969: 4,50 lfm). Diese erwies sich nicht als brauchbares Hilfsmittel für die Verzeichnung. Neben Aktentiteln, die nicht dem Inhalt der Akteneinheiten entsprachen, enthielt die Abgabeliste auch zu allgemeine Aktentitel (z. B. Acta privata).
Die einfache Verzeichnung wurde angewandt, wenn der Inhalt der Akteneinheit mit dem gebildeten Aktentitel ausreichend dokumentiert werden konnte bzw. keine anderen Schriftgutarten (Zeichnungen, Druckschriften, etc.) Bestandteil der Akteneinheit waren. Die erweiterte Verzeichnung bezog sich auf alle Akteneinheiten, die Fakten und Daten über die Registratubildnergeschichte sowie andere dokumentationswürde Ereignisse enthielten. Im Rahmen der Bearbeitung und Zusammenführung der Akteneinheiten wurde als Bestandsbezeichnung "Firma Lattermann und Söhne, Morgenröthe-Rautenkranz" festgelegt.

Das vorliegende Findbuch ist das Ergebnis einer Konversion des bereits zu diesem Bestand vorhandenen maschinenschriftlichen Findbuches aus dem Jahr 1986.
Ziel der Konversion war die Verbesserung der Recherchemöglichkeiten durch die Eingabe in die Erschließungsdatenbank Augias-Archiv. Dabei wurden die maschinenschriftlich vorliegenden Angaben ohne inhaltliche Veränderung in die digitale Form überführt. Die im Findbuch verwendete Terminologie, welche auch die gesellschaftlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der Bearbeitung widerspiegelt, blieb folglich unberührt. Dies gilt sowohl für die einzelnen Verzeichnungseinheiten als auch für die Findbucheinleitung.

Ordnung
Der Ordnung lag das Ordnungsmodell für den Registraturbildnertyp kapitalistischer Industriebetriebe zugrunde.
Das überlieferte Archivgut der Firma Lattermann und Söhne entstand aber nicht nur in der kapitalistischen Gesellschaftsformation. Dem musste bei der Ordnung Rechnung getragen werden. Im Wesentlichen wurde die Gliederung des vorhandenen Ordnungsmodells sowohl für die Akten der Gesellschaftsformation des Feudalismus als auch der des Kapitalismus übernommen. Dabei fielen nur die Gliederungspunkte heraus, zu denen kein Archivgut überliefert war (z. B. Pkt. 1.1, des Ordnungsmodells). Die Anwendung des Ordnungsmodells auf den konkreten Bestand mache zudem eine Korrektur der Formulierung einiger Punkte erforderlich (z. B. Pkt. 1.7.2. des Ordnungsmodells entspricht Pkt. 1.4. der Ordnung des Bestands).
Durch die Verknüpfung der Firma bzw. der Firmenbesitzer mit den verschiedensten öffentlichen Ämtern sowie aufgrund der Tatsache, dass das Firmengelände einen eigenständigen Gutsbezirk bildete, musste das Ordnungsmodell durch zusätzliche Gliederungspunkte erweitert werden (Pkt. 8 und 9).
Die innere Ordnung der Akteneinheiten entsprach in der Regel den Erfordernissen und konnte beibehalten werden. Lediglich jene Akteneinheiten, in denen unterschiedliche bzw. ausschließlich Einzelschriftstücke enthalten waren, wurden aufgelöst bzw. neu geordnet. Bei der Neubildung von Akteneinheiten nach Betreffen oder Schriftgutarten erwiesen sich die überlieferten Registratursignaturen als sehr brauchbares Hilfsmittel.


3. Bestandsanalyse
Die Firma H. L. Lattermann und Söhne war der bedeutendste Industriebetrieb des Gebiets um Morgenröthe-Rautenkranz. Aufgrund dieser wirtschaftlichen Position sowie der Verflechtung von Firma bzw. Firmenleitung mit öffentlichen Ämtern, gibt der Bestand sowohl über die Firmenentwicklung als auch die Entwicklung der Region Aufschluss.
Das überlieferte Archivgut dokumentiert nicht nur die Tätigkeit der Firma als Industriebetrieb, sondern zeichnet vielmehr das Bild eines typischen Vertreters der Synthese zwischen Industriebetrieb sowie Agrar- und Forstwirtschaftsunternehmen. Das Produktionsprofil wies sehr vielseitige Formen auf. Die Firma betrieb u. a. eine Holzhandlung, ein Sägewerk, eine Fischzucht, Forstwirtschaft sowie Gasthöfe, Bäckereien und Gruben zur Rohstoffgewinnung (Eisenerz). Der Produktionsschwerpunkt lag aber in der Herstellung von Klangstahlglocken für Kirchen in der Eisengießerei und von Pressen in der Maschinenfabrik.
Durch die inhaltliche Vielfalt und Breite des Quellenmaterials ergeben sich verschiedenste Auswertungsmöglichkeiten.
Aufgrund seines Umfangs bzw. der wirtschaftlichen Bedeutung der Firma H. L. Lattermann und Söhne für die Region, ist der Bestand insbesondere für die Regionalgeschichtsforschung von großem Interesse. Die Darstellung der historischen Entwicklung des Gebiets um Morgenröthe-Rautenkranz-Tannenbergsthal wird nur unter Einbeziehung der Firma Lattermann und Söhne möglich sein.


4. Quellen und Literatur
Hinweise auf weitere Quellen zur Firma Lattermann und Söhne finden sich in den Beständen:
30042 Amtshauptmannschaft Auerbach/V.
30101 Amtsgericht Auerbach/V.
30403 Kreistag/Kreisrat Auerbach/V.
10736 Ministerium des Innern
Familienunternehmen und Unternehmerfamilien : Zur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der sächsischen Unternehmer 1850-1940 / Schäfer, Michael. - München : Beck, 2007. - (Schriftenreihe zur Zeitschrift für Unternehmensgeschichte ; 18)

Matzerath, Josef: Aspekte sächsischer Landtagsgeschichte – Präsidenten und Abgeordnete von 1833 bis 1952, Sächsischer Landtag 2001, S. 112
Betriebswirtschaftliche und statistische Unterlagen.- Juristische Angelegenheiten.- Werkschutz.- Beziehungen zu berufständischen Institutionen, Staatsapparat, politischen Organisationen, Parteien und Verbänden.- Anlagen und Einrichtungen.- Persönliche und Familienangelegenheiten des Unternehmers.- Betriebsgeschichtliche Sammlungen.- Tarife und Löhne.- Personalunterlagen.- Finanzen und Vermögen.- Geschäftsbuchhaltung einschließlich Bilanzen.- Anlagennachweise.- Vermögensnachweise.- Betriebsbuchhaltung, Steuern und Versicherungen.- Verwaltung des Grundbesitzes einschließlich der Gebäude und Anlagen.- Forschung und Entwicklung einschließlich Patentrecht.- Produktion.- Konstruktion.- Technologie.- Hilfsbetriebe der Betriebsunterhaltung.- Materialwirtschaft.- Absatz und Werbung.- Gutsbezirke Morgenröthe-Rautenkranz.- Regionale Angelegenheiten: Gemeinde Morgenröthe-Rautenkranz, Kirche und Schule, Jagdangelegenheiten, Forstangelegenheiten.
Die Firma H. L. Lattermann & Söhne vereinigte in sich mehrere Betriebe unterschiedlichster Branchen, deren Standorte territorial vor allem zwischen Morgenröthe, Rautenkranz und Tannenbergsthal gelegen waren. Der Schwerpunkt der Produktion lag in der Herstellung von Klangstahlglocken für Kirchen in der Eisengießerei und Pressen in der Maschinenbaufabrik. Die erste Firmengründung im Jahr 1618 erfolgte durch Exulanten aus Böhmen. Besondere Privilegien des sächsischen Kurfürsten begünstigten die Errichtung der beiden ersten Eisenhammerwerke, die sich zunächst unabhängig voneinander entwickelten. Im Dezember 1797 erwarb Gottlieb Immanuel Lattermann das Eisenhammerwerk Morgenröthe, dessen Nachfahren das Unternehmen erfolgreich über mehrere Generationen fortführten und erweiterten. Unter der Firmenbezeichnung H. L. Lattermann & Söhne war das Unternehmen von 1862 an im Handelsregister beim Amtsgericht Auerbach/V. eingetragen. 1945 erfolgte seine Enteignung und Überführung in Volkseigentum.
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