Beständeübersicht
Bestand
31050 Auto Union AG, Chemnitz
Datierung | 1910 - 1948 (1964) |
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Benutzung im | Staatsarchiv Chemnitz |
Umfang (nur lfm) | 212,96 |
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1. Unternehmensgeschichte
1.1. Die Vorgängerunternehmen (1899 – 1931)
Innovationsbereitschaft und vielfältige Konstruktionsfortschritte verhalfen der deutschen Automobilindustrie in ihren "Pionierjahren" vom ausgehenden 19. Jahrhundert bis zum Ersten Weltkrieg zu einer führenden Stellung im internationalen Automobilbau. In der Prosperitätsphase vom Jahrhundertwechsel bis zum Weltkrieg verzeichnete sie ungeachtet aller steuergesetzlichen und infrastrukturellen Hemmnisse beständig Absatzzuwächse und dutzendweise Firmenneugründungen. Ihr Rückgrat bildeten zunächst Gründerfirmen fortschrittsbegeisterter Konstrukteure. Die Wachstumsraten im Automobilbau verleiteten aber zunehmend auch etablierte Unternehmen der Maschinenbaubranche zur Einrichtung eigener Automobilabteilungen. Die bunte Vielfalt meist mittelständischer Automobilbauer brachte reichhaltige Typenprogramme hervor. Die Innovationen beschränkten sich aber weitgehend auf die Konstruktionsebene. Bei den Produktionsverfahren verharrten die kapitalschwachen Kleinbetriebe auf einem "frühindustriell-handwerklichen" Standard. Unter weitgehender Selbstherstellung ungenormter Zubehörteile wurden in Kleinserie komplette Automobile auf Bestellung von der handwerklich ausgebildeten Facharbeiterschaft im Werkstattsystem einzelgefertigt. Die Produktivität war daher gering und hohe Stückkosten zogen - noch verschärft durch die rigide Kraftfahrzeugsteuergesetzgebung - Verkaufspreise nach sich, die einen Durchbruch zum Massenverkehrsmittel ausschlossen. Das Automobil war einstweilig ein exquisites Luxusgut, dessen Absatz sich auf die vermögendere Mittel- und insbesondere Oberschicht beschränkte.
Nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs lenkten die deutschen Automobilunternehmen ihre Produktion und Entwicklung auf Heereskraftfahrzeuge und Flugmotoren um. Sie erwirtschafteten noch gesteigerte Gewinne, verloren aber im zivilen Kraftfahrzeugbau nunmehr auch technisch den internationalen Anschluß. Nach Kriegsende knüpfte man mit wenigen Ausnahmen nahtlos wieder an die Vorkriegsprogramme an und entsagte, vorerst noch durch "Zollmauern"; vor ausländischer Konkurrenz geschützt, einem Strukturwandel. Sowohl auf dem Binnen- als auch Exportmarkt hatten sich die Verhältnisse freilich grundlegend verändert. Der Inlandsabsatz litt im Zeichen von Revolution, Währungsverfall, hinfällig gewordener Kriegsanleihen usw. unter einer merklichen Ausdünnung der traditionellen Käuferschichten für das Luxusgut Automobil. Auf dem Exportmarkt sah man sich der zwischenzeitlich zur kostengünstigeren Großserienproduktion übergegangenen US-Konkurrenz gegenüber. Technische Innovationen bei den Typenprogrammen und insbesondere inflationsbedingte Währungs- und Lohnkostenvorteile verdeckten aber einstweilen noch die Strukturprobleme der deutschen Automobilwirtschaft und zeitigten sogar einen Exportboom. Die Währungsreform von 1923/24 setzte dieser "Scheinblüte" dann ein jähes Ende. Die zuvor durch Währungs- und Lohnkostenvorteile kaschierten hohen Stückkosten bei der Kleinserienproduktion mußten nun voll in den Verkaufspreisen realisiert werden. Der Exportabsatz brach schlagartig ein; auch auf dem Inlandsmarkt verzeichneten die trotz hoher Schutzzölle noch billigeren Importwagen erhebliche Anteilsgewinne. Die deutschen Automobilbauer bemühten sich zur Überwindung der Absatzkrise 1924/28 verstärkt um den Nachvollzug amerikanischer Produktionsverfahren. Reihen- und Fließbandfertigung lösten das Werkstattprinzip ab. Die Eigenfertigung verengte sich auf Grundkomponenten wie Chassis und Motor. Funktions- und Zubehörteile wurden bei diversen Zuliefererunternehmen eingekauft und lediglich noch montiert. Die Modernisierung barg aber auch erhebliche Risiken. Der hohe Kostenaufwand überstieg die Eigenfinanzierungskräfte der mittelständischen Unternehmen. Die Rationalisierung mußte, sofern man Automobilproduktion nicht einstellte oder auf weniger umkämpfte Marktsegmente im Spezialfahrzeugbau umstellte, kreditfinanziert werden. Die Branche geriet zunehmend in die Abhängigkeit der Banken. Insbesondere zeigte sich, daß kostspielige Kapazitätsausweitung keineswegs entsprechende Absatzzuwächse garantierte. Die Voraussetzungen für eine Massenmotorisierung waren in Deutschland denkbar ungünstig. Die Verkehrspolitik setzte auf die Eisenbahn. Das Fernstras-sennetz war unterentwickelt und Kraftfahrzeuge wurden als "Reichleutespielzeug" rigide besteuert. Und wichtiger noch: Die Massenkaufkraft blieb infolge von Kriegsanleihe- und Inflationsverlusten sowie gehäufter Konjunktureinbrüche defizitär, die Automobilkundschaft beschränkte sich weiterhin auf schmale Großbürgerschichten.
Die kostspielige Rationalisierung war unbestritten eine Grundvoraussetzung für erhöhte Konkurrenzfähigkeit auf dem In- und Auslandsmarkt. Unter den gegebenen Marktverhältnissen konnten die Kostenvorteile der anvisierten Großserienproduktion aber nicht realisiert werden. Mit wenigen Ausnahmen, insbesondere der Adam Opel AG und DKW, richtete die deutsche Automobilindustrie ihre Typenprogramme Ende der 1920er Jahre noch verstärkt auf den für ausländische Massenproduzenten weniger lukrativen Bereich der gehobenen Mittelklasse- und Luxuswagen aus. In diesen Marktsegmenten entwickelte sich ein von Preisnachlässen und ständig diversifizierten Typenprogrammen gekennzeichneter Verdrängungswettbewerb der inländischen Hersteller, der unter dem Einfluß der Weltwirtschaftskrise bzw. noch forcierter Marktenge alsbald ruinöse Züge annahm. Zur Rettung ihrer Investitions- und Überbrückungskredite drängten die Banken im Einklang mit dem Reichswirtschaftsministerium auf eine Neuordnung in der deutschen Automobilindustrie. Durch Preisübereinkommen und konkurrenzeindämmende Unternehmensfusionen nach dem Beispiel der Daimler-Benz AG von 1926 sollte die Automobilindustrie auf eine profitablere Grundlage gestellt werden.
Diese Grundmuster von Aufstieg und Krise des jungen Industriezweiges spiegeln sich nahezu idealtypisch auch in den Unternehmensgeschichten der vier wichtigsten sächsischen Automobilbauer des ersten Jahrhundertdrittels wider, der 1932 zur AUTO UNION AG, CHEMNITZ vereinten Horchwerke AG, Audi-Automobilwerke AG, Zschopauer Motorenwerke J. S. Rasmussen AG und Automobilabteilung der Wanderer-Werke AG.
1.1.1. Horchwerke AG, Zwickau
Das renommierteste sächsische Automobilunternehmen zu Ausgang der 1920er Jahre war die Horchwerke AG. Die Automobilbau-Tradition des Zwickauer "Nobelkarossenherstellers" reichte bis 1899 zurück. Im November dieses Jahres gründete August Horch, zuvor Konstrukteur und Betriebsleiter beim Mannheimer Pionierunternehmen Benz & Cie., mit Unterstützung des Kölner Tuchhändlers Salli Herz die HORCH & CIE., KÖLN-EHRENFELD. Ursprünglich ein Reparaturbetrieb für Benz-Automobile, verlagerte sich der Schwerpunkt über die Motoren-, Getriebe- und Fahrgestellentwicklung alsbald auf die Fertigung kompletter Automobile. Im Januar 1901 wurde das erste eigene Modell auf den Markt gebracht, ein offener Wagen mit stoßfreiem Zweizylindermotor. Im August des Jahres war bereits ein zweites Modell technisch ausgereift, das infolge der unzureichenden Kapitaldecke des Kleinbetriebs aber zunächst nicht fabriziert werden konnte.
Bei der Suche nach neuen Kapitalgebern stieß Horch auf den Plauener Fabrikanten Moritz Bauer. Dieser stieg im Frühjahr 1902 anstelle Herz'ens als Teilhaber ein und regte die Verlegung der nunmehrigen AUGUST HORCH & CIE., MOTOR- UND MOTORWAGENBAU in ein angepachtetes Spinnereigebäude nach Reichenbach im Vogtland an. Die rege Konstruktionstätigkeit, u. a. wurden die Getriebezahnräder auf haltbareren Chromnickelstahl umgestellt, Kugellager für die Achsenfederung eingeführt und ein Vierzylindermodell mit hängenden Ansaugventilen zur Serienreife gebracht, zeitigte Prestigeerfolge bei den zeitgenössischen Automobilausstellungen und steigende Absatzzahlen. Die Produktivität des Reichenbacher Manufakturbetriebs war jedoch völlig unzureichend. Der steigenden Nachfrage konnte bei gerade einmal 18 fertiggestellten Automobilen (1903) nicht entsprochen werden. Die schmale Kapitaldecke ließ aber wiederum einen Ausbau nicht zu.
Horch erwog die Umwandlung seines Unternehmens in eine Aktiengesellschaft und stieß hierbei auf das Interesse finanzkräftiger Kapitalgeber aus der Zwickauer Unternehmerschaft, u. a. Paul Fikentscher, Dr. Rudolf Stöss, Emil Freytag, Gustav Melzer und Willibald Hertel. Mit ihrer Unterstützung erwarb er eine leerstehende Spinnerei an der Crimmitschauer Straße in Zwickau und gründete am 16. Mai 1904 die A. HORCH & CIE, MOTORWAGENWERKE AG IN ZWICKAU/SACHSEN. Schon im Gründungsjahrfünft etablierte sich das Unternehmen durch vielfältige Konstruktionsfortschritte, Rennerfolge bei den aufkommenden internationalen Zuverlässigkeitsfahrten und prestigeträchtige Kunden aus dem Kreise der Fürstenhäuser unter den führenden deutschen Automobilherstellern. Der Absatz versechsfachte sich 1904 bis 1909 von jährlich 30 auf 175 Fahrzeuge. Das Werk wurde erheblich ausgebaut und beschäftigte nun mehrere hundert Arbeiter und Angestellte. Allein zwischen 1906 und 1909 verdoppelte sich die Bilanzsumme – bei einem Gesellschaftskapital von 700.000 Mark - von 1,156 auf 2,277 Milionen Mark.
Der Aufschwung erfüllte dennoch nicht die Erwartungen der Kapitaleigner. Horch war auf technische Fortschritte fixiert und pflegte einen patriarchalischen, mitunter voluntaristischen Führungsstil. Der Automobilbau fußte in seiner "Pionierzeit" auf handwerklicher Präzisionsarbeit der aufwendig ausgebildeten Facharbeiterschaft. Dennoch entschied sich Horch, als im Frühjahr 1907 ein Lohnstreik die Vorbereitungen auf anstehende Rennen beeinträchtigte, erzürnt für die Entlassung und Nichtwiedereinstellung aller gewerkschaftlich organisierten Arbeiter – was kurzfristig kaum kompensierbare Qualitätsverluste in der Fertigung nach sich zog. Schon von Beginn an kam es auch immer wieder zu Spannungen mit dem vom Aufsichtsrat und dem für die kaufmännischen Belange eingesetzten Prokuristen Jakob Holler. Der Reingewinn des Unternehmens sank nicht zuletzt durch sprunghaft wechselnde Entwicklungskonzeptionen und Programmplanungen Horchs von 326.333 (1906) auf 197.802 Mark (1909). Zugleich halbierte sich auch die Dividende von 25 auf 12 Prozent. Die Kapitaleigner wandten sich mehrheitlich von Horch ab. Im Januar 1908 beförderte der Aufsichtsrat Holler, der wiederholt betriebswirtschaftliche Verfehlungen Horchs moniert hatte, zum kaufmännischen Direktor und gleichberechtigten Vorstandsmitglied. Der schwelende Konflikt endete am 19. Juni 1909 mit dem Ausscheiden des Gründers. Unmittelbar nach dem Mißerfolg bei der Prinz-Heinrich-Fahrt, den Holler zum persönlichen Desaster des technischen Direktors Horch stilisierte, wurde dieser zu einer eilends anberaumten Aufsichtsratssitzung bestellt und fristlos entlassen. Holler verblieb als alleiniges Vorstandsmitglied. Die Konstruktionsleitung übernahm der vormalige Oberingenieur Seidel.
Die im Aufsichtsrat noch virulenten Befürchtungen eines Imageverlusts und Absatzeinbruchs durch das Ausscheiden Horchs erwiesen sich als unbegründet. Unter weitgehender Beibehaltung des von Horch vorgezeichneten Typenprogramms, gleichwohl stärkerer Berücksichtigung betriebswirtschaftlicher Belange, setzte sich der Aufschwung zu einer Nobelmarke der deutschen Automobilindustrie fort. Der Jahresabsatz wurde bis 1914 auf 595 Fahrzeuge gesteigert. Zugleich verdreifachte sich die Bilanzsumme – bei einer schrittweise auf drei Millionen Mark erhöhten Kapitaleinlage auf rund 7,1 Millionen Mark und erhöhte sich der jährliche Bruttogewinn um rund 550 Prozent auf 1,1 Millionen Mark. Trotz forcierter Investitionen in den Werksausbau konnten auch der Reingewinn verdreifacht und die Dividende wieder auf 15 Prozent gesteigert werden.
Im Ersten Weltkrieg kamen der Horch-Motorwagenbau AG ihre frühen Bemühungen um die Nutzfahrzeugsparte zugute. Bereits seit 1910 produzierte man in Kleinserie Krankenwagen; bis Kriegsausbruch folgten erste Omnibusse, Liefer- und Kleinlastwagen sowie Experimente mit Flugzeugmotoren. Der Absatzeinbruch bei den Luxuswagen konnte durch Konzentration auf den kriegsbedingt "boomenden" Nutzfahrzeugmarkt problemlos verschmerzt werden. Das Unternehmen produzierte nun fast ausschließlich für den Heeresbedarf und setzte über 2000 Nutzfahrzeuge vom Krankenwagen bis hin zum Raupenschlepper ab. Die Rüstungsnachfrage bescherte dem Unternehmen, das seit Februar 1918 unter dem neuen Firmennamen HORCHWERKE AG firmierte, kräftig gesteigerte Gewinne.
Die Umstellung auf die Friedenswirtschaft verlief reibungslos. Die Nutzfahrzeugsparte des Unternehmens blieb von den Rüstungsrestriktionen unberührt. Der Vierzylinder-Dreitonner-LKW, seit 1916 die "Säule" des Absatzes, konnte auch in den ersten Nachkriegsjahren ohne technische Neuerungen in hohen Stückzahlen fortproduziert werden. Bei den Personenkraftwagen knüpfte man fast nahtlos an das Typenprogramm der Vorkriegszeit an. Die dem Inlandsabsatz abträglichen politischen Wirren wurden durch die vom Währungsvorteil begünstigte Exportproduktion kompensiert. Das Produktionsvolumen erhöhte sich von 139 (1919) auf 446 Fahrzeuge (1921) und erreichte 1922, nimmt man die Nutzfahrzeugssparte hinzu, wieder den Stand des letzten Vorkriegsjahres.
Gravierende Veränderungen erfuhren aber die Kapitalverhältnisse und Leitung des Unternehmens. Im Vorfeld und Verlauf des Weltkriegs stellten zahlreiche Maschinen- und Motorenbauunternehmen ihre Produktion auf gewinnträchtige Rüstungssparten wie den Panzer- oder Flugzeugbau um, die nach Kriegsende den Beschränkungen des Versailler Vertrags unterfielen. Man bemühte sich nun um den Ein- oder Wiedereinstieg in Zivilproduktionen, und hier boten sich insbesondere Übernahmen oder Kooperationen mit traditionellen Zivilproduzenten an. Die Berliner ARGUS-FLUGMOTORENWERKE GMBH, zuvor Luftwaffenausrüster, suchte die Verbindung zur Horchwerke AG. Zwischen beiden Unternehmen bestanden seit der Vorkriegszeit engere Kontakte, die auf die Flugmotorenexperimente der Horchwerke AG mit Argus-Lizenzprodukten zurückgingen und nachfolgend durch die Allgemeine Deutsche Credit-Anstalt (ADCA) und die Commerz- und Privatbank AG gestützt wurden. Auf Vermittlung beider Großbanken, die seit der Kapitalerhöhung von 1914 auch bei Horch beteiligt waren, stieg Anfang 1920 der Argus-Hauptanteilseigner Dr. Moritz Straus bei Horch als neuer Hauptaktionär und Aufsichtsratsvorsitzender ein. Holler schied aus dem Unternehmen aus und den Vorsitz im erweiterten Vorstand übernahm mit Dr. Arthur Löwenstein eine Vertrauensperson des neuen Hauptaktionärs. Den Direktionssitz verlegte Straus nach Berlin.
Die Umgestaltung erstreckte sich auch auf den Konstruktionsbereich und das Typenprogramm. Das auf die Vorkriegszeit zurückgehende Motorenprogramm wurde rigoros zusammengestrichen. Durch Lizenzvertrag vom April 1921 übernahm man einen vom Schweizer Ingenieur Arnold Zoller für Argus entwickelten 35-PS-Vierzylindermotor als Einheitstyp. Zoller schied bereits im Juli 1922 wieder bei Argus aus. Neuer Chefkonstrukteur, und zugleich Aufsichtsratsmitglied und verantwortlicher technischer Berater bei Horch, wurde Paul Daimler, der älteste Sohn des Automobilpioniers Gottlieb Daimler. Er verschrieb sich der Konstruktion leistungsstarker, repräsentativer Luxuskarossen. Der Zoller-Motor wurde 1924 durch einen überarbeiteten 50-PS-Motor ersetzt, der bis 1926 im Einheitsmodell 10/50 zum Einsatz kam. Mit den Nachfolgemodellen 303/304 bzw. 305/306, ausgestattet mit den ersten deutschen Achtzylindermotoren, forcierte Daimler 1926 den Vorstoß in das oberste Fahrzeugsegment. Und auch im Karosseriebau schlugen Straus und Daimler Ende der 1920er Jahre neue Wege ein. Im Juli 1928 verpflichteten sie Prof. Hadank von der Berliner Akademie der Künste als Karosseriedesigner. Funktionalität und Kunst sollten beim "repräsentativen Wagen" zur Einheit verschmelzen.
Tiefgreifende Veränderungen erfuhr auch die Produktionssphäre. 1923 wurde im Zwickauer Werk vom herkömmlichen Werkstattprinzip auf die Reihenfertigung umgestellt. Drei Jahre später hielt, dem amerikanischen Vorbild folgend, die Fließbandproduktion Einzug. Die eigene Zubehörproduktion wurde eingestellt. Man bezog komplette Fahrzeugteile und Funktionseinheiten wie Bremsen oder Karosserien von hunderten, insbesondere auch amerikanischen Zulieferfirmen. In Zwickau wurden die Zulieferteile lediglich noch unter Einsatz modernster Werkmaschinen auf die eigenproduzierten Fahrgestelle und Motoren montiert. Der Rationalisierungserfolg war beträchtlich. Die Produktionskapazität vervierfachte sich 1925 bis 1929 auf täglich 16 Wagen. Benötigte man zu Anfang der 1920er Jahre noch vierzig Arbeitskräfte, um in einem Monat ein Automobil zu bauen, waren es Anfang 1930 nur noch sieben. Die mittlerweile nach Akkord entlohnte Arbeiterschaft konnte von 1.718 (1925) auf 1.211 (1930) Arbeiter verringert werden.
Der Produktivitätsfortschritt erforderte jedoch massive Investitionen und garantierte längst nicht entsprechende Absatzsteigerungen. Die Bilanzen der Jahre 1924/30 weisen beim Wert der Werkstatt- und Betriebseinrichtungen eine Verzwölffachung von 590.000 auf 7.300.000 Millionen Mark aus. Vergleichbare Zuwachsraten lassen sich nur bei einem Bilanzposten feststellen, den Bankschulden. Sie stiegen von rund 1,4 auf 10,7 Millionen Mark. Hinzu kamen Hypotheken-, Darlehens- und Lieferantenschulden in Höhe von 9,2 Millionen Mark. Produktion und Absatz hielten mit diesen Zuwachsraten nicht Schritt. Die Jahresproduktion konnte zeitgleich nur um 93 Prozent auf 1.934 Fahrzeuge gesteigert werden. Die kostspielig erhöhte Produktionskapazität wurden 1929/30 bei einer durchschnittlichen Tagesproduktion von 5,3 Fahrzeugen also gerade einmal zu einem Drittel ausgelastet. Die Folge waren massive Verluste. Schon im ersten Jahr der Weltwirtschaftskrise erlitt Horch mit 4,925 Millionen Mark einen Verlust in Höhe des gesamten Aktienkapitals. Dividenden wurden seit 1924 ohnehin nur noch in zwei Fällen, 1926/27 und 1927/28 mit jeweils 8 Prozent, ausgezahlt.
Das Unternehmen antwortete auf die Finanz- und Absatzkrise mit einer massiven Ausweitung des Typenprogramms. Unter der Ägide des neuen Chefkonstrukteurs Fritz Fiedler wurden 1930/32 in kürzesten Abständen und diversen Ausführungen die Typen 410, 420, 430, 440, 450, 470, 480, 500, 500-A und 500-B – sämtlich Achtzylinder-Wagen mit bis zu 100 PS – sowie die technisch bahnbrechenden Zwölfzylindermodelle 600 und 670 herausgebracht. Die erhoffte Absatzsteigerung blieb unter dem Einfluß der Weltwirtschaftskrise bzw. der für Luxusgüter dieser Preiskategorie noch verschärften Marktenge aber aus. Gegen Ende des Geschäftsjahres 1930/31 stand die Horchwerke AG vor dem Bankrott. Ungeachtet der verschärften Budgetkontrolle und Verwaltungsreform erhöhten sich die Bankschulden auf 13 Millionen Mark und summierte sich der Jahresverlust auf nun schon rund 8,4 Millionen Mark. Das Konsortium von SÄCHSISCHER STAATSBANK (DRESDEN), COMMERZ- UND PRIVATBANK AG (BERLIN) sowie der ADCA – ALLGEMEINE DEUTSCHE CREDIT-ANSTALT (LEIPZIG), auf das rund 93 Prozent der Horch-Bankschulden entfielen, deckte den Verlust noch einmal ab. Zur Vermeidung noch gesteigerter Verluste bei einem tatsächlichen Konkurs und in der Hoffnung auf eine Sanierung im Zuge der anvisierten Fusion des sächsischen Autoblocks gewährten sie Forderungsnachlässe von rund 4,4 Millionen Mark. Im Gegenzug wurden ihre Anteile in Vorzugsaktien umgewandelt und das Aktienkapital durch die Umwandlung der Straus'schen Anteile in Stammaktien um 3 Millionen Mark gesenkt. Zur bilanztechnischen Deckung absehbarer Folgeverluste nach dem 1. November 1931 nahm man darüber hinaus auch beim Immobilien- und Maschinenbestand noch eine Höherbewertung um rund zwei Millionen Mark vor. Ein Konkurs wurde so einstweilen abgewendet. Der Fortbestand und die Leitlinien des Unternehmens hingen aber nun von den Interessen und Entscheidungen der Konsortialbanken ab.
1.1.2. Audi-Automobilwerke AG, Zwickau
Wie Horch beschränkte sich auch der zweite Zwickauer Automobilhersteller, die Audi-Automobilwerke AG, traditionell auf die Kraftfahrzeugsparte, und hier wiederum insbesondere auf die Luxuswagenklasse. Der Analogien nicht genug, war auch ihre Unternehmensgeschichte eng mit der Person August Horchs verbunden. Nach seiner Entlassung bei der Horchwerke AG im Juni 1909 bemühte er sich unverzüglich um eine neue Unternehmensgründung. Mit Unterstützung der - bei seiner Entlassung übergangenen - Horch-Teilhaber Hertel, Franz und Paul Fikentscher sowie der Fabrikanten Hartig und Carl Leonhardt brachte er binnen drei Tagen ein Startkapital von 200.000 Mark auf und erwarb in unmittelbarer Nähe des Horch-Werks eine stillgelegte Holzbearbeitungsfabrik. Am 16. Juli 1909 folgte die formelle Gründung der AUGUST HORCH, AUTOMOBILWERKE GMBH, ZWICKAU. Zeitgleich mit Horch waren auch seine engsten Mitarbeiter bei der Horchwerke AG ausgeschieden. Gestützt auf diesen Facharbeiterstamm konnte die Einrichtungsphase durch die Aufnahme eines Reparaturservice überbrückt werden. Und schon bald liefen, dem Renommee Horchs in automobilen Fachkreisen gedankt, auch erste Bestellungen für den Fall einer Produktionsaufnahme ein. Die Reputation seines Namens war indessen auch der Horchwerke AG gewärtig; und daher hatte sie sich unmittelbar nach seiner Entlassung die Horch-Warenzeichenrechte in verschiedensten Varianten gesichert. Nunmehr focht sie den Firmennamen des neuen Horch-Unternehmens juristisch an und siegte in allen Instanzen bis hinauf zum Reichsgericht. Das junge Unternehmen durfte nicht weiter unter dem Namen seines Begründers firmieren. Auch für dieses Paradoxum fanden Horch und seine Mitstreiter eine Lösung. Bei der Warenzeichensicherung hatte die Horchwerke AG die Abwandlung Audi, die lateinische Entsprechung des deutschen Imperativs Horch, ausgelassen. Das Unternehmen konnte so wenigstens indirekt unter dem Namen des Gründers firmieren. Am 25. April 1910 erfolgte die Handelregisterumschreibung zur nunmehrigen AUDI-AUTOMOBIL-WERKE GMBH.
Die weitere Entwicklung bei Audi zeigte deutliche Parallelen zu den Gründungsjahren der Horchwerke AG. Wiederum sorgten ein technisch innovatives Typenprogramm, Renn- und Ausstellungserfolge für wachsendes Markenprestige und deutliche Absatzsteigerungen. Die Produktion erhöhte sich von bescheidenen 32 Fahrzeugen (1910) bis in das letzte Vorkriegsjahr 1913 kontinuierlich auf 216 Fahrzeuge. Zugleich vergrößerte sich die Belegschaft von anfänglich 31 auf 249 Lohn- und Gehaltsempfänger. Aus dem kaufmännischen Bereich liegen für diese Zeit keine Daten vor. Die reibungslose Umwandlung in die AUDI-AUTOMO-BILWERKE AG vom Dezember 1914 läßt aber auch hier zufriedenstellende Ergebnisse vermuten. Bereits im letzten Vorkriegsjahr wurde im übrigen das Typenprogramm um einen Vierzylinder-Lastkraftwagen erweitert. Nach Kriegsausbruch konnte der Einbruch im Bereich der Zivilfahrzeuge daher wie bei der Horchwerke AG umgehend durch die Umstellung auf die Nutzfahrzeugsparte kompensiert werden. Die Rüstungskonjunktur und der nach der Umwandlung zur Aktiengesellschaft forcierte Werksausbau schlugen sich in deutlichen Absatzsteigerungen nieder. Horch, seit 1917 auch im Vorstand des Vereins deutscher Motorfahrzeugindustrieller vertreten, engagierte sich rege in verschiedenen Kriegswirtschaftsausschüssen und tat sich insbesondere bei der Entwicklung eines deutschen Panzerwagens hervor. Produktion und Belegschaft seines Unternehmens verdoppelten sich trotz Rohstoffverknappung und Einberufung von Belegschaftsangehörigen zum Heeresdienst bis 1918 auf 455 Fahrzeuge bzw. 543 Lohn- und Gehaltsempfänger. Die Reingewinne bewegten sich mit 310.000 (1916) bzw. 408.000 Mark (1918) auf einem zufriedenstellenden Niveau.
Die Umstellung auf die Friedenswirtschaft verlief auch bei der Audi AG relativ problemlos. Ungeachtet der Revolutionswirren behauptete sich der Absatz auf einem gegenüber der Vorkriegszeit leicht erhöhtem Niveau. Der Übertritt des nach Berlin übergesiedelten und im Beirat des Reichsverkehrsministeriums engagierten Unternehmensgründers in den Aufsichtsrat im Juni 1920 blieb zunächst folgenlos. Aufgrund anhaltender Nachfrage bei den Nutzkraftfahrzeugen und im Sog eines lohnkosten- und währungsbedingten Exportbooms konnte der Absatz 1921 auf 386 Fahrzeuge gesteigert werden. Auch in technischer Hinsicht tat sich das nunmehr von Ernst Baus geleitete Unternehmen weiter hervor, etwa durch die Umstellung auf Leichtmetallkolben oder die Einführung der Linkslenkung. Einstweilen in ihrer Schärfe noch von Inflationseinflüssen verdeckt, krankte Audi jedoch an erheblichen Produktivitätsproblemen sowie dem wenig marktgerechten Typenprogramm. Produzierte man im letzten Vorkriegsjahr mit 215 Lohnempfängern immerhin 216 Fahrzeuge, benötigte man 1924 für 309 produzierte Fahrzeuge bereits 692 Lohnempfänger. Entgegen dem Rationalisierungstrend in der deutschen Automobilindustrie hatte sich die Jahresproduktionsleistung pro Arbeitnehmer also mehr als halbiert. Das Typenprogramm wurde zunehmend auf großvolumige, überteuerte Luxuskarossen ausgerichtet. Mit der Währungsreform von 1923/24 entfielen die bisherigen Lohnkosten- und Währungsvorteile. Der Exportmarkt für deutsche Automobile brach ein. Auch im Inland, wo sich Luxusfahrzeuge schon vor der Währungsreform in Ermangelung breiterer, vermögender Käuferschichten nur schleppend absetzen ließen, mußten die hohen Fertigungskosten nun im Verkaufspreis realisiert werden. Die Brutto-Verkaufspreise des seit 1921 produzierten Modells K und des im 1923 neu herausgebrachten Spitzenmodells M bezifferten sich im April 1924 auf 20.770 bzw. 24.594 Mark – das entsprach dem 15-18fachen Bruttojahreslohn eines "hochqualifizierten" Metallfacharbeiters. Und hiermit war noch nicht der Gipfel der Preisentwicklung erreicht. Aufgrund des hohen Fertigungsaufwands mußten die Verkaufspreise bei den Typen K und M binnen eines Jahres um 7,8 bzw. 15,6 Prozent auf 22.380 bzw. 28.428 Mark heraufgesetzt werden. Für Luxuskarossen dieser Preiskategorie bestand in Deutschland, zumal bei der verschärften Konkurrenz preisgünstigerer Importwagen, keine ausreichende Nachfrage. Der schon seit 1922 stagnierende Absatz brach in Verbindung der Konjunkturkrise 1925/26 dramatisch ein. Der hoch verschuldeten Audi AG drohte der Bankrott. Ende 1925 mußte das Unternehmen Vergleich anmelden und wurde unter Geschäftsaufsicht des Amtsgerichts Zwickau gestellt.
Neben dem unattraktiven Typenprogramm und dem Absatzeinbruch trugen wohl auch vergeblich erhöhte Investitionen in neue Fertigungstechnologien zur Zuspitzung der Finanzkrise bei. Der damalige Chefingenieur und Betriebsdirektor Heinrich Schuh, im Dezember 1923 zum Studium der Massenfabrikation und Anwendung neuester Spezialmaschinen in die USA geschickt, wurde Ende März 1926 in einer Personalbeurteilung wie folgt belobigt: "In die Zeit seines Wirkens [d. h. seit 1920] fiel unsere große Betriebserweiterung und deren praktische Einrichtung für eine neuzeitliche Fabrikation. Diese umfangreiche und zu damaliger Zeit besonders schwierige Aufgabe hat er meisterhaft gelöst [...]. Die neuzeitliche Betriebsorganisation, das Lohn- und Akkordwesen und die systematische Arbeitsvorbereitung kennt Herr Direktor Schuh genau [...]." Es kann also gesichert davon ausgegangen werden, daß sich auch Audi in der ersten Hälfte der 1920er Jahre vom herkömmlichen Werkstattprinzip löste und die Fertigungseinrichtungen im Sinne einer Großserienproduktion mit erheblichen Investitionsaufwand ausbaute. Sein konkretes Ausmaß läßt sich aufgrund der dürftigen Quellenlage jedoch nicht beschreiben.
Die Sanierungsbemühungen zielten zunächst auf Absatzbelebung und Kostensenkung. Man senkte umgehend die Verkaufspreise, versetzte die Belegschaft in Kurzarbeit und reduzierte sie dann im Wege von Massenentlassungen binnen anderthalb Jahren auf weniger als ein Drittel ihres früheren Bestands. Die maßgeblich auf die Beziehungen des Unternehmensgründers und Aufsichtsratsmitglieds August Horch gestützten Hoffnungen auf eine weitergehende, gleichsam schmerzlose Entschuldung durch neue Kapitalgeber oder eine etwaige Fusion erwiesen sich dagegen als trügerisch. Aller Bemühungen zum Trotz - Horch scheute nicht einmal vor Fusionsverhandlungen mit der Horchwerke AG zurück - konnten keine neuen Investoren aufgetrieben werden. Die Kostensenkungen, der glimpfliche Ausgang des 1926 stattgehabten Zwangsvergleichs mit den Hauptgläubigern und die Kapitalbereinigung im Frühjahr 1927 sicherten einstweilen den Unternehmensbestand. Die neue Modellpolitik, eigentlich als weiterer Baustein der Sanierung gedacht, machte diese Teilerfolge aber wieder zunichte. Die preisgünstigeren älteren Vierzylinder-Modelle wurden aus dem Programm genommen und 1927 durch das neue Spitzenmodell R, einen 100-PS-Achtzylin-derwagen, ersetzt. Das Typenprogramm umfaßte nun nur noch zwei PKW-Modelle, beide im umkämpften Marktsegment der Luxusklasse angesiedelt. Das seit dem Weltkrieg kaum veränderte Vierzylinder-Lastkraftwagenprogramm wurde im Bereich kompletter LKW auf die 1924 eingeführte Et-Type reduziert. Die Fixierung auf die oberste Luxusklasse stand dem Marktbedürfnis der Zeit entgegen, und selbst in diesem Marktsegment vermochte sich Audi kaum noch zu behaupten. Trotz verbesserter konjunktureller Rahmenbedingungen konnten 1927 nur noch 90 Fahrzeuge abgesetzt werden, die durchschnittliche Jahresproduktionsleistung eines Lohnempfängers verringerte sich ungeachtet des Belegschaftsabbaus auf gerade noch 0,4 Fahrzeuge.
Das Szenario eines Konkurses nahm bei Audi Ende 1927 sehr reale Züge an. Um die Jahreswende wurde dann aber doch noch ein neuer Kapitalgeber gefunden. Die SÄCHSISCHE STAATSBANK, bereits maßgeblich bei der Horchwerke AG und insbesondere der expandierenden ZSCHOPAUER MOTORENWERKE J. S. RASMUSSEN AG (ZSCHOPAU) engagiert, gewährte die benötigten Überbrückungskredite und vermittelte den Kontakt zu Konzernchef Jörgen Skafte Rasmussen. Dieser hatte aus der Konkursmasse der Detroiter Automobilfabrik Rickenbacker kurz zuvor Fertigungsmaschinen für Sechs- und Achtzylindermotoren aufgekauft. Im eigenen Fahrzeugprogramm bestand für derart großvolumige Motoren keine Verwendung. Sie sollten kleineren, mit teuren Eigenentwicklungen zunehmend überforderten Automobilfabriken zur Verfügung gestellt werden - und damit Absatz für das defizitäre Konzernwerk Scharfenstein geschaffen werden. Der renommierten Audi AG konnte hier eine Vorbildfunktion zukommen. Rasmussen griff das Übernahmeangebot der Sächsischen Staatsbank auf und erwarb 1928 die Aktienmehrheit bei Audi, die er im Zuge einer Kapitalerhöhung 1929 auf nahezu 100 Prozent erhöhte. Er fungierte fortan auch als neuer Aufsichtsratsvorsitzender. Die Geschäftsleitung verblieb bei Schuh.
Die Einbindung in den Rasmussen-Konzern wirkte sich umgehend auf das Typenprogramm aus. Die erfolglose M-Type und die LKW-Produktion wurden eingestellt und das PKW-Programm um die neuen Typen Dresden und Zwickau ergänzt, beides Luxuswagen mit Sechs- bzw. Achtzylindermotoren nach Rickenbacker-Bauart. Die Absatzentwicklung verlief zunächst auch günstig. 1928 konnten 111, 1929 gar wieder 309 Audi-Wagen produziert werden – und dieser höchste Produktionsstand seit 1924 wurde mit einer Gesamtbelegschaft von durchschnittlich nur noch 217 Arbeitern und Angestellten erzielt.
Die Erwartungen Rasmussens wurden dennoch enttäuscht. Die Absatzgewinne Audis waren mehr der Konjunktur denn der Attraktivität des neuen Typenprogramms gedankt. Unter dem Einfluß der Weltwirtschaftskrise brach ab Oktober 1929 auch der Luxuswagenmarkt zunehmend ein. Die Jahresproduktion mußte stufenweise bis auf 22 Fahrzeuge (1932) heruntergefahren werden. Und wichtiger noch: der bei der Übernahme unterstellte Werbeeffekt für Rickenbacker-Motoren und Sanierungsschub für das Werk Scharfenstein erwies sich als "Wunschdenken". Nicht ein einziger bedeutenderer Fahrzeughersteller folgte dem "Audi-Modell". Die in Scharfenstein geschaffenen Produktionskapazitäten blieben unausgelastet – und durch die Übernahme des maroden Luxuswagenherstellers wurden die Finanzen des Rasmussen- bzw. DKW-Konzerns zunächst noch zusätzlich strapaziert.
Rasmussen bemühte sich um Schadensbegrenzung. Ein Weiterverkauf Audis erschien angesichts der desolaten Gesamtverfassung der deutschen Automobilindustrie aussichtslos. Es bestand jedoch noch die Option, die Verluste durch eine stärkere Einbindung in das Konzern-Programm und die Nutzung des technologischen Potentials wenigstens zu begrenzen. Mit der 1931 herausgebrachten P-Type wandte sich Audi vom verlustträchtigen Luxuswagensegment ab. Bei einem mit 77 Fahrzeugen eher marginalen Luxuswagenabsatz konnte Audi seinen neuen Mittelklassewagen mit 30-PS-Peugeot-Lizenzmotor 1931 immerhin in einer Stückzahl von 327 Fahrzeugen absetzen. Die Produktion der P-Type, einer Viertakt-Version des heckangetriebenen Spandauer Vierzylinder-DKW, blieb allerdings Episode. Sie diente der Überbrückung des Übergangs zur Kleinwagenfertigung und zur verbesserten Auslastung des Spandauer DKW-Werks. Analog zur Konzeption des "Volksmotorrads", dem Schlüssel zum Aufstieg des DKW-Konzerns seit Anfang der 1920er Jahre, setzte Rasmussen auch im Automobilsektor auf Kleinwagen mit Zweitaktmotor – und nutzte hierfür das durch den Übergang auf Lizenzfertigungen brachliegende Konstruktionspotential bei Audi. Die Audi-Techniker Oskar Arlt und Walter Haustein entwickelten 1930 den Zweitakter-Kleinwagen DKW-F-1. Dieser weltweit erste Wagen mit der bahnbrechenden Frontantriebstechnik war Ausgangspunkt der DKW-Frontwagenreihe, dem "Standbein" der späteren Auto Union AG. In Kooperation mit dem Zschopauer Stammwerk, das die Motoren lieferte, wurde bei Audi 1930/31 eine Montagelinie für die Fließband-Massenfertigung des "DKW-Volkswagens" eingerichtet. Schon 1931 konnten fast 3.500 Frontwagen ausgeliefert werden – Audi/DKW brach mit hohen Zuwachsraten in das Marktsegment des Branchenführers Opel ein.
Die gegen Ende der 1920er Jahre konkursreife Audi AG überstand die Zuspitzung der Weltwirtschaftskrise infolge der Einbindung in den DKW-Konzern und der Neuausrichtung auf massengefertigte "Billigfahrzeuge" mithin vergleichsweise unbeschadet. Während die "große Schwester" Horch, hierin keineswegs eine Ausnahme, fast zweistellige Millionenverluste erlitt, wies Audi im verkürzten Geschäftsjahr 1931 nur 70.000 Mark Verlust aus. Die Absatzzahlen beim DKW-Frontwagen ließen zudem auf eine weiter verbesserte Ertragslage hoffen. Die Kapitalverhältnisse und das Fabrikationsprogramm waren aber nun unzertrennbar mit der "Konzernmutter" verwoben; und diese, mittlerweile hoch verschuldet, lenkte im zunehmenden Maße die Sächsische Staatsbank.
1.1.3. Zschopauer Motorenwerke J. S. Rasmussen AG, Zschopau
Anders als Horch und Audi wies die ZSCHOPAUER MOTORENWERKE J. S. RASMUSSEN AG, die "DKW-Konzernmutter", zu Anfang der 1930er noch keine längere Tradition im Automobilbau auf. An ihrem Anfang stand die im Jahre 1904 durch den Dänen Jörgen Skafte Rasmussen und seinen Mitgesellschafter Ernst gegründete RASMUSSEN & ERNST GMBH, CHEMNITZ, eine Vertriebsfirma für Abdampfentöler und Dampfkesselarmaturen. Nach der Trennung von Ernst erwarb Rasmussen im Oktober 1906 in Zschopau ein altes Spinnereigelände und nahm hier als Alleininhaber der nunmehrigen RASMUSSEN & ERNST GMBH, MASCHINEN- UND ARMATURENFABRIK, APPARATEBAU-ANSTALT CHEMNITZ-ZSCHOPAU die Eigenproduktion von Dampfkesselzubehör und Lackierapparaten auf. Das Verkaufsbüro und der Firmensitz der Rasmussen & Ernst GmbH verblieben einstweilen in Chemnitz. Erst im Dezember 1913 erfolgte die organisatorische Verselbständigung der Zschopauer Produktionsstätte zur MASCHINENFABRIK J. S. RASMUSSEN GMBH, ZSCHOPAU. Die durch den hälftigen Anteilserwerb des Kölner Ingenieurs Otto Lambertz neu begründete und erweiterte RASMUSSEN & ERNST GMBH, CHEMNITZ fungierte als Inhaberin sämtlicher Stammanteile sowie weitreichender Aufsichts- und Vorkaufsrechte jedoch weiterhin als Kopffirma.
Im Ersten Weltkrieg verlagerte sich der Produktionsschwerpunkt der Zschopauer Maschinenfabrik auf die Zündkapsel- und Granatzünderfertigung. Hierzu trat ab 1916 der Fahrzeugbau. Vor dem Hintergrund kriegsbedingten Kraftstoffmangels wurde mit Subventionen des Kriegsministeriums die Entwicklung eines Dampfkraftwagens aufgenommen. Die Entwicklungsarbeiten am Dampfkraftwagen, für den sich Rasmussen das Warenzeichen DKW sicherte, verliefen jedoch erfolglos und wurden 1921 endgültig eingestellt.
Rasmussen stellte nach Kriegsende aber dennoch nicht wieder auf das Vorkriegsprogramm um, sondern verblieb beim Fahrzeug- und Motorenbau. Ende 1918 sicherte er sich die Dienste und Patente des Markranstädter Ingenieurs Hugo Ruppe. Dessen schlitzgesteuerte Zweitaktmotoren, ursprünglich als Spielzeugmotoren gedacht, wurden nunmehr als Fahrrad-Hilfsmotoren zum "Verkaufsschlager". Rasmussen setzte nun vollends auf den Fahrzeug- und Zweitaktmotorenbau und nahm 1921 unter dem Warenzeichen DKW die Fertigung kompletter Motorräder auf. Die vom Oberingenieur Hermann Weber entwickelten Zweitakt-Leichtmotorräder konnten aufgrund niedriger Verkaufspreise, erster Ratenfinanzierungsmodelle, Steuerbegünstigungen und werbewirksamer Rennerfolge "reißend" abgesetzt werden. Im Februar 1924 lief bereits das 50.000te DKW-Motorrad vom Band. DKW stieg zum Weltmarktführer im Motorradbereich auf.
Mit der Übernahme der Slaby-Beringer Automobilgesellschaft mbH (Berlin) wurde 1924 schrittweise auch die Automobilproduktion aufgenommen. In Kooperation mit der AEG - Allgemeine Elektricitätsgesellschaft AG (Berlin) fabrizierte das nunmehrige Zweigwerk Berlin Kleinwagen, Droschken und Lieferwagen mit Elektroantrieb. Die eher erfolglosen Bemühungen im Bereich der Elektrofahrzeuge wurden 1927 allerdings wieder eingestellt. An ihrer Stelle fertigte das nunmehr nach Spandau verlegte Zweigwerk ab 1928 komplette Kleinwagen mit vom Zschopauer Stammwerk gelieferten Zweizylinder-, ab 1930 dann Vierzylinder-Zweitaktmotoren. Im Frühjahr 1931 folgte die bereits im Zusammenhang der Audi AG erwähnte Produktionsaufnahme beim Zweizylinder-Frontantriebswagen. Das DKW-Automobilprogramm zielte schon ein halbes Jahrzehnt vor Ferdinand Porsche und der Umsetzung des "Volkswagen-Programms" im Dritten Reich auf die Motorisierung breiter Schichten durch einen billigen, intern als "Volkswagen" titulierten, Kleinwagen ab. Dieser Konzeption waren durchaus Erfolge beschieden. 1932, gerade vier Jahre nach der Fertigungsaufnahme bei kompletten Automobilen und erst ein Jahr nach der Markteinführung des Frontwagens, rückte DKW bei den Inlandszulassungen mit rund 9,6 Prozent Marktanteil hinter Opel, Mercedes und Adler bereits auf den vierten Platz vor. Die sächsischen Traditionsmarken Audi, Horch und Wanderer ließ DKW damit deutlich hinter sich. Für ihre Luxus- und Mittelklassewagen wies die Zulassungsstatistik 1932 einen Anteil von zusammengenommen nur 6,9 Prozent aus, freilich bei wesentlich höheren Stückpreisen.
Der Aufstieg der mittelständischen Maschinenfabrik zu einem führenden deutschen Kraftfahrzeughersteller mit zahlreichen Tochtergesellschaften und mehreren tausend Beschäftigten verlief nicht reibungslos. Er war mit erheblichen Zäsuren der Unternehmensstruktur und einer bedenklichen Zuspitzung der Finanzlage verbunden.
Nach Kriegsende löste Rasmussen zunächst die Verbindung der Zschopauer Maschinenfabrik J. S. Rasmussen zur früheren Rasmussen & Ernst GmbH. Das Unternehmen wurde nunmehr in Alleininhaberschaft Rasmussens in der Rechtsform einer Offenen Handelsgesellschaft mit Sitz in Zschopau geführt und firmierte seit 1919 unter dem neuen Firmennamen ZSCHOPAUER MOTORENWERKE J. S. RASMUSSEN. Vier Jahre später, am 22. Dezember 1923, folgte eine neuerliche Umwandlung der Unternehmensform. An die Stelle der OHG trat die Kapitalgesellschaft ZSCHOPAUER MOTORENWERKE J. S. RASMUSSEN AG. Rasmussen zielte hierbei auf die Verringerung seines durch den Unternehmensausbau erhöhten Inhaberhaftungsrisikos ab, und mutmaßlich auch auf verstärkten Kapitalzufluß. Seine Leitungskompetenzen wurden durch die Kapitalumwandlung kaum eingeschränkt. Die handelsrechtlichen Vorgaben zur Leitung und Beaufsichtigung von Aktiengesellschaften, d. h. im Kern die Bestellung eines rechenschaftspflichtigen Vorstands durch einen wiederum von der Generalversammlung der Kapitaleigner erwählten Aufsichtsrat, wurden pro forma umgesetzt, entfalteten einstweilen aber keine regulative Wirkung. Rasmussen fungierte im Unternehmensvorstand zwar nur als eines von vier Mitgliedern. Er hielt jedoch 99,9 Prozent des im Zuge der Währungsreform von zweihundertfünfzig Millionen auf eine Million Reichsmark herabgesetzten Gesellschaftskapitals. Hinzu kamen mit jeweiligen Minimalbeteiligungen von 100 Mark seine Vertrauten Carl Friedrich Bachmann und Moritz Richter sowie seine Ehefrau Therese Rasmussen, die unter Vorsitz der Therese Rasmussen zugleich den Aufsichtsrat bildeten. Rasmussen vereinte über diese Konstruktion Generalversammlung, Aufsichtsrat und Vorstand de facto in seiner Person - und etwaigen Widerständen aus dem Kreis der Vorstandskollegen konnte umgehend durch Abberufung abgeholfen werden. Auch die Entsendung von zwei Betriebsratdelegierten in den Aufsichtsrat nach der Neufassung der Firmenstatuten vom Januar 1925 stellte seine unumschränkte Leitungskompetenz nicht infrage. Der Aufsichtsratsvorsitz verblieb bei Therese Rasmussen. Damit war eine statutenkonforme Genehmigung von Rechtsgeschäften und Vermögenseingriffen ohne Einbeziehung Dritter gewährleistet. Der Aufsichtsrat trat über die konstituierenden Sitzungen aus Anlaß der Generalversammlungen hinaus bis 1929 nicht weiter in Erscheinung. Seiner handelsgesetzlichen Kontrollfunktion konnte er nur bei veränderten Kapitalverhältnissen gerecht werden, also einer Neubesetzung aufgrund veränderter Mehrheitsverhältnisse in der Generalversammlung.
Diese Situation trat 1929 ein. Stets auf Expansion und Nachvollzug modernster Fertigungsverfahren bedacht, hatte Rasmussen die Finanzen seines Unternehmens seit der Mitte der 1920er Jahre überstrapaziert.
Von 1924-1929 investierte er rund 9,5 Millionen Mark in neue Fertigungsanlagen. Hinzu kamen noch beträchtliche Summen für den Konzernausbau. Schon die Umstellung auf die Stationärmotoren- und Motorradproduktion nach Kriegsende zog den Ausbau zur Konzerngesellschaft bzw. die Gründung oder Übernahme von Zulieferbetrieben nach sich. 1919 gründete Rasmussen zusammen mit Theodor Ruppe die ROTA-WERKE GMBH, ZSCHOPAU, die fortan Rotationsschwungrad-Zündanlagen für die Zweitaktmotorenfertigung des Stammwerks produzierte. 1922 folgte die Übernahme der nunmehrigen METALLWERKE ZÖBLITZ AG, die das Stammwerk mit Dreh- und Fassonteilen, Schrauben und Armaturen für das Motorradprogramm versorgte. In ihrem Zweigwerk Marienberg nahm sie hierneben 1924 noch die Fertigung von Radnaben und Bremsen für DKW-Motorräder auf. Weiter übernahm Rasmussen 1923 gemeinsam mit Richard Blau und Paul Figura eine vormalige Sattelfabrik in Frankenberg, die als nunmehrige METALLWERKE FRANKENBERG GMBH Zulieferteile für das Motorradprogramm fertigte, insbesondere Vergaser, Sättel und Gepäcktaschen. Ab 1926 stellte sie auch Dreirad-Lieferwagen mit DKW-Motoren her. 1925 folgte die Gründung der ELCAMO-MOTOR-AGGREGATEBAU GMBH, ERFENSCHLAG, die unter Verwendung von DKW- und Rickenbacker-Motoren Stromaggregate, Bootsmotoren, Wasserpumpen und Feuerspritzen fertigte.
In der zweiten Hälfte der 1920er Jahre intensivierte Rasmussen den Konzernausbau. Mit der PROMETHEUS MASCHINENFABRIK GMBH, BERLIN (1926; Getriebe-, Lenkungs- und Hinterachsenfertigung), der ALUMINIUM-GIEßEREI ANNABERG (1927; Gußteile für die Kolben-, Motoren- und Getriebegehäusefertigung) sowie der LUMA-WERKE FRIEDRICH MÜNZ, STUTTGART (1930; Dynastartanlagen für DKW-Motorräder und -Frontwagen) rundete er die Neugründung von Zulieferbetrieben für das Motorradprogramm und den aufgenommenen Automobilbau ab.
Die Expansionsbestrebungen verlagerten sich nun zunehmend auf kostspielige Übernahmen angeschlagener Unternehmen.
Bereits 1924 wurde die SLABY-BERINGER AUTOMOBILGESELLSCHAFT MBH, BERLIN übernommen, ein bankrotter Kleinstwagenhersteller. Sie wurde nach Einstellung der erfolglosen Elektrofahrzeugfertigung 1927 in angemietete Fabrikräume der Deutsche Werke AG nach Berlin-Spandau verlegt und hier zum Werk Spandau ausgebaut. Dieses diente fortan als Produktionsstätte für die heckangetriebenen DKW-Vierzylinderwagen sowie als Karosserielieferant für das Frontwagenprogramm. 1931 wurde der Pachtkauf des Spandauer Werksgelände in die Wege geleitet und dieses hiernach von der Auto Union AG noch beständig ausgebaut. Der Slaby-Beringer-Übernahme waren also zumindest mittelfristig Erfolge beschieden.
Weniger erfolgreich gestalteten sich die Folgeengagements der Jahre 1926-1928. 1926 erwarb Rasmussen für rund 610.000 Mark die MOLL-WERKE, SCHARFENSTEIN, die er mit einem Investitionsaufwand von rund 2,5 Millionen Mark bis 1929 beträchbeträchtlich ausbaute. Das nunmehrige Zweigwerk Scharfenstein diente zunächst der Fertigung von Zulieferteilen für das Motorradprogramm, insbesondere von Stanz- und Preßteilen, Kotflügeln, Nummernschildern, Tanks und Rahmen. 1927/28 wurde das Fertigungsprogramm dann auf den Kühlanlagenbau und die Lizenzfertigung von Sechs- und Achtzylindermotoren nach Rickenbacker-Lizenz (für Audi) ausgedehnt und 1930 mit der Lizenzfertigung von Junkers-Gegenkolben-Dieselmotoren weiter diversifiziert. Die massiven Investionen zahlten sich jedoch nicht aus. Infolge chronischer Rentabilitätsprobleme wurde das Werk 1931 von der Zschopauer Motorenwerke J. S. Rasmussen AG abgetrennt und zur DEUTSCHEN KÜHL- UND KRAFT-MASCHINEN GMBH, SCHAR-FENSTEIN verselbständigt. Von den 3,1 Millionen Mark für den Erwerb und Ausbau verblieb eine Nominalwert-Beteiligung von 1,51 Millionen Mark an einer anhaltend defizitären Tochterfirma.
Im Juni 1928 übernahm Rasmussen dann die SCHÜTTHOF-WERKE AG, CHEMNITZ. Der Chemnitzer Motorradproduzent sollte im Lizenzverfahren großvolumigere Motorräder mit DKW-Zweitaktmotoren fertigen. Bei der kostspieligen Übernahme wurde das Ausmaß der finanziellen Zerrüttung völlig falsch eingeschätzt. Die Schütthoff AG mußte 1930 um den Preis erheblicher gerichtlicher Verwicklungen und Entschädigungszahlungen liquidiert werden.
Dem Schütthoff-Engagement folgte im August 1928 der Einstieg bei der NEST-LER & BREITFELD AG, ERLA mit ihren Zweigwerken in Wittigsthal und Brei-tenbach, der Rasmussen rund 400.000 Mark kostete. Nach anfänglicher Geschäftsbelebung schrieb das hoch verschuldete Unternehmen, das Grauguß- und Gesenkschmiedeteile, später auch Kleinflugzeuge mit DKW-Motoren fertigte, infolge der Weltwirtschaftskrise wieder "tiefrote Zahlen". Das Geschäftsjahr 1930 erbrachte Verluste von rund 396.000 Mark, die nur durch Kapitalherabsetzung ausgeglichen werden konnten. Die DKW-Anteile wurden hierbei auf 90.000 Mark herabgestuft.
Abgerundet wurde der Konzernausbau schließlich 1928/29 noch mit der bereits angesprochenen Audi-Übernahme. Ihr war, wenngleich das eigentliche Übernahmeziel verfehlt wurde, zumindest mittelfristig Erfolg beschieden. Zunächst einmal belasteten aber Übernahmekosten von rund 2,45 Millionen Mark die Konzernbilanzen.
Der Rasmussen-Konzern verbuchte infolge seiner attraktiven Typenprogramme bis 1929 beständig Umsatzzuwächse und baute seine Marktanteile selbst während der Weltwirtschaftskrise noch erheblich aus. Umsatzsteigerungen und anhaltende bilanztechnische Reingewinne täuschten jedoch über die tatsächlich äußerst angespannte Finanzlage des Konzerns hinweg. Unter den Aktiva firmierten in Millionenhöhe kaum realisierbare Anlagenwerte oder auch Beteiligungen an Bankrottunternehmen wie der Schütthoff AG. Auf der anderen Seite hatte sich die Schuldenlast des Konzerns 1924-1928 von 1,75 auf 19,4 Millionen Mark erhöht. Die kurzfristigen Verbindlichkeiten, also Winterkredite, Anzahlungen, Warenschulden und Akzepte, summierten sich 1928 auf 18,715 Millionen Mark, die liquiden Mittel gerade auf 7,595 Millionen Mark. Schon vor Ausbruch der Weltwirtschaftskrise im Jahre 1929 war die Zschopauer Motorenwerke J. S. Rasmussen AG also de facto illiquid.
Durch die Kapitalerhöhung auf 10 Millionen Mark vom November 1929 und zeit-gleiche Umwandlung kurzfristiger Schulden in Festdarlehen konnten die kurzfristigen Verbindlichkeiten bis 1930 auf 6,5 Millionen Mark zurückgeführt werden, es standen dem aber auch nur noch liquide Mittel von rund 3,25 Millionen Mark entgegen. Der Konzern, 1930 trotz massiver "Bilanzkosmetik" erstmals auf Konzernebene in die Verlustzone abgeglitten, litt unter anhaltendem Schuldendruck und Liquiditätsengpässen. Durch kreditfinanzierte Werksmodernisierung und Expansion war der Konzern den finanziellen Potenzen seines Gründers entwachsen. Die Weichen für eine grundlegende Sanierung waren allerdings bereits gestellt worden. Die Aktienmehrheit verblieb durch die Gratisübernahme eines 5 Millionen-Anteils auch nach der Kapitalerhöhung von 1929 noch bei Rasmussen. Sein Hauptgläubiger, die Sächsische Staatsbank Chemnitz, erwarb jedoch durch Umwandlung von Forderungen immerhin 40 Prozent des Stammkapitals und stellte in Person ihres Direktors, Dr. Alfred Bleicher, fortan den Aufsichtsratsvorsitzenden. Als Interessenvertreter der Staatsbank trat hierneben der Bankfachmann Dr. Richard Bruhn zunächst als Aufsichtsratsdelegierter, dann als ordentliches Mitglied dem Unternehmensvorstand bei. Zugleich wurden die Firmenstatuten einer Revision unterzogen und die Stellung der Generalversammlung und des Aufsichtsrats erheblich gestärkt. Die Sächsische Staatsbank Chemnitz nahm nunmehr über den Bereich der Kreditpolitik hinaus massiven Einfluß auf die Unternehmensleitlinien, Beteiligungsverhältnisse, Personalentscheidungen und selbst das Produktionsprogramm.
1.1.4. Wanderer-Werke AG, Schönau
Das vierte bedeutende sächsische Automobilunternehmen, die WANDERER-WERKE AG, VORM. WINKLHOFER & JAENICKE, SCHÖNAU, entstammte wie der Rasmussen-Konzern nicht genuin der Automobilbranche. Der Automobilbau, obgleich hier seinerseits seit 1911 tradiert, ergänzte bei Wanderer nur ältere Produktionen wie den Fahrrad-, Motorad-, Werk- und Büromaschinenbau. Die im Februar 1885 von Johann Baptist Winklhofer und Adolf Jaenicke gegründete CHEMNITZER VELOCIPED-DEPOT WINKLHOFER & JAENICKE bzw. seit 1887 CHEMNITZER VELOCIPED-FABRIK WINKLHOFER & JAENICKE produzierte seit 1886 unter dem Markenzeichen Wanderer zunächst Hoch-, ab 1888 dann Fahrräder. Zur Überbrückung der saisonalen Schwankungen im Fahrradgeschäft wurde das Produktionsprogramm 1890 auf den Werkmaschinenbau ausgedehnt. Vor dem Hintergrund beständiger Absatzgewinne und beengter Produktionsräume erwarben Winklhofer und Jaenicke 1895 ein neues Werksareal in der Chemnitzer Vorortgemeinde Schönau und wandelten ihr Unternehmen im Folgejahr mit Unterstützung der DRESDNER BANK AG in die Aktiengesellschaft WANDERER-FAHRRADWERKE AG, VORM. WINKLHOFER & JAENICKE, SCHÖNAU um. Die folgenden zwei Jahrzehnte bis zum Ersten Weltkrieg standen im Zeichen beständiger Produktionsausweitungen und forcierten Unternehmensausbaus. 1898 nahm Wanderer die Serienproduktion von Fräsmaschinen auf, 1902 folgte der Motorradbau, 1903 die Aufnahme der Schreibmaschinenproduktion und 1904/05 auch die Entwicklung eines ersten Wanderer-Automobils, eines Zweizylinder-Viertakt-Kleinwagens mit 12 PS und 1,8 Liter Hubraum. Von einer Serienproduktion wurde aber einstweilen Abstand genommen. Wanderer konzentrierte sich auf die absatzträchtigeren Fräsmaschinen-, Schreibmaschinen und Motorradsparten. Von 1896 bis in das letzte Vorkriegsjahr 1913 konnte Wanderer, inzwischen in WANDERER-WERKE AG, VORM. WINKLHOFER & JAENICKE, SCHÖNAU umbenannt, seine Bilanzsumme um 620 Prozent von rund 1,5 auf 9,3 Millionen Mark steigern. Die jährlichen Reingewinne summierten sich ungeachtet massiver Investitionen in den Werksausbau mittlerweile in Millionenhöhe und das Gesellschaftskapital belief sich nach drei Kapitalerhöhungen schon auf 3,5 Millionen Mark. Hauptaktionäre waren allerdings nicht mehr die beiden Firmengründer, die sich 1897 bzw. 1902 aus dem laufenden Geschäft zurückzogen und in den Aufsichtsrat wechselten, sondern die Dresdner Bank AG.
Angesichts des "boomenden" Motorradgeschäfts wagte Wanderer dann 1911/12 den Einstieg in den Automobilbau. Anders als die sächsischen Konkurrenten Horch und Audi setzte man dabei von Anbeginn auf billige Kleinwagen bzw. eine Ausdehnung der Automobilkundschaft auf die bürgerliche Mittelschichten. Seit 1911 arbeitete man an der Entwicklung eines Vierzylinder-Kleinwagen mit 1,2-Liter-Motor und 12 PS Leistung. Die Serienfertigung des Typs W-3 bzw. soge-nannten Wanderer-Püppchens wurde im Frühjahr 1913 aufgenommen und zeitigte - insbesondere auch im Exportgeschäft - umgehend Absatzerfolge. Der Einbruch des Exportmarkts durch den Ersten Weltkrieg konnte nach anfänglichen Umstellungsschwierigkeiten durch Heereslieferungen, insbesondere aber auch gesteigerte Rüstungsproduktionen der Motorrad- und der Maschinenbausparten mehr als kompensiert werden. Der Vorkriegs-W-3 wurde 1913/14 immerhin in einer Stück-zahl von 500 Fahrzeugen abgesetzt, seine nachfolgende 15-PS-Version 1915-1921 gar in einer Stückzahl von 3100 Fahrzeugen. In den Geschäftsjahren 1913/14-1917/18 verdreifachte sich die Bilanzsumme der Wanderer-Werke AG von 9,265 auf 27,062 Millionen Mark und verdoppelten sich Dividende und Superdividende von 12 auf 25 Prozent. Die jährlichen Reingewinne erhöhten sich von 1,371 bis 1916/17 auf 4,970 Millionen Mark, halbierten sich 1917/18 allerdings u. a. durch den Ankauf des weitläufigen Siegmarer Werksgeländes und verstärkte Maschi-neninvestionen auf 2,518 Millionen Mark. Hierneben wurden auch das Gesell-schaftskapital 1916 auf 5,25 Millionen Mark aufgestockt sowie über 7 Millionen Mark auf Reserve- und Rücklagekonten angelegt - und für immerhin 14,2 Millio-nen Mark zeichnete Wanderer 1914/1918 Kriegsanleihen.
Die seit längerem vorbereitete Wiederaufnahme der Friedensproduktion verlief aller Klagen über lähmende Streiks und Materialverknappung zum Trotz relativ reibungslos. Umsatz und Reingewinn erhöhten sich 1918/19 auf 27,1 bzw. 3,7 Millionen Mark. Die Kriegsgewinnsteuerrücklage konnte auf 6,5 Millionen Mark aufgestockt werden und die Dividende und Superdividende beliefen sich auf immerhin 20 Prozent. Die Bilanzwerte zu den Geschäftsjahren 1919/20-1922/23 sind aufgrund der fortschreitenden Inflation kaum noch aussagekräftig. Die Geschäftsberichte vermerken jedoch durchweg zufriedenstellende Geschäftsverläufe, hohe Produktionsauslastungen und Fortschritte beim Ausbau des Schönauer und neuen Siegmarer Werks. Zur Entwicklung des Wanderer-Automobilbaus liegen dabei nur vereinzelte Daten vor. Nach der oben bereits erwähnten Wanderer-Produktionsstatistik wurden 1920-1923 175 Exemplare des 18 PS-Wagens W-6 sowie 1920-1927 5.500 Exemplare des 15- bzw. 20-PS-Typs W-8 produziert.
Für die Zeit von der Währungsreform bis zur Weltwirtschaftskrise von 1929 wei-sen die Geschäftsberichte einen zunächst positiven Geschäftsverlauf aus, der ab der Wirtschaftskrise von 1926 dann aber insbesondere im Automobil- und Motorradbereich umschlug. Der Wanderer-Automobilbau, 1926/27 in den nunmehr fertiggestellten Siegmarer Erweiterungsbau verlegt und mit hohem Investitionsaufwand auf die Fließbandfertigung umgestellt , verlagerte sich seit Mitte der 1920er Jahre zunehmend auf PS-stärkere und teurere Mittelklassewagen . Die Produktionsziffern nahmen sich im Vergleich zu Luxuswagenherstellern wie Horch und Audi zwar "märchenhaft" aus - vom W-9 wurden 1925/1926 500, vom W-10 1926-1929 8000, vom W-11 1928-1931 4800 und vom W-10/4 1930/31 3400 Fahrzeuge produziert - aber selbst diese hohen Stückzahlen deckten nicht die Investitions- und Fertigungskosten. Den Geschäftsbericht für 1927/28 leiteten die Vorstände Georg Daut, Richard Stuhlmacher und Klaus-Detlof von Oertzen mit den lakonischen Worten ein: "In unser 33. Geschäftsjahr sind wir [...] mit keinen allzu großen Hoffnungen eingetreten. Wir sahen voraus, daß besonders in Automobilen uns ein schwerer Konkurrenzkampf bevorstehen würde und die eingetretenen Ereignisse haben diese Annahme leider durchaus bestätigt." Die am Berichtsende ausgesprochen Hoffnung auf einen befriedigenderen Automobilab-satz 1928/29 mußte im Folgebericht revidiert werden: "Insbesondere ist unsere Hoffnung auf einen größeren Absatz im Autogeschäft [...] nicht in dem Maße in Erfüllung gegangen, wie dies im Interesse der Rentabilität dieser Abteilung bei den vorgenommenen großen Investierungen notwendig ist. [...]. Durch diese Ab-satzstockung, die sich besonders ungünstig in der zweiten Hälfte des Geschäftsjahres bemerkbar gemacht hat, haben sich Vorräte angesammelt. Ferner war die Folge eine Einschränkung im Automobilbau, die von Mitte Juli bis gegen Ende des Geschäftsjahres, d. i. der 30. September 1929, anhielt und dem Gesamtunter-nehmen erhebliche Unkosten verursacht hat ". Schon vor Ausbruch der Weltwirt-schaftskrise entwickelte sich der Automobilbau also zunehmend zum "Kostgänger" der übrigen Unternehmenssparten - wobei allerdings der Motorradbau ausge-nommen werden muß. In diesem Bereich beklagte man bereits seit Mitte der 1920er Jahre verschiedentlich Absatzeinbußen und Verluste.
Das Unternehmen reagierte auf die Verluste mit forcierten kaufmännischen und technischen Rationalisierungsmaßnahmen. Der Motorradbau wurde Mitte 1929 eingestellt. Die Fertigungsanlagen und Lizenzen für das 500er-Modell veräußerte Wanderer an die WAFFENWERKE F. JANACEK AG, PRAG, die es unter dem Markenzeichen Jawa (Janacek/Wanderer) fortproduzierte. Die Fertigungsanlagen für die kleineren Wanderer-Motorräder erwarb die NSU - VEREINIGTE FAHR-ZEUGWERKE AG, NECKARSULM, die ihre Produktion unter dem Markenna-men NSU-Wanderer gleichfalls fortführte. Im Automobilbau reagierte man über Rationalisierungsmaßnahmen hinaus auch mit der Aufnahme der W-10/4-Fertigung, d. h. der Wiederhereinnahme eines billigeren und leistungsschwächeren Fahrzeugs in das Typenprogramm. Insgesamt verfehlten diese Maßnahmen nicht ihre Wirkung. Im Geschäftsjahr 1929/30 konnten die Verbindlichkeiten des Un-ternehmens bedeutend gesenkt, ein kleiner Gewinn ausgewiesen und auch wieder Dividenden ausgezahlt werden. Aller widrigen Konjunktureinflüsse zum Trotz behauptete man auch in allen Produktionssparten das Umsatzniveau - allerdings mit einer Ausnahme: dem Automobilbau.
Die Konsequenzen legte der Vorstand den Aktionären in seinem Geschäftsbericht für 1930/31 zur Hauptversammlung vom 29. Juni 1932 nahe - wobei die zum fünften Tagesordnungspunkt geforderte Zustimmung aufgrund der Beteiligungsverhältnisse nur noch eine reine Formsache war: "Als im Herbst des Berichtsjahres die Anregung an uns erging, unsere Automobilinteressen in eine Gesellschaft einzubringen, an welcher sich die Zschopauer Motorenwerke J. S. Rasmussen AG in Zschopau, die Horchwerke AG in Zwickau und die Audiwerke AG in Zwickau beteiligen sollten, haben wir auf Grund reiflichster Überlegungen zugestimmt. Wir sehen nur eine Möglichkeit, daß sich die deutsche Automobilindustrie behauptet, wenn sich unter Beibehaltung ihrer in der Welt anerkannten Fabrikmarken diejenigen Automobilunternehmungen zusammenschließen, die sich in ihrem Fabrikationsprogramm und damit im Verkauf ergänzen bzw. ihr Fabrikationsprogramm organisch zweckmäßig gestalten können. Diese Voraussetzung ist bei einer Zu-sammenfassung der Automobilinteressen der genannten Werke gegeben. Vom Motorrad über den kleinen und mittleren bis zum großen und schwersten Wagen sind durch diese Betriebe alle Absatzmöglichkeiten geschaffen. [...]
1.1. Die Vorgängerunternehmen (1899 – 1931)
Innovationsbereitschaft und vielfältige Konstruktionsfortschritte verhalfen der deutschen Automobilindustrie in ihren "Pionierjahren" vom ausgehenden 19. Jahrhundert bis zum Ersten Weltkrieg zu einer führenden Stellung im internationalen Automobilbau. In der Prosperitätsphase vom Jahrhundertwechsel bis zum Weltkrieg verzeichnete sie ungeachtet aller steuergesetzlichen und infrastrukturellen Hemmnisse beständig Absatzzuwächse und dutzendweise Firmenneugründungen. Ihr Rückgrat bildeten zunächst Gründerfirmen fortschrittsbegeisterter Konstrukteure. Die Wachstumsraten im Automobilbau verleiteten aber zunehmend auch etablierte Unternehmen der Maschinenbaubranche zur Einrichtung eigener Automobilabteilungen. Die bunte Vielfalt meist mittelständischer Automobilbauer brachte reichhaltige Typenprogramme hervor. Die Innovationen beschränkten sich aber weitgehend auf die Konstruktionsebene. Bei den Produktionsverfahren verharrten die kapitalschwachen Kleinbetriebe auf einem "frühindustriell-handwerklichen" Standard. Unter weitgehender Selbstherstellung ungenormter Zubehörteile wurden in Kleinserie komplette Automobile auf Bestellung von der handwerklich ausgebildeten Facharbeiterschaft im Werkstattsystem einzelgefertigt. Die Produktivität war daher gering und hohe Stückkosten zogen - noch verschärft durch die rigide Kraftfahrzeugsteuergesetzgebung - Verkaufspreise nach sich, die einen Durchbruch zum Massenverkehrsmittel ausschlossen. Das Automobil war einstweilig ein exquisites Luxusgut, dessen Absatz sich auf die vermögendere Mittel- und insbesondere Oberschicht beschränkte.
Nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs lenkten die deutschen Automobilunternehmen ihre Produktion und Entwicklung auf Heereskraftfahrzeuge und Flugmotoren um. Sie erwirtschafteten noch gesteigerte Gewinne, verloren aber im zivilen Kraftfahrzeugbau nunmehr auch technisch den internationalen Anschluß. Nach Kriegsende knüpfte man mit wenigen Ausnahmen nahtlos wieder an die Vorkriegsprogramme an und entsagte, vorerst noch durch "Zollmauern"; vor ausländischer Konkurrenz geschützt, einem Strukturwandel. Sowohl auf dem Binnen- als auch Exportmarkt hatten sich die Verhältnisse freilich grundlegend verändert. Der Inlandsabsatz litt im Zeichen von Revolution, Währungsverfall, hinfällig gewordener Kriegsanleihen usw. unter einer merklichen Ausdünnung der traditionellen Käuferschichten für das Luxusgut Automobil. Auf dem Exportmarkt sah man sich der zwischenzeitlich zur kostengünstigeren Großserienproduktion übergegangenen US-Konkurrenz gegenüber. Technische Innovationen bei den Typenprogrammen und insbesondere inflationsbedingte Währungs- und Lohnkostenvorteile verdeckten aber einstweilen noch die Strukturprobleme der deutschen Automobilwirtschaft und zeitigten sogar einen Exportboom. Die Währungsreform von 1923/24 setzte dieser "Scheinblüte" dann ein jähes Ende. Die zuvor durch Währungs- und Lohnkostenvorteile kaschierten hohen Stückkosten bei der Kleinserienproduktion mußten nun voll in den Verkaufspreisen realisiert werden. Der Exportabsatz brach schlagartig ein; auch auf dem Inlandsmarkt verzeichneten die trotz hoher Schutzzölle noch billigeren Importwagen erhebliche Anteilsgewinne. Die deutschen Automobilbauer bemühten sich zur Überwindung der Absatzkrise 1924/28 verstärkt um den Nachvollzug amerikanischer Produktionsverfahren. Reihen- und Fließbandfertigung lösten das Werkstattprinzip ab. Die Eigenfertigung verengte sich auf Grundkomponenten wie Chassis und Motor. Funktions- und Zubehörteile wurden bei diversen Zuliefererunternehmen eingekauft und lediglich noch montiert. Die Modernisierung barg aber auch erhebliche Risiken. Der hohe Kostenaufwand überstieg die Eigenfinanzierungskräfte der mittelständischen Unternehmen. Die Rationalisierung mußte, sofern man Automobilproduktion nicht einstellte oder auf weniger umkämpfte Marktsegmente im Spezialfahrzeugbau umstellte, kreditfinanziert werden. Die Branche geriet zunehmend in die Abhängigkeit der Banken. Insbesondere zeigte sich, daß kostspielige Kapazitätsausweitung keineswegs entsprechende Absatzzuwächse garantierte. Die Voraussetzungen für eine Massenmotorisierung waren in Deutschland denkbar ungünstig. Die Verkehrspolitik setzte auf die Eisenbahn. Das Fernstras-sennetz war unterentwickelt und Kraftfahrzeuge wurden als "Reichleutespielzeug" rigide besteuert. Und wichtiger noch: Die Massenkaufkraft blieb infolge von Kriegsanleihe- und Inflationsverlusten sowie gehäufter Konjunktureinbrüche defizitär, die Automobilkundschaft beschränkte sich weiterhin auf schmale Großbürgerschichten.
Die kostspielige Rationalisierung war unbestritten eine Grundvoraussetzung für erhöhte Konkurrenzfähigkeit auf dem In- und Auslandsmarkt. Unter den gegebenen Marktverhältnissen konnten die Kostenvorteile der anvisierten Großserienproduktion aber nicht realisiert werden. Mit wenigen Ausnahmen, insbesondere der Adam Opel AG und DKW, richtete die deutsche Automobilindustrie ihre Typenprogramme Ende der 1920er Jahre noch verstärkt auf den für ausländische Massenproduzenten weniger lukrativen Bereich der gehobenen Mittelklasse- und Luxuswagen aus. In diesen Marktsegmenten entwickelte sich ein von Preisnachlässen und ständig diversifizierten Typenprogrammen gekennzeichneter Verdrängungswettbewerb der inländischen Hersteller, der unter dem Einfluß der Weltwirtschaftskrise bzw. noch forcierter Marktenge alsbald ruinöse Züge annahm. Zur Rettung ihrer Investitions- und Überbrückungskredite drängten die Banken im Einklang mit dem Reichswirtschaftsministerium auf eine Neuordnung in der deutschen Automobilindustrie. Durch Preisübereinkommen und konkurrenzeindämmende Unternehmensfusionen nach dem Beispiel der Daimler-Benz AG von 1926 sollte die Automobilindustrie auf eine profitablere Grundlage gestellt werden.
Diese Grundmuster von Aufstieg und Krise des jungen Industriezweiges spiegeln sich nahezu idealtypisch auch in den Unternehmensgeschichten der vier wichtigsten sächsischen Automobilbauer des ersten Jahrhundertdrittels wider, der 1932 zur AUTO UNION AG, CHEMNITZ vereinten Horchwerke AG, Audi-Automobilwerke AG, Zschopauer Motorenwerke J. S. Rasmussen AG und Automobilabteilung der Wanderer-Werke AG.
1.1.1. Horchwerke AG, Zwickau
Das renommierteste sächsische Automobilunternehmen zu Ausgang der 1920er Jahre war die Horchwerke AG. Die Automobilbau-Tradition des Zwickauer "Nobelkarossenherstellers" reichte bis 1899 zurück. Im November dieses Jahres gründete August Horch, zuvor Konstrukteur und Betriebsleiter beim Mannheimer Pionierunternehmen Benz & Cie., mit Unterstützung des Kölner Tuchhändlers Salli Herz die HORCH & CIE., KÖLN-EHRENFELD. Ursprünglich ein Reparaturbetrieb für Benz-Automobile, verlagerte sich der Schwerpunkt über die Motoren-, Getriebe- und Fahrgestellentwicklung alsbald auf die Fertigung kompletter Automobile. Im Januar 1901 wurde das erste eigene Modell auf den Markt gebracht, ein offener Wagen mit stoßfreiem Zweizylindermotor. Im August des Jahres war bereits ein zweites Modell technisch ausgereift, das infolge der unzureichenden Kapitaldecke des Kleinbetriebs aber zunächst nicht fabriziert werden konnte.
Bei der Suche nach neuen Kapitalgebern stieß Horch auf den Plauener Fabrikanten Moritz Bauer. Dieser stieg im Frühjahr 1902 anstelle Herz'ens als Teilhaber ein und regte die Verlegung der nunmehrigen AUGUST HORCH & CIE., MOTOR- UND MOTORWAGENBAU in ein angepachtetes Spinnereigebäude nach Reichenbach im Vogtland an. Die rege Konstruktionstätigkeit, u. a. wurden die Getriebezahnräder auf haltbareren Chromnickelstahl umgestellt, Kugellager für die Achsenfederung eingeführt und ein Vierzylindermodell mit hängenden Ansaugventilen zur Serienreife gebracht, zeitigte Prestigeerfolge bei den zeitgenössischen Automobilausstellungen und steigende Absatzzahlen. Die Produktivität des Reichenbacher Manufakturbetriebs war jedoch völlig unzureichend. Der steigenden Nachfrage konnte bei gerade einmal 18 fertiggestellten Automobilen (1903) nicht entsprochen werden. Die schmale Kapitaldecke ließ aber wiederum einen Ausbau nicht zu.
Horch erwog die Umwandlung seines Unternehmens in eine Aktiengesellschaft und stieß hierbei auf das Interesse finanzkräftiger Kapitalgeber aus der Zwickauer Unternehmerschaft, u. a. Paul Fikentscher, Dr. Rudolf Stöss, Emil Freytag, Gustav Melzer und Willibald Hertel. Mit ihrer Unterstützung erwarb er eine leerstehende Spinnerei an der Crimmitschauer Straße in Zwickau und gründete am 16. Mai 1904 die A. HORCH & CIE, MOTORWAGENWERKE AG IN ZWICKAU/SACHSEN. Schon im Gründungsjahrfünft etablierte sich das Unternehmen durch vielfältige Konstruktionsfortschritte, Rennerfolge bei den aufkommenden internationalen Zuverlässigkeitsfahrten und prestigeträchtige Kunden aus dem Kreise der Fürstenhäuser unter den führenden deutschen Automobilherstellern. Der Absatz versechsfachte sich 1904 bis 1909 von jährlich 30 auf 175 Fahrzeuge. Das Werk wurde erheblich ausgebaut und beschäftigte nun mehrere hundert Arbeiter und Angestellte. Allein zwischen 1906 und 1909 verdoppelte sich die Bilanzsumme – bei einem Gesellschaftskapital von 700.000 Mark - von 1,156 auf 2,277 Milionen Mark.
Der Aufschwung erfüllte dennoch nicht die Erwartungen der Kapitaleigner. Horch war auf technische Fortschritte fixiert und pflegte einen patriarchalischen, mitunter voluntaristischen Führungsstil. Der Automobilbau fußte in seiner "Pionierzeit" auf handwerklicher Präzisionsarbeit der aufwendig ausgebildeten Facharbeiterschaft. Dennoch entschied sich Horch, als im Frühjahr 1907 ein Lohnstreik die Vorbereitungen auf anstehende Rennen beeinträchtigte, erzürnt für die Entlassung und Nichtwiedereinstellung aller gewerkschaftlich organisierten Arbeiter – was kurzfristig kaum kompensierbare Qualitätsverluste in der Fertigung nach sich zog. Schon von Beginn an kam es auch immer wieder zu Spannungen mit dem vom Aufsichtsrat und dem für die kaufmännischen Belange eingesetzten Prokuristen Jakob Holler. Der Reingewinn des Unternehmens sank nicht zuletzt durch sprunghaft wechselnde Entwicklungskonzeptionen und Programmplanungen Horchs von 326.333 (1906) auf 197.802 Mark (1909). Zugleich halbierte sich auch die Dividende von 25 auf 12 Prozent. Die Kapitaleigner wandten sich mehrheitlich von Horch ab. Im Januar 1908 beförderte der Aufsichtsrat Holler, der wiederholt betriebswirtschaftliche Verfehlungen Horchs moniert hatte, zum kaufmännischen Direktor und gleichberechtigten Vorstandsmitglied. Der schwelende Konflikt endete am 19. Juni 1909 mit dem Ausscheiden des Gründers. Unmittelbar nach dem Mißerfolg bei der Prinz-Heinrich-Fahrt, den Holler zum persönlichen Desaster des technischen Direktors Horch stilisierte, wurde dieser zu einer eilends anberaumten Aufsichtsratssitzung bestellt und fristlos entlassen. Holler verblieb als alleiniges Vorstandsmitglied. Die Konstruktionsleitung übernahm der vormalige Oberingenieur Seidel.
Die im Aufsichtsrat noch virulenten Befürchtungen eines Imageverlusts und Absatzeinbruchs durch das Ausscheiden Horchs erwiesen sich als unbegründet. Unter weitgehender Beibehaltung des von Horch vorgezeichneten Typenprogramms, gleichwohl stärkerer Berücksichtigung betriebswirtschaftlicher Belange, setzte sich der Aufschwung zu einer Nobelmarke der deutschen Automobilindustrie fort. Der Jahresabsatz wurde bis 1914 auf 595 Fahrzeuge gesteigert. Zugleich verdreifachte sich die Bilanzsumme – bei einer schrittweise auf drei Millionen Mark erhöhten Kapitaleinlage auf rund 7,1 Millionen Mark und erhöhte sich der jährliche Bruttogewinn um rund 550 Prozent auf 1,1 Millionen Mark. Trotz forcierter Investitionen in den Werksausbau konnten auch der Reingewinn verdreifacht und die Dividende wieder auf 15 Prozent gesteigert werden.
Im Ersten Weltkrieg kamen der Horch-Motorwagenbau AG ihre frühen Bemühungen um die Nutzfahrzeugsparte zugute. Bereits seit 1910 produzierte man in Kleinserie Krankenwagen; bis Kriegsausbruch folgten erste Omnibusse, Liefer- und Kleinlastwagen sowie Experimente mit Flugzeugmotoren. Der Absatzeinbruch bei den Luxuswagen konnte durch Konzentration auf den kriegsbedingt "boomenden" Nutzfahrzeugmarkt problemlos verschmerzt werden. Das Unternehmen produzierte nun fast ausschließlich für den Heeresbedarf und setzte über 2000 Nutzfahrzeuge vom Krankenwagen bis hin zum Raupenschlepper ab. Die Rüstungsnachfrage bescherte dem Unternehmen, das seit Februar 1918 unter dem neuen Firmennamen HORCHWERKE AG firmierte, kräftig gesteigerte Gewinne.
Die Umstellung auf die Friedenswirtschaft verlief reibungslos. Die Nutzfahrzeugsparte des Unternehmens blieb von den Rüstungsrestriktionen unberührt. Der Vierzylinder-Dreitonner-LKW, seit 1916 die "Säule" des Absatzes, konnte auch in den ersten Nachkriegsjahren ohne technische Neuerungen in hohen Stückzahlen fortproduziert werden. Bei den Personenkraftwagen knüpfte man fast nahtlos an das Typenprogramm der Vorkriegszeit an. Die dem Inlandsabsatz abträglichen politischen Wirren wurden durch die vom Währungsvorteil begünstigte Exportproduktion kompensiert. Das Produktionsvolumen erhöhte sich von 139 (1919) auf 446 Fahrzeuge (1921) und erreichte 1922, nimmt man die Nutzfahrzeugssparte hinzu, wieder den Stand des letzten Vorkriegsjahres.
Gravierende Veränderungen erfuhren aber die Kapitalverhältnisse und Leitung des Unternehmens. Im Vorfeld und Verlauf des Weltkriegs stellten zahlreiche Maschinen- und Motorenbauunternehmen ihre Produktion auf gewinnträchtige Rüstungssparten wie den Panzer- oder Flugzeugbau um, die nach Kriegsende den Beschränkungen des Versailler Vertrags unterfielen. Man bemühte sich nun um den Ein- oder Wiedereinstieg in Zivilproduktionen, und hier boten sich insbesondere Übernahmen oder Kooperationen mit traditionellen Zivilproduzenten an. Die Berliner ARGUS-FLUGMOTORENWERKE GMBH, zuvor Luftwaffenausrüster, suchte die Verbindung zur Horchwerke AG. Zwischen beiden Unternehmen bestanden seit der Vorkriegszeit engere Kontakte, die auf die Flugmotorenexperimente der Horchwerke AG mit Argus-Lizenzprodukten zurückgingen und nachfolgend durch die Allgemeine Deutsche Credit-Anstalt (ADCA) und die Commerz- und Privatbank AG gestützt wurden. Auf Vermittlung beider Großbanken, die seit der Kapitalerhöhung von 1914 auch bei Horch beteiligt waren, stieg Anfang 1920 der Argus-Hauptanteilseigner Dr. Moritz Straus bei Horch als neuer Hauptaktionär und Aufsichtsratsvorsitzender ein. Holler schied aus dem Unternehmen aus und den Vorsitz im erweiterten Vorstand übernahm mit Dr. Arthur Löwenstein eine Vertrauensperson des neuen Hauptaktionärs. Den Direktionssitz verlegte Straus nach Berlin.
Die Umgestaltung erstreckte sich auch auf den Konstruktionsbereich und das Typenprogramm. Das auf die Vorkriegszeit zurückgehende Motorenprogramm wurde rigoros zusammengestrichen. Durch Lizenzvertrag vom April 1921 übernahm man einen vom Schweizer Ingenieur Arnold Zoller für Argus entwickelten 35-PS-Vierzylindermotor als Einheitstyp. Zoller schied bereits im Juli 1922 wieder bei Argus aus. Neuer Chefkonstrukteur, und zugleich Aufsichtsratsmitglied und verantwortlicher technischer Berater bei Horch, wurde Paul Daimler, der älteste Sohn des Automobilpioniers Gottlieb Daimler. Er verschrieb sich der Konstruktion leistungsstarker, repräsentativer Luxuskarossen. Der Zoller-Motor wurde 1924 durch einen überarbeiteten 50-PS-Motor ersetzt, der bis 1926 im Einheitsmodell 10/50 zum Einsatz kam. Mit den Nachfolgemodellen 303/304 bzw. 305/306, ausgestattet mit den ersten deutschen Achtzylindermotoren, forcierte Daimler 1926 den Vorstoß in das oberste Fahrzeugsegment. Und auch im Karosseriebau schlugen Straus und Daimler Ende der 1920er Jahre neue Wege ein. Im Juli 1928 verpflichteten sie Prof. Hadank von der Berliner Akademie der Künste als Karosseriedesigner. Funktionalität und Kunst sollten beim "repräsentativen Wagen" zur Einheit verschmelzen.
Tiefgreifende Veränderungen erfuhr auch die Produktionssphäre. 1923 wurde im Zwickauer Werk vom herkömmlichen Werkstattprinzip auf die Reihenfertigung umgestellt. Drei Jahre später hielt, dem amerikanischen Vorbild folgend, die Fließbandproduktion Einzug. Die eigene Zubehörproduktion wurde eingestellt. Man bezog komplette Fahrzeugteile und Funktionseinheiten wie Bremsen oder Karosserien von hunderten, insbesondere auch amerikanischen Zulieferfirmen. In Zwickau wurden die Zulieferteile lediglich noch unter Einsatz modernster Werkmaschinen auf die eigenproduzierten Fahrgestelle und Motoren montiert. Der Rationalisierungserfolg war beträchtlich. Die Produktionskapazität vervierfachte sich 1925 bis 1929 auf täglich 16 Wagen. Benötigte man zu Anfang der 1920er Jahre noch vierzig Arbeitskräfte, um in einem Monat ein Automobil zu bauen, waren es Anfang 1930 nur noch sieben. Die mittlerweile nach Akkord entlohnte Arbeiterschaft konnte von 1.718 (1925) auf 1.211 (1930) Arbeiter verringert werden.
Der Produktivitätsfortschritt erforderte jedoch massive Investitionen und garantierte längst nicht entsprechende Absatzsteigerungen. Die Bilanzen der Jahre 1924/30 weisen beim Wert der Werkstatt- und Betriebseinrichtungen eine Verzwölffachung von 590.000 auf 7.300.000 Millionen Mark aus. Vergleichbare Zuwachsraten lassen sich nur bei einem Bilanzposten feststellen, den Bankschulden. Sie stiegen von rund 1,4 auf 10,7 Millionen Mark. Hinzu kamen Hypotheken-, Darlehens- und Lieferantenschulden in Höhe von 9,2 Millionen Mark. Produktion und Absatz hielten mit diesen Zuwachsraten nicht Schritt. Die Jahresproduktion konnte zeitgleich nur um 93 Prozent auf 1.934 Fahrzeuge gesteigert werden. Die kostspielig erhöhte Produktionskapazität wurden 1929/30 bei einer durchschnittlichen Tagesproduktion von 5,3 Fahrzeugen also gerade einmal zu einem Drittel ausgelastet. Die Folge waren massive Verluste. Schon im ersten Jahr der Weltwirtschaftskrise erlitt Horch mit 4,925 Millionen Mark einen Verlust in Höhe des gesamten Aktienkapitals. Dividenden wurden seit 1924 ohnehin nur noch in zwei Fällen, 1926/27 und 1927/28 mit jeweils 8 Prozent, ausgezahlt.
Das Unternehmen antwortete auf die Finanz- und Absatzkrise mit einer massiven Ausweitung des Typenprogramms. Unter der Ägide des neuen Chefkonstrukteurs Fritz Fiedler wurden 1930/32 in kürzesten Abständen und diversen Ausführungen die Typen 410, 420, 430, 440, 450, 470, 480, 500, 500-A und 500-B – sämtlich Achtzylinder-Wagen mit bis zu 100 PS – sowie die technisch bahnbrechenden Zwölfzylindermodelle 600 und 670 herausgebracht. Die erhoffte Absatzsteigerung blieb unter dem Einfluß der Weltwirtschaftskrise bzw. der für Luxusgüter dieser Preiskategorie noch verschärften Marktenge aber aus. Gegen Ende des Geschäftsjahres 1930/31 stand die Horchwerke AG vor dem Bankrott. Ungeachtet der verschärften Budgetkontrolle und Verwaltungsreform erhöhten sich die Bankschulden auf 13 Millionen Mark und summierte sich der Jahresverlust auf nun schon rund 8,4 Millionen Mark. Das Konsortium von SÄCHSISCHER STAATSBANK (DRESDEN), COMMERZ- UND PRIVATBANK AG (BERLIN) sowie der ADCA – ALLGEMEINE DEUTSCHE CREDIT-ANSTALT (LEIPZIG), auf das rund 93 Prozent der Horch-Bankschulden entfielen, deckte den Verlust noch einmal ab. Zur Vermeidung noch gesteigerter Verluste bei einem tatsächlichen Konkurs und in der Hoffnung auf eine Sanierung im Zuge der anvisierten Fusion des sächsischen Autoblocks gewährten sie Forderungsnachlässe von rund 4,4 Millionen Mark. Im Gegenzug wurden ihre Anteile in Vorzugsaktien umgewandelt und das Aktienkapital durch die Umwandlung der Straus'schen Anteile in Stammaktien um 3 Millionen Mark gesenkt. Zur bilanztechnischen Deckung absehbarer Folgeverluste nach dem 1. November 1931 nahm man darüber hinaus auch beim Immobilien- und Maschinenbestand noch eine Höherbewertung um rund zwei Millionen Mark vor. Ein Konkurs wurde so einstweilen abgewendet. Der Fortbestand und die Leitlinien des Unternehmens hingen aber nun von den Interessen und Entscheidungen der Konsortialbanken ab.
1.1.2. Audi-Automobilwerke AG, Zwickau
Wie Horch beschränkte sich auch der zweite Zwickauer Automobilhersteller, die Audi-Automobilwerke AG, traditionell auf die Kraftfahrzeugsparte, und hier wiederum insbesondere auf die Luxuswagenklasse. Der Analogien nicht genug, war auch ihre Unternehmensgeschichte eng mit der Person August Horchs verbunden. Nach seiner Entlassung bei der Horchwerke AG im Juni 1909 bemühte er sich unverzüglich um eine neue Unternehmensgründung. Mit Unterstützung der - bei seiner Entlassung übergangenen - Horch-Teilhaber Hertel, Franz und Paul Fikentscher sowie der Fabrikanten Hartig und Carl Leonhardt brachte er binnen drei Tagen ein Startkapital von 200.000 Mark auf und erwarb in unmittelbarer Nähe des Horch-Werks eine stillgelegte Holzbearbeitungsfabrik. Am 16. Juli 1909 folgte die formelle Gründung der AUGUST HORCH, AUTOMOBILWERKE GMBH, ZWICKAU. Zeitgleich mit Horch waren auch seine engsten Mitarbeiter bei der Horchwerke AG ausgeschieden. Gestützt auf diesen Facharbeiterstamm konnte die Einrichtungsphase durch die Aufnahme eines Reparaturservice überbrückt werden. Und schon bald liefen, dem Renommee Horchs in automobilen Fachkreisen gedankt, auch erste Bestellungen für den Fall einer Produktionsaufnahme ein. Die Reputation seines Namens war indessen auch der Horchwerke AG gewärtig; und daher hatte sie sich unmittelbar nach seiner Entlassung die Horch-Warenzeichenrechte in verschiedensten Varianten gesichert. Nunmehr focht sie den Firmennamen des neuen Horch-Unternehmens juristisch an und siegte in allen Instanzen bis hinauf zum Reichsgericht. Das junge Unternehmen durfte nicht weiter unter dem Namen seines Begründers firmieren. Auch für dieses Paradoxum fanden Horch und seine Mitstreiter eine Lösung. Bei der Warenzeichensicherung hatte die Horchwerke AG die Abwandlung Audi, die lateinische Entsprechung des deutschen Imperativs Horch, ausgelassen. Das Unternehmen konnte so wenigstens indirekt unter dem Namen des Gründers firmieren. Am 25. April 1910 erfolgte die Handelregisterumschreibung zur nunmehrigen AUDI-AUTOMOBIL-WERKE GMBH.
Die weitere Entwicklung bei Audi zeigte deutliche Parallelen zu den Gründungsjahren der Horchwerke AG. Wiederum sorgten ein technisch innovatives Typenprogramm, Renn- und Ausstellungserfolge für wachsendes Markenprestige und deutliche Absatzsteigerungen. Die Produktion erhöhte sich von bescheidenen 32 Fahrzeugen (1910) bis in das letzte Vorkriegsjahr 1913 kontinuierlich auf 216 Fahrzeuge. Zugleich vergrößerte sich die Belegschaft von anfänglich 31 auf 249 Lohn- und Gehaltsempfänger. Aus dem kaufmännischen Bereich liegen für diese Zeit keine Daten vor. Die reibungslose Umwandlung in die AUDI-AUTOMO-BILWERKE AG vom Dezember 1914 läßt aber auch hier zufriedenstellende Ergebnisse vermuten. Bereits im letzten Vorkriegsjahr wurde im übrigen das Typenprogramm um einen Vierzylinder-Lastkraftwagen erweitert. Nach Kriegsausbruch konnte der Einbruch im Bereich der Zivilfahrzeuge daher wie bei der Horchwerke AG umgehend durch die Umstellung auf die Nutzfahrzeugsparte kompensiert werden. Die Rüstungskonjunktur und der nach der Umwandlung zur Aktiengesellschaft forcierte Werksausbau schlugen sich in deutlichen Absatzsteigerungen nieder. Horch, seit 1917 auch im Vorstand des Vereins deutscher Motorfahrzeugindustrieller vertreten, engagierte sich rege in verschiedenen Kriegswirtschaftsausschüssen und tat sich insbesondere bei der Entwicklung eines deutschen Panzerwagens hervor. Produktion und Belegschaft seines Unternehmens verdoppelten sich trotz Rohstoffverknappung und Einberufung von Belegschaftsangehörigen zum Heeresdienst bis 1918 auf 455 Fahrzeuge bzw. 543 Lohn- und Gehaltsempfänger. Die Reingewinne bewegten sich mit 310.000 (1916) bzw. 408.000 Mark (1918) auf einem zufriedenstellenden Niveau.
Die Umstellung auf die Friedenswirtschaft verlief auch bei der Audi AG relativ problemlos. Ungeachtet der Revolutionswirren behauptete sich der Absatz auf einem gegenüber der Vorkriegszeit leicht erhöhtem Niveau. Der Übertritt des nach Berlin übergesiedelten und im Beirat des Reichsverkehrsministeriums engagierten Unternehmensgründers in den Aufsichtsrat im Juni 1920 blieb zunächst folgenlos. Aufgrund anhaltender Nachfrage bei den Nutzkraftfahrzeugen und im Sog eines lohnkosten- und währungsbedingten Exportbooms konnte der Absatz 1921 auf 386 Fahrzeuge gesteigert werden. Auch in technischer Hinsicht tat sich das nunmehr von Ernst Baus geleitete Unternehmen weiter hervor, etwa durch die Umstellung auf Leichtmetallkolben oder die Einführung der Linkslenkung. Einstweilen in ihrer Schärfe noch von Inflationseinflüssen verdeckt, krankte Audi jedoch an erheblichen Produktivitätsproblemen sowie dem wenig marktgerechten Typenprogramm. Produzierte man im letzten Vorkriegsjahr mit 215 Lohnempfängern immerhin 216 Fahrzeuge, benötigte man 1924 für 309 produzierte Fahrzeuge bereits 692 Lohnempfänger. Entgegen dem Rationalisierungstrend in der deutschen Automobilindustrie hatte sich die Jahresproduktionsleistung pro Arbeitnehmer also mehr als halbiert. Das Typenprogramm wurde zunehmend auf großvolumige, überteuerte Luxuskarossen ausgerichtet. Mit der Währungsreform von 1923/24 entfielen die bisherigen Lohnkosten- und Währungsvorteile. Der Exportmarkt für deutsche Automobile brach ein. Auch im Inland, wo sich Luxusfahrzeuge schon vor der Währungsreform in Ermangelung breiterer, vermögender Käuferschichten nur schleppend absetzen ließen, mußten die hohen Fertigungskosten nun im Verkaufspreis realisiert werden. Die Brutto-Verkaufspreise des seit 1921 produzierten Modells K und des im 1923 neu herausgebrachten Spitzenmodells M bezifferten sich im April 1924 auf 20.770 bzw. 24.594 Mark – das entsprach dem 15-18fachen Bruttojahreslohn eines "hochqualifizierten" Metallfacharbeiters. Und hiermit war noch nicht der Gipfel der Preisentwicklung erreicht. Aufgrund des hohen Fertigungsaufwands mußten die Verkaufspreise bei den Typen K und M binnen eines Jahres um 7,8 bzw. 15,6 Prozent auf 22.380 bzw. 28.428 Mark heraufgesetzt werden. Für Luxuskarossen dieser Preiskategorie bestand in Deutschland, zumal bei der verschärften Konkurrenz preisgünstigerer Importwagen, keine ausreichende Nachfrage. Der schon seit 1922 stagnierende Absatz brach in Verbindung der Konjunkturkrise 1925/26 dramatisch ein. Der hoch verschuldeten Audi AG drohte der Bankrott. Ende 1925 mußte das Unternehmen Vergleich anmelden und wurde unter Geschäftsaufsicht des Amtsgerichts Zwickau gestellt.
Neben dem unattraktiven Typenprogramm und dem Absatzeinbruch trugen wohl auch vergeblich erhöhte Investitionen in neue Fertigungstechnologien zur Zuspitzung der Finanzkrise bei. Der damalige Chefingenieur und Betriebsdirektor Heinrich Schuh, im Dezember 1923 zum Studium der Massenfabrikation und Anwendung neuester Spezialmaschinen in die USA geschickt, wurde Ende März 1926 in einer Personalbeurteilung wie folgt belobigt: "In die Zeit seines Wirkens [d. h. seit 1920] fiel unsere große Betriebserweiterung und deren praktische Einrichtung für eine neuzeitliche Fabrikation. Diese umfangreiche und zu damaliger Zeit besonders schwierige Aufgabe hat er meisterhaft gelöst [...]. Die neuzeitliche Betriebsorganisation, das Lohn- und Akkordwesen und die systematische Arbeitsvorbereitung kennt Herr Direktor Schuh genau [...]." Es kann also gesichert davon ausgegangen werden, daß sich auch Audi in der ersten Hälfte der 1920er Jahre vom herkömmlichen Werkstattprinzip löste und die Fertigungseinrichtungen im Sinne einer Großserienproduktion mit erheblichen Investitionsaufwand ausbaute. Sein konkretes Ausmaß läßt sich aufgrund der dürftigen Quellenlage jedoch nicht beschreiben.
Die Sanierungsbemühungen zielten zunächst auf Absatzbelebung und Kostensenkung. Man senkte umgehend die Verkaufspreise, versetzte die Belegschaft in Kurzarbeit und reduzierte sie dann im Wege von Massenentlassungen binnen anderthalb Jahren auf weniger als ein Drittel ihres früheren Bestands. Die maßgeblich auf die Beziehungen des Unternehmensgründers und Aufsichtsratsmitglieds August Horch gestützten Hoffnungen auf eine weitergehende, gleichsam schmerzlose Entschuldung durch neue Kapitalgeber oder eine etwaige Fusion erwiesen sich dagegen als trügerisch. Aller Bemühungen zum Trotz - Horch scheute nicht einmal vor Fusionsverhandlungen mit der Horchwerke AG zurück - konnten keine neuen Investoren aufgetrieben werden. Die Kostensenkungen, der glimpfliche Ausgang des 1926 stattgehabten Zwangsvergleichs mit den Hauptgläubigern und die Kapitalbereinigung im Frühjahr 1927 sicherten einstweilen den Unternehmensbestand. Die neue Modellpolitik, eigentlich als weiterer Baustein der Sanierung gedacht, machte diese Teilerfolge aber wieder zunichte. Die preisgünstigeren älteren Vierzylinder-Modelle wurden aus dem Programm genommen und 1927 durch das neue Spitzenmodell R, einen 100-PS-Achtzylin-derwagen, ersetzt. Das Typenprogramm umfaßte nun nur noch zwei PKW-Modelle, beide im umkämpften Marktsegment der Luxusklasse angesiedelt. Das seit dem Weltkrieg kaum veränderte Vierzylinder-Lastkraftwagenprogramm wurde im Bereich kompletter LKW auf die 1924 eingeführte Et-Type reduziert. Die Fixierung auf die oberste Luxusklasse stand dem Marktbedürfnis der Zeit entgegen, und selbst in diesem Marktsegment vermochte sich Audi kaum noch zu behaupten. Trotz verbesserter konjunktureller Rahmenbedingungen konnten 1927 nur noch 90 Fahrzeuge abgesetzt werden, die durchschnittliche Jahresproduktionsleistung eines Lohnempfängers verringerte sich ungeachtet des Belegschaftsabbaus auf gerade noch 0,4 Fahrzeuge.
Das Szenario eines Konkurses nahm bei Audi Ende 1927 sehr reale Züge an. Um die Jahreswende wurde dann aber doch noch ein neuer Kapitalgeber gefunden. Die SÄCHSISCHE STAATSBANK, bereits maßgeblich bei der Horchwerke AG und insbesondere der expandierenden ZSCHOPAUER MOTORENWERKE J. S. RASMUSSEN AG (ZSCHOPAU) engagiert, gewährte die benötigten Überbrückungskredite und vermittelte den Kontakt zu Konzernchef Jörgen Skafte Rasmussen. Dieser hatte aus der Konkursmasse der Detroiter Automobilfabrik Rickenbacker kurz zuvor Fertigungsmaschinen für Sechs- und Achtzylindermotoren aufgekauft. Im eigenen Fahrzeugprogramm bestand für derart großvolumige Motoren keine Verwendung. Sie sollten kleineren, mit teuren Eigenentwicklungen zunehmend überforderten Automobilfabriken zur Verfügung gestellt werden - und damit Absatz für das defizitäre Konzernwerk Scharfenstein geschaffen werden. Der renommierten Audi AG konnte hier eine Vorbildfunktion zukommen. Rasmussen griff das Übernahmeangebot der Sächsischen Staatsbank auf und erwarb 1928 die Aktienmehrheit bei Audi, die er im Zuge einer Kapitalerhöhung 1929 auf nahezu 100 Prozent erhöhte. Er fungierte fortan auch als neuer Aufsichtsratsvorsitzender. Die Geschäftsleitung verblieb bei Schuh.
Die Einbindung in den Rasmussen-Konzern wirkte sich umgehend auf das Typenprogramm aus. Die erfolglose M-Type und die LKW-Produktion wurden eingestellt und das PKW-Programm um die neuen Typen Dresden und Zwickau ergänzt, beides Luxuswagen mit Sechs- bzw. Achtzylindermotoren nach Rickenbacker-Bauart. Die Absatzentwicklung verlief zunächst auch günstig. 1928 konnten 111, 1929 gar wieder 309 Audi-Wagen produziert werden – und dieser höchste Produktionsstand seit 1924 wurde mit einer Gesamtbelegschaft von durchschnittlich nur noch 217 Arbeitern und Angestellten erzielt.
Die Erwartungen Rasmussens wurden dennoch enttäuscht. Die Absatzgewinne Audis waren mehr der Konjunktur denn der Attraktivität des neuen Typenprogramms gedankt. Unter dem Einfluß der Weltwirtschaftskrise brach ab Oktober 1929 auch der Luxuswagenmarkt zunehmend ein. Die Jahresproduktion mußte stufenweise bis auf 22 Fahrzeuge (1932) heruntergefahren werden. Und wichtiger noch: der bei der Übernahme unterstellte Werbeeffekt für Rickenbacker-Motoren und Sanierungsschub für das Werk Scharfenstein erwies sich als "Wunschdenken". Nicht ein einziger bedeutenderer Fahrzeughersteller folgte dem "Audi-Modell". Die in Scharfenstein geschaffenen Produktionskapazitäten blieben unausgelastet – und durch die Übernahme des maroden Luxuswagenherstellers wurden die Finanzen des Rasmussen- bzw. DKW-Konzerns zunächst noch zusätzlich strapaziert.
Rasmussen bemühte sich um Schadensbegrenzung. Ein Weiterverkauf Audis erschien angesichts der desolaten Gesamtverfassung der deutschen Automobilindustrie aussichtslos. Es bestand jedoch noch die Option, die Verluste durch eine stärkere Einbindung in das Konzern-Programm und die Nutzung des technologischen Potentials wenigstens zu begrenzen. Mit der 1931 herausgebrachten P-Type wandte sich Audi vom verlustträchtigen Luxuswagensegment ab. Bei einem mit 77 Fahrzeugen eher marginalen Luxuswagenabsatz konnte Audi seinen neuen Mittelklassewagen mit 30-PS-Peugeot-Lizenzmotor 1931 immerhin in einer Stückzahl von 327 Fahrzeugen absetzen. Die Produktion der P-Type, einer Viertakt-Version des heckangetriebenen Spandauer Vierzylinder-DKW, blieb allerdings Episode. Sie diente der Überbrückung des Übergangs zur Kleinwagenfertigung und zur verbesserten Auslastung des Spandauer DKW-Werks. Analog zur Konzeption des "Volksmotorrads", dem Schlüssel zum Aufstieg des DKW-Konzerns seit Anfang der 1920er Jahre, setzte Rasmussen auch im Automobilsektor auf Kleinwagen mit Zweitaktmotor – und nutzte hierfür das durch den Übergang auf Lizenzfertigungen brachliegende Konstruktionspotential bei Audi. Die Audi-Techniker Oskar Arlt und Walter Haustein entwickelten 1930 den Zweitakter-Kleinwagen DKW-F-1. Dieser weltweit erste Wagen mit der bahnbrechenden Frontantriebstechnik war Ausgangspunkt der DKW-Frontwagenreihe, dem "Standbein" der späteren Auto Union AG. In Kooperation mit dem Zschopauer Stammwerk, das die Motoren lieferte, wurde bei Audi 1930/31 eine Montagelinie für die Fließband-Massenfertigung des "DKW-Volkswagens" eingerichtet. Schon 1931 konnten fast 3.500 Frontwagen ausgeliefert werden – Audi/DKW brach mit hohen Zuwachsraten in das Marktsegment des Branchenführers Opel ein.
Die gegen Ende der 1920er Jahre konkursreife Audi AG überstand die Zuspitzung der Weltwirtschaftskrise infolge der Einbindung in den DKW-Konzern und der Neuausrichtung auf massengefertigte "Billigfahrzeuge" mithin vergleichsweise unbeschadet. Während die "große Schwester" Horch, hierin keineswegs eine Ausnahme, fast zweistellige Millionenverluste erlitt, wies Audi im verkürzten Geschäftsjahr 1931 nur 70.000 Mark Verlust aus. Die Absatzzahlen beim DKW-Frontwagen ließen zudem auf eine weiter verbesserte Ertragslage hoffen. Die Kapitalverhältnisse und das Fabrikationsprogramm waren aber nun unzertrennbar mit der "Konzernmutter" verwoben; und diese, mittlerweile hoch verschuldet, lenkte im zunehmenden Maße die Sächsische Staatsbank.
1.1.3. Zschopauer Motorenwerke J. S. Rasmussen AG, Zschopau
Anders als Horch und Audi wies die ZSCHOPAUER MOTORENWERKE J. S. RASMUSSEN AG, die "DKW-Konzernmutter", zu Anfang der 1930er noch keine längere Tradition im Automobilbau auf. An ihrem Anfang stand die im Jahre 1904 durch den Dänen Jörgen Skafte Rasmussen und seinen Mitgesellschafter Ernst gegründete RASMUSSEN & ERNST GMBH, CHEMNITZ, eine Vertriebsfirma für Abdampfentöler und Dampfkesselarmaturen. Nach der Trennung von Ernst erwarb Rasmussen im Oktober 1906 in Zschopau ein altes Spinnereigelände und nahm hier als Alleininhaber der nunmehrigen RASMUSSEN & ERNST GMBH, MASCHINEN- UND ARMATURENFABRIK, APPARATEBAU-ANSTALT CHEMNITZ-ZSCHOPAU die Eigenproduktion von Dampfkesselzubehör und Lackierapparaten auf. Das Verkaufsbüro und der Firmensitz der Rasmussen & Ernst GmbH verblieben einstweilen in Chemnitz. Erst im Dezember 1913 erfolgte die organisatorische Verselbständigung der Zschopauer Produktionsstätte zur MASCHINENFABRIK J. S. RASMUSSEN GMBH, ZSCHOPAU. Die durch den hälftigen Anteilserwerb des Kölner Ingenieurs Otto Lambertz neu begründete und erweiterte RASMUSSEN & ERNST GMBH, CHEMNITZ fungierte als Inhaberin sämtlicher Stammanteile sowie weitreichender Aufsichts- und Vorkaufsrechte jedoch weiterhin als Kopffirma.
Im Ersten Weltkrieg verlagerte sich der Produktionsschwerpunkt der Zschopauer Maschinenfabrik auf die Zündkapsel- und Granatzünderfertigung. Hierzu trat ab 1916 der Fahrzeugbau. Vor dem Hintergrund kriegsbedingten Kraftstoffmangels wurde mit Subventionen des Kriegsministeriums die Entwicklung eines Dampfkraftwagens aufgenommen. Die Entwicklungsarbeiten am Dampfkraftwagen, für den sich Rasmussen das Warenzeichen DKW sicherte, verliefen jedoch erfolglos und wurden 1921 endgültig eingestellt.
Rasmussen stellte nach Kriegsende aber dennoch nicht wieder auf das Vorkriegsprogramm um, sondern verblieb beim Fahrzeug- und Motorenbau. Ende 1918 sicherte er sich die Dienste und Patente des Markranstädter Ingenieurs Hugo Ruppe. Dessen schlitzgesteuerte Zweitaktmotoren, ursprünglich als Spielzeugmotoren gedacht, wurden nunmehr als Fahrrad-Hilfsmotoren zum "Verkaufsschlager". Rasmussen setzte nun vollends auf den Fahrzeug- und Zweitaktmotorenbau und nahm 1921 unter dem Warenzeichen DKW die Fertigung kompletter Motorräder auf. Die vom Oberingenieur Hermann Weber entwickelten Zweitakt-Leichtmotorräder konnten aufgrund niedriger Verkaufspreise, erster Ratenfinanzierungsmodelle, Steuerbegünstigungen und werbewirksamer Rennerfolge "reißend" abgesetzt werden. Im Februar 1924 lief bereits das 50.000te DKW-Motorrad vom Band. DKW stieg zum Weltmarktführer im Motorradbereich auf.
Mit der Übernahme der Slaby-Beringer Automobilgesellschaft mbH (Berlin) wurde 1924 schrittweise auch die Automobilproduktion aufgenommen. In Kooperation mit der AEG - Allgemeine Elektricitätsgesellschaft AG (Berlin) fabrizierte das nunmehrige Zweigwerk Berlin Kleinwagen, Droschken und Lieferwagen mit Elektroantrieb. Die eher erfolglosen Bemühungen im Bereich der Elektrofahrzeuge wurden 1927 allerdings wieder eingestellt. An ihrer Stelle fertigte das nunmehr nach Spandau verlegte Zweigwerk ab 1928 komplette Kleinwagen mit vom Zschopauer Stammwerk gelieferten Zweizylinder-, ab 1930 dann Vierzylinder-Zweitaktmotoren. Im Frühjahr 1931 folgte die bereits im Zusammenhang der Audi AG erwähnte Produktionsaufnahme beim Zweizylinder-Frontantriebswagen. Das DKW-Automobilprogramm zielte schon ein halbes Jahrzehnt vor Ferdinand Porsche und der Umsetzung des "Volkswagen-Programms" im Dritten Reich auf die Motorisierung breiter Schichten durch einen billigen, intern als "Volkswagen" titulierten, Kleinwagen ab. Dieser Konzeption waren durchaus Erfolge beschieden. 1932, gerade vier Jahre nach der Fertigungsaufnahme bei kompletten Automobilen und erst ein Jahr nach der Markteinführung des Frontwagens, rückte DKW bei den Inlandszulassungen mit rund 9,6 Prozent Marktanteil hinter Opel, Mercedes und Adler bereits auf den vierten Platz vor. Die sächsischen Traditionsmarken Audi, Horch und Wanderer ließ DKW damit deutlich hinter sich. Für ihre Luxus- und Mittelklassewagen wies die Zulassungsstatistik 1932 einen Anteil von zusammengenommen nur 6,9 Prozent aus, freilich bei wesentlich höheren Stückpreisen.
Der Aufstieg der mittelständischen Maschinenfabrik zu einem führenden deutschen Kraftfahrzeughersteller mit zahlreichen Tochtergesellschaften und mehreren tausend Beschäftigten verlief nicht reibungslos. Er war mit erheblichen Zäsuren der Unternehmensstruktur und einer bedenklichen Zuspitzung der Finanzlage verbunden.
Nach Kriegsende löste Rasmussen zunächst die Verbindung der Zschopauer Maschinenfabrik J. S. Rasmussen zur früheren Rasmussen & Ernst GmbH. Das Unternehmen wurde nunmehr in Alleininhaberschaft Rasmussens in der Rechtsform einer Offenen Handelsgesellschaft mit Sitz in Zschopau geführt und firmierte seit 1919 unter dem neuen Firmennamen ZSCHOPAUER MOTORENWERKE J. S. RASMUSSEN. Vier Jahre später, am 22. Dezember 1923, folgte eine neuerliche Umwandlung der Unternehmensform. An die Stelle der OHG trat die Kapitalgesellschaft ZSCHOPAUER MOTORENWERKE J. S. RASMUSSEN AG. Rasmussen zielte hierbei auf die Verringerung seines durch den Unternehmensausbau erhöhten Inhaberhaftungsrisikos ab, und mutmaßlich auch auf verstärkten Kapitalzufluß. Seine Leitungskompetenzen wurden durch die Kapitalumwandlung kaum eingeschränkt. Die handelsrechtlichen Vorgaben zur Leitung und Beaufsichtigung von Aktiengesellschaften, d. h. im Kern die Bestellung eines rechenschaftspflichtigen Vorstands durch einen wiederum von der Generalversammlung der Kapitaleigner erwählten Aufsichtsrat, wurden pro forma umgesetzt, entfalteten einstweilen aber keine regulative Wirkung. Rasmussen fungierte im Unternehmensvorstand zwar nur als eines von vier Mitgliedern. Er hielt jedoch 99,9 Prozent des im Zuge der Währungsreform von zweihundertfünfzig Millionen auf eine Million Reichsmark herabgesetzten Gesellschaftskapitals. Hinzu kamen mit jeweiligen Minimalbeteiligungen von 100 Mark seine Vertrauten Carl Friedrich Bachmann und Moritz Richter sowie seine Ehefrau Therese Rasmussen, die unter Vorsitz der Therese Rasmussen zugleich den Aufsichtsrat bildeten. Rasmussen vereinte über diese Konstruktion Generalversammlung, Aufsichtsrat und Vorstand de facto in seiner Person - und etwaigen Widerständen aus dem Kreis der Vorstandskollegen konnte umgehend durch Abberufung abgeholfen werden. Auch die Entsendung von zwei Betriebsratdelegierten in den Aufsichtsrat nach der Neufassung der Firmenstatuten vom Januar 1925 stellte seine unumschränkte Leitungskompetenz nicht infrage. Der Aufsichtsratsvorsitz verblieb bei Therese Rasmussen. Damit war eine statutenkonforme Genehmigung von Rechtsgeschäften und Vermögenseingriffen ohne Einbeziehung Dritter gewährleistet. Der Aufsichtsrat trat über die konstituierenden Sitzungen aus Anlaß der Generalversammlungen hinaus bis 1929 nicht weiter in Erscheinung. Seiner handelsgesetzlichen Kontrollfunktion konnte er nur bei veränderten Kapitalverhältnissen gerecht werden, also einer Neubesetzung aufgrund veränderter Mehrheitsverhältnisse in der Generalversammlung.
Diese Situation trat 1929 ein. Stets auf Expansion und Nachvollzug modernster Fertigungsverfahren bedacht, hatte Rasmussen die Finanzen seines Unternehmens seit der Mitte der 1920er Jahre überstrapaziert.
Von 1924-1929 investierte er rund 9,5 Millionen Mark in neue Fertigungsanlagen. Hinzu kamen noch beträchtliche Summen für den Konzernausbau. Schon die Umstellung auf die Stationärmotoren- und Motorradproduktion nach Kriegsende zog den Ausbau zur Konzerngesellschaft bzw. die Gründung oder Übernahme von Zulieferbetrieben nach sich. 1919 gründete Rasmussen zusammen mit Theodor Ruppe die ROTA-WERKE GMBH, ZSCHOPAU, die fortan Rotationsschwungrad-Zündanlagen für die Zweitaktmotorenfertigung des Stammwerks produzierte. 1922 folgte die Übernahme der nunmehrigen METALLWERKE ZÖBLITZ AG, die das Stammwerk mit Dreh- und Fassonteilen, Schrauben und Armaturen für das Motorradprogramm versorgte. In ihrem Zweigwerk Marienberg nahm sie hierneben 1924 noch die Fertigung von Radnaben und Bremsen für DKW-Motorräder auf. Weiter übernahm Rasmussen 1923 gemeinsam mit Richard Blau und Paul Figura eine vormalige Sattelfabrik in Frankenberg, die als nunmehrige METALLWERKE FRANKENBERG GMBH Zulieferteile für das Motorradprogramm fertigte, insbesondere Vergaser, Sättel und Gepäcktaschen. Ab 1926 stellte sie auch Dreirad-Lieferwagen mit DKW-Motoren her. 1925 folgte die Gründung der ELCAMO-MOTOR-AGGREGATEBAU GMBH, ERFENSCHLAG, die unter Verwendung von DKW- und Rickenbacker-Motoren Stromaggregate, Bootsmotoren, Wasserpumpen und Feuerspritzen fertigte.
In der zweiten Hälfte der 1920er Jahre intensivierte Rasmussen den Konzernausbau. Mit der PROMETHEUS MASCHINENFABRIK GMBH, BERLIN (1926; Getriebe-, Lenkungs- und Hinterachsenfertigung), der ALUMINIUM-GIEßEREI ANNABERG (1927; Gußteile für die Kolben-, Motoren- und Getriebegehäusefertigung) sowie der LUMA-WERKE FRIEDRICH MÜNZ, STUTTGART (1930; Dynastartanlagen für DKW-Motorräder und -Frontwagen) rundete er die Neugründung von Zulieferbetrieben für das Motorradprogramm und den aufgenommenen Automobilbau ab.
Die Expansionsbestrebungen verlagerten sich nun zunehmend auf kostspielige Übernahmen angeschlagener Unternehmen.
Bereits 1924 wurde die SLABY-BERINGER AUTOMOBILGESELLSCHAFT MBH, BERLIN übernommen, ein bankrotter Kleinstwagenhersteller. Sie wurde nach Einstellung der erfolglosen Elektrofahrzeugfertigung 1927 in angemietete Fabrikräume der Deutsche Werke AG nach Berlin-Spandau verlegt und hier zum Werk Spandau ausgebaut. Dieses diente fortan als Produktionsstätte für die heckangetriebenen DKW-Vierzylinderwagen sowie als Karosserielieferant für das Frontwagenprogramm. 1931 wurde der Pachtkauf des Spandauer Werksgelände in die Wege geleitet und dieses hiernach von der Auto Union AG noch beständig ausgebaut. Der Slaby-Beringer-Übernahme waren also zumindest mittelfristig Erfolge beschieden.
Weniger erfolgreich gestalteten sich die Folgeengagements der Jahre 1926-1928. 1926 erwarb Rasmussen für rund 610.000 Mark die MOLL-WERKE, SCHARFENSTEIN, die er mit einem Investitionsaufwand von rund 2,5 Millionen Mark bis 1929 beträchbeträchtlich ausbaute. Das nunmehrige Zweigwerk Scharfenstein diente zunächst der Fertigung von Zulieferteilen für das Motorradprogramm, insbesondere von Stanz- und Preßteilen, Kotflügeln, Nummernschildern, Tanks und Rahmen. 1927/28 wurde das Fertigungsprogramm dann auf den Kühlanlagenbau und die Lizenzfertigung von Sechs- und Achtzylindermotoren nach Rickenbacker-Lizenz (für Audi) ausgedehnt und 1930 mit der Lizenzfertigung von Junkers-Gegenkolben-Dieselmotoren weiter diversifiziert. Die massiven Investionen zahlten sich jedoch nicht aus. Infolge chronischer Rentabilitätsprobleme wurde das Werk 1931 von der Zschopauer Motorenwerke J. S. Rasmussen AG abgetrennt und zur DEUTSCHEN KÜHL- UND KRAFT-MASCHINEN GMBH, SCHAR-FENSTEIN verselbständigt. Von den 3,1 Millionen Mark für den Erwerb und Ausbau verblieb eine Nominalwert-Beteiligung von 1,51 Millionen Mark an einer anhaltend defizitären Tochterfirma.
Im Juni 1928 übernahm Rasmussen dann die SCHÜTTHOF-WERKE AG, CHEMNITZ. Der Chemnitzer Motorradproduzent sollte im Lizenzverfahren großvolumigere Motorräder mit DKW-Zweitaktmotoren fertigen. Bei der kostspieligen Übernahme wurde das Ausmaß der finanziellen Zerrüttung völlig falsch eingeschätzt. Die Schütthoff AG mußte 1930 um den Preis erheblicher gerichtlicher Verwicklungen und Entschädigungszahlungen liquidiert werden.
Dem Schütthoff-Engagement folgte im August 1928 der Einstieg bei der NEST-LER & BREITFELD AG, ERLA mit ihren Zweigwerken in Wittigsthal und Brei-tenbach, der Rasmussen rund 400.000 Mark kostete. Nach anfänglicher Geschäftsbelebung schrieb das hoch verschuldete Unternehmen, das Grauguß- und Gesenkschmiedeteile, später auch Kleinflugzeuge mit DKW-Motoren fertigte, infolge der Weltwirtschaftskrise wieder "tiefrote Zahlen". Das Geschäftsjahr 1930 erbrachte Verluste von rund 396.000 Mark, die nur durch Kapitalherabsetzung ausgeglichen werden konnten. Die DKW-Anteile wurden hierbei auf 90.000 Mark herabgestuft.
Abgerundet wurde der Konzernausbau schließlich 1928/29 noch mit der bereits angesprochenen Audi-Übernahme. Ihr war, wenngleich das eigentliche Übernahmeziel verfehlt wurde, zumindest mittelfristig Erfolg beschieden. Zunächst einmal belasteten aber Übernahmekosten von rund 2,45 Millionen Mark die Konzernbilanzen.
Der Rasmussen-Konzern verbuchte infolge seiner attraktiven Typenprogramme bis 1929 beständig Umsatzzuwächse und baute seine Marktanteile selbst während der Weltwirtschaftskrise noch erheblich aus. Umsatzsteigerungen und anhaltende bilanztechnische Reingewinne täuschten jedoch über die tatsächlich äußerst angespannte Finanzlage des Konzerns hinweg. Unter den Aktiva firmierten in Millionenhöhe kaum realisierbare Anlagenwerte oder auch Beteiligungen an Bankrottunternehmen wie der Schütthoff AG. Auf der anderen Seite hatte sich die Schuldenlast des Konzerns 1924-1928 von 1,75 auf 19,4 Millionen Mark erhöht. Die kurzfristigen Verbindlichkeiten, also Winterkredite, Anzahlungen, Warenschulden und Akzepte, summierten sich 1928 auf 18,715 Millionen Mark, die liquiden Mittel gerade auf 7,595 Millionen Mark. Schon vor Ausbruch der Weltwirtschaftskrise im Jahre 1929 war die Zschopauer Motorenwerke J. S. Rasmussen AG also de facto illiquid.
Durch die Kapitalerhöhung auf 10 Millionen Mark vom November 1929 und zeit-gleiche Umwandlung kurzfristiger Schulden in Festdarlehen konnten die kurzfristigen Verbindlichkeiten bis 1930 auf 6,5 Millionen Mark zurückgeführt werden, es standen dem aber auch nur noch liquide Mittel von rund 3,25 Millionen Mark entgegen. Der Konzern, 1930 trotz massiver "Bilanzkosmetik" erstmals auf Konzernebene in die Verlustzone abgeglitten, litt unter anhaltendem Schuldendruck und Liquiditätsengpässen. Durch kreditfinanzierte Werksmodernisierung und Expansion war der Konzern den finanziellen Potenzen seines Gründers entwachsen. Die Weichen für eine grundlegende Sanierung waren allerdings bereits gestellt worden. Die Aktienmehrheit verblieb durch die Gratisübernahme eines 5 Millionen-Anteils auch nach der Kapitalerhöhung von 1929 noch bei Rasmussen. Sein Hauptgläubiger, die Sächsische Staatsbank Chemnitz, erwarb jedoch durch Umwandlung von Forderungen immerhin 40 Prozent des Stammkapitals und stellte in Person ihres Direktors, Dr. Alfred Bleicher, fortan den Aufsichtsratsvorsitzenden. Als Interessenvertreter der Staatsbank trat hierneben der Bankfachmann Dr. Richard Bruhn zunächst als Aufsichtsratsdelegierter, dann als ordentliches Mitglied dem Unternehmensvorstand bei. Zugleich wurden die Firmenstatuten einer Revision unterzogen und die Stellung der Generalversammlung und des Aufsichtsrats erheblich gestärkt. Die Sächsische Staatsbank Chemnitz nahm nunmehr über den Bereich der Kreditpolitik hinaus massiven Einfluß auf die Unternehmensleitlinien, Beteiligungsverhältnisse, Personalentscheidungen und selbst das Produktionsprogramm.
1.1.4. Wanderer-Werke AG, Schönau
Das vierte bedeutende sächsische Automobilunternehmen, die WANDERER-WERKE AG, VORM. WINKLHOFER & JAENICKE, SCHÖNAU, entstammte wie der Rasmussen-Konzern nicht genuin der Automobilbranche. Der Automobilbau, obgleich hier seinerseits seit 1911 tradiert, ergänzte bei Wanderer nur ältere Produktionen wie den Fahrrad-, Motorad-, Werk- und Büromaschinenbau. Die im Februar 1885 von Johann Baptist Winklhofer und Adolf Jaenicke gegründete CHEMNITZER VELOCIPED-DEPOT WINKLHOFER & JAENICKE bzw. seit 1887 CHEMNITZER VELOCIPED-FABRIK WINKLHOFER & JAENICKE produzierte seit 1886 unter dem Markenzeichen Wanderer zunächst Hoch-, ab 1888 dann Fahrräder. Zur Überbrückung der saisonalen Schwankungen im Fahrradgeschäft wurde das Produktionsprogramm 1890 auf den Werkmaschinenbau ausgedehnt. Vor dem Hintergrund beständiger Absatzgewinne und beengter Produktionsräume erwarben Winklhofer und Jaenicke 1895 ein neues Werksareal in der Chemnitzer Vorortgemeinde Schönau und wandelten ihr Unternehmen im Folgejahr mit Unterstützung der DRESDNER BANK AG in die Aktiengesellschaft WANDERER-FAHRRADWERKE AG, VORM. WINKLHOFER & JAENICKE, SCHÖNAU um. Die folgenden zwei Jahrzehnte bis zum Ersten Weltkrieg standen im Zeichen beständiger Produktionsausweitungen und forcierten Unternehmensausbaus. 1898 nahm Wanderer die Serienproduktion von Fräsmaschinen auf, 1902 folgte der Motorradbau, 1903 die Aufnahme der Schreibmaschinenproduktion und 1904/05 auch die Entwicklung eines ersten Wanderer-Automobils, eines Zweizylinder-Viertakt-Kleinwagens mit 12 PS und 1,8 Liter Hubraum. Von einer Serienproduktion wurde aber einstweilen Abstand genommen. Wanderer konzentrierte sich auf die absatzträchtigeren Fräsmaschinen-, Schreibmaschinen und Motorradsparten. Von 1896 bis in das letzte Vorkriegsjahr 1913 konnte Wanderer, inzwischen in WANDERER-WERKE AG, VORM. WINKLHOFER & JAENICKE, SCHÖNAU umbenannt, seine Bilanzsumme um 620 Prozent von rund 1,5 auf 9,3 Millionen Mark steigern. Die jährlichen Reingewinne summierten sich ungeachtet massiver Investitionen in den Werksausbau mittlerweile in Millionenhöhe und das Gesellschaftskapital belief sich nach drei Kapitalerhöhungen schon auf 3,5 Millionen Mark. Hauptaktionäre waren allerdings nicht mehr die beiden Firmengründer, die sich 1897 bzw. 1902 aus dem laufenden Geschäft zurückzogen und in den Aufsichtsrat wechselten, sondern die Dresdner Bank AG.
Angesichts des "boomenden" Motorradgeschäfts wagte Wanderer dann 1911/12 den Einstieg in den Automobilbau. Anders als die sächsischen Konkurrenten Horch und Audi setzte man dabei von Anbeginn auf billige Kleinwagen bzw. eine Ausdehnung der Automobilkundschaft auf die bürgerliche Mittelschichten. Seit 1911 arbeitete man an der Entwicklung eines Vierzylinder-Kleinwagen mit 1,2-Liter-Motor und 12 PS Leistung. Die Serienfertigung des Typs W-3 bzw. soge-nannten Wanderer-Püppchens wurde im Frühjahr 1913 aufgenommen und zeitigte - insbesondere auch im Exportgeschäft - umgehend Absatzerfolge. Der Einbruch des Exportmarkts durch den Ersten Weltkrieg konnte nach anfänglichen Umstellungsschwierigkeiten durch Heereslieferungen, insbesondere aber auch gesteigerte Rüstungsproduktionen der Motorrad- und der Maschinenbausparten mehr als kompensiert werden. Der Vorkriegs-W-3 wurde 1913/14 immerhin in einer Stück-zahl von 500 Fahrzeugen abgesetzt, seine nachfolgende 15-PS-Version 1915-1921 gar in einer Stückzahl von 3100 Fahrzeugen. In den Geschäftsjahren 1913/14-1917/18 verdreifachte sich die Bilanzsumme der Wanderer-Werke AG von 9,265 auf 27,062 Millionen Mark und verdoppelten sich Dividende und Superdividende von 12 auf 25 Prozent. Die jährlichen Reingewinne erhöhten sich von 1,371 bis 1916/17 auf 4,970 Millionen Mark, halbierten sich 1917/18 allerdings u. a. durch den Ankauf des weitläufigen Siegmarer Werksgeländes und verstärkte Maschi-neninvestionen auf 2,518 Millionen Mark. Hierneben wurden auch das Gesell-schaftskapital 1916 auf 5,25 Millionen Mark aufgestockt sowie über 7 Millionen Mark auf Reserve- und Rücklagekonten angelegt - und für immerhin 14,2 Millio-nen Mark zeichnete Wanderer 1914/1918 Kriegsanleihen.
Die seit längerem vorbereitete Wiederaufnahme der Friedensproduktion verlief aller Klagen über lähmende Streiks und Materialverknappung zum Trotz relativ reibungslos. Umsatz und Reingewinn erhöhten sich 1918/19 auf 27,1 bzw. 3,7 Millionen Mark. Die Kriegsgewinnsteuerrücklage konnte auf 6,5 Millionen Mark aufgestockt werden und die Dividende und Superdividende beliefen sich auf immerhin 20 Prozent. Die Bilanzwerte zu den Geschäftsjahren 1919/20-1922/23 sind aufgrund der fortschreitenden Inflation kaum noch aussagekräftig. Die Geschäftsberichte vermerken jedoch durchweg zufriedenstellende Geschäftsverläufe, hohe Produktionsauslastungen und Fortschritte beim Ausbau des Schönauer und neuen Siegmarer Werks. Zur Entwicklung des Wanderer-Automobilbaus liegen dabei nur vereinzelte Daten vor. Nach der oben bereits erwähnten Wanderer-Produktionsstatistik wurden 1920-1923 175 Exemplare des 18 PS-Wagens W-6 sowie 1920-1927 5.500 Exemplare des 15- bzw. 20-PS-Typs W-8 produziert.
Für die Zeit von der Währungsreform bis zur Weltwirtschaftskrise von 1929 wei-sen die Geschäftsberichte einen zunächst positiven Geschäftsverlauf aus, der ab der Wirtschaftskrise von 1926 dann aber insbesondere im Automobil- und Motorradbereich umschlug. Der Wanderer-Automobilbau, 1926/27 in den nunmehr fertiggestellten Siegmarer Erweiterungsbau verlegt und mit hohem Investitionsaufwand auf die Fließbandfertigung umgestellt , verlagerte sich seit Mitte der 1920er Jahre zunehmend auf PS-stärkere und teurere Mittelklassewagen . Die Produktionsziffern nahmen sich im Vergleich zu Luxuswagenherstellern wie Horch und Audi zwar "märchenhaft" aus - vom W-9 wurden 1925/1926 500, vom W-10 1926-1929 8000, vom W-11 1928-1931 4800 und vom W-10/4 1930/31 3400 Fahrzeuge produziert - aber selbst diese hohen Stückzahlen deckten nicht die Investitions- und Fertigungskosten. Den Geschäftsbericht für 1927/28 leiteten die Vorstände Georg Daut, Richard Stuhlmacher und Klaus-Detlof von Oertzen mit den lakonischen Worten ein: "In unser 33. Geschäftsjahr sind wir [...] mit keinen allzu großen Hoffnungen eingetreten. Wir sahen voraus, daß besonders in Automobilen uns ein schwerer Konkurrenzkampf bevorstehen würde und die eingetretenen Ereignisse haben diese Annahme leider durchaus bestätigt." Die am Berichtsende ausgesprochen Hoffnung auf einen befriedigenderen Automobilab-satz 1928/29 mußte im Folgebericht revidiert werden: "Insbesondere ist unsere Hoffnung auf einen größeren Absatz im Autogeschäft [...] nicht in dem Maße in Erfüllung gegangen, wie dies im Interesse der Rentabilität dieser Abteilung bei den vorgenommenen großen Investierungen notwendig ist. [...]. Durch diese Ab-satzstockung, die sich besonders ungünstig in der zweiten Hälfte des Geschäftsjahres bemerkbar gemacht hat, haben sich Vorräte angesammelt. Ferner war die Folge eine Einschränkung im Automobilbau, die von Mitte Juli bis gegen Ende des Geschäftsjahres, d. i. der 30. September 1929, anhielt und dem Gesamtunter-nehmen erhebliche Unkosten verursacht hat ". Schon vor Ausbruch der Weltwirt-schaftskrise entwickelte sich der Automobilbau also zunehmend zum "Kostgänger" der übrigen Unternehmenssparten - wobei allerdings der Motorradbau ausge-nommen werden muß. In diesem Bereich beklagte man bereits seit Mitte der 1920er Jahre verschiedentlich Absatzeinbußen und Verluste.
Das Unternehmen reagierte auf die Verluste mit forcierten kaufmännischen und technischen Rationalisierungsmaßnahmen. Der Motorradbau wurde Mitte 1929 eingestellt. Die Fertigungsanlagen und Lizenzen für das 500er-Modell veräußerte Wanderer an die WAFFENWERKE F. JANACEK AG, PRAG, die es unter dem Markenzeichen Jawa (Janacek/Wanderer) fortproduzierte. Die Fertigungsanlagen für die kleineren Wanderer-Motorräder erwarb die NSU - VEREINIGTE FAHR-ZEUGWERKE AG, NECKARSULM, die ihre Produktion unter dem Markenna-men NSU-Wanderer gleichfalls fortführte. Im Automobilbau reagierte man über Rationalisierungsmaßnahmen hinaus auch mit der Aufnahme der W-10/4-Fertigung, d. h. der Wiederhereinnahme eines billigeren und leistungsschwächeren Fahrzeugs in das Typenprogramm. Insgesamt verfehlten diese Maßnahmen nicht ihre Wirkung. Im Geschäftsjahr 1929/30 konnten die Verbindlichkeiten des Un-ternehmens bedeutend gesenkt, ein kleiner Gewinn ausgewiesen und auch wieder Dividenden ausgezahlt werden. Aller widrigen Konjunktureinflüsse zum Trotz behauptete man auch in allen Produktionssparten das Umsatzniveau - allerdings mit einer Ausnahme: dem Automobilbau.
Die Konsequenzen legte der Vorstand den Aktionären in seinem Geschäftsbericht für 1930/31 zur Hauptversammlung vom 29. Juni 1932 nahe - wobei die zum fünften Tagesordnungspunkt geforderte Zustimmung aufgrund der Beteiligungsverhältnisse nur noch eine reine Formsache war: "Als im Herbst des Berichtsjahres die Anregung an uns erging, unsere Automobilinteressen in eine Gesellschaft einzubringen, an welcher sich die Zschopauer Motorenwerke J. S. Rasmussen AG in Zschopau, die Horchwerke AG in Zwickau und die Audiwerke AG in Zwickau beteiligen sollten, haben wir auf Grund reiflichster Überlegungen zugestimmt. Wir sehen nur eine Möglichkeit, daß sich die deutsche Automobilindustrie behauptet, wenn sich unter Beibehaltung ihrer in der Welt anerkannten Fabrikmarken diejenigen Automobilunternehmungen zusammenschließen, die sich in ihrem Fabrikationsprogramm und damit im Verkauf ergänzen bzw. ihr Fabrikationsprogramm organisch zweckmäßig gestalten können. Diese Voraussetzung ist bei einer Zu-sammenfassung der Automobilinteressen der genannten Werke gegeben. Vom Motorrad über den kleinen und mittleren bis zum großen und schwersten Wagen sind durch diese Betriebe alle Absatzmöglichkeiten geschaffen. [...]
Findbuch zu den Beständen Auto Union AG, Horchwerke AG, Audi-Automobilwerke AG und Zschopauer Motorenwerke J. S. Rasmussen, bearb. von M. Kukowski. Veröffentlichungen der Sächs. Archivverwaltung, Reihe A, Bd.1.1 und 1.2, 2000.
Kukowski, Martin: Die Abwicklung der Chemnitzer Auto Union AG und die Reorganisation des südwestsächsichen Automobilbaus von 1945-1948 : Projektarbeit; Technische Universität Chemnitz, Lehrstuhl für Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Chemnitz, 2001.
Kukowski, Martin; Boch, Rudolf: Kriegswirtschaft und Arbeitseinsatz bei der Auto Union AG Chemnitz im Zweiten Weltkrieg, Stuttgart, 2014 (Beiträge zur Unternehmensgeschichte ; Bd. 34).
Ackermann, Matthias: Die Plakatsammlung des Sächsischen Staatsarchivs Chemnitz: Eine Untersuchung zur Kraftfahrzeugwerbung der Auto Union Aktiengesellschaft 1935 bis 1945 / Leipzig, Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur, Bachelorarbeit 2014.
Fiechtner, H.: Zur Rolle des Konzerns "Auto Union" bei der Vorbereitung des zweiten Weltkrieges, dargestellt anhand des Bestandes "Auto Union" im Landesarchiv Leipzig, in Archivmitteilungen 2/1963, S. 47 - 49.
»aufgeHORCHt« ist das Journal für Autofreunde, herausgegeben vom Förderverein »August Horch Museum Zwickau« e.V., 19. Jg., 02/2022, S. 10 - 17
Wachstum und Konzentration in der deutschen Automobilindustrie. Ein Beitrag zum 90. Gründungsjahr der Auto Union AG Chemnitz. Autor: Prof. Dr. Peter Kirchberg.
Kukowski, Martin: Die Abwicklung der Chemnitzer Auto Union AG und die Reorganisation des südwestsächsichen Automobilbaus von 1945-1948 : Projektarbeit; Technische Universität Chemnitz, Lehrstuhl für Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Chemnitz, 2001.
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»aufgeHORCHt« ist das Journal für Autofreunde, herausgegeben vom Förderverein »August Horch Museum Zwickau« e.V., 19. Jg., 02/2022, S. 10 - 17
Wachstum und Konzentration in der deutschen Automobilindustrie. Ein Beitrag zum 90. Gründungsjahr der Auto Union AG Chemnitz. Autor: Prof. Dr. Peter Kirchberg.
Aufsichtsratssitzungen.- Ausländische Arbeitskräfte, Kriegsgefangene und KZ-Häftlinge.- Bauvorhaben.- Betriebsanleitungen.- Bilanzen.- Demontage.- Export.- Filialien und Werke.- Finanzen und Vermögen.- Forschung und Entwicklung.- Filme.- Fotos.- Fusion zur Auto Union AG, Chemnitz.- Generalversammlungen.- Hauptversammlungen.- Geschäftsberichte.- Grundbesitz.- Handel.- Inventuren.- Jahresabschlüsse.- Konstruktion.- Kriegsschäden.- Kundendienst.- Lagepläne.- Luftschutz.- Feuerschutz.- Patentwesen.- Personalakten A - Z.- Plakate.- Preisbildung.- Rechtsstreitigkeiten.- Rennsport.- Reorganisation und Abwicklung.- Rüstungsproduktion.- Satzungen und Statuten.- Statistiken.- Steuern.- Stücklisten von Automobilen und Motorrädern sowie Motoren.- Technische Zeichnungen.- Gebäudeentwurfszeichnungen.- Tochtergesellschaften.- Verbände und Vereine.- Versicherungen.- Werbung.- Zulieferer.
Die Auto Union AG, Chemnitz entstand 1932 als Fusion der sächsischen Fahrzeug- und Motorenwerke Audi Automobilwerke AG (Zwickau), Horchwerke AG (Zwickau), Wanderer-Werke AG (Siegmar-Schönau) und Zschopauer Motorenwerke J. S. Rasmussen AG (Zschopau). Das Produktionsprofil umfasste die Fertigung von Automobilen und Motorrädern sowie Motoren, so zum Beispiel die Herstellung des sogenannten „Volkswagens“. International wurde die Auto Union AG durch den Rennsport bekannt. Während des Zweiten Weltkrieges war das Unternehmen mit seinen Filialen und Werken in die Rüstungsproduktion integriert. Kraft- und Panzerfahrzeuge für das Heer, Motoren für die Luftwaffe und Torpedos für die Kriegsmarine standen im Mittelpunkt des Fertigungsprogramms. Auch zahlreiche ausländische Arbeitskräfte, Kriegsgefangene und KZ-Häftlinge wurden in diese Rüstungsproduktion einbezogen. Nach Kriegsende und Demontage durch die sowjetische Besatzungsmacht wurden die Werke der Auto Union AG, Chemnitz auf Beschluss der sächsischen Landesverwaltung vom 3. Oktober 1945 von dieser abgetrennt und der neu gegründeten Sächsischen Aufbau-Werk GmbH (SAW) übergeben. Damit entstand aus den Produktionsstätten und erhaltenen Vermögenswerten der Auto Union AG ein unbelastetes und gemeinnütziges Unternehmen.
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