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Beständeübersicht

Bestand

40026 Stolln-Administration des fiskalischen Rothschönberger Stolln

Datierung1843 - 1892
Benutzung im Bergarchiv Freiberg
Umfang (nur lfm)4,84
Vorwort
Der 50,9 km lange Rothschönberger Stolln gliedert sich in:
" den fiskalischen Stolln, der zwischen 1844 und 1877 auf Staatsrechnung erbaut wurde und einschließlich der knapp 850 m langen Rösche unter der Triebisch vom Triebischtal bei Rothschönberg über 13,9 Kilometer und 8 Lichtlöcher bis Halsbrücke führt, und
" den aus mehreren Trakten bestehenden Revierstolln, der in der Zeit von 1848 bis 1913 in den Gruben zwischen Halsbrücke und Brand-Erbisdorf auf deren Rechnung vorgetrieben wurde und eine Länge von 25 km hat.
1877 erfolgte etwa 20 m südlich des Halsbrücker Spates unter dem Dorf Halsbrücke der Durchschlag zwischen beiden Teilen.

Der vorliegende Bestand beinhaltet ausschliesslich den fiskalischen Stolln. Der Revierstollnbau erfolgte unter der Leitung des Revierausschusses Freiberg in Regie der Revierwasserlaufsanstalt.

Behördengeschichte

Der Bau des Rothschönberger Stollns geht auf ein Projekt des Oberberghauptmanns Sigismund Wolfgang August von Herder zurück, der 1825 einen ersten Plan zur Lösung der seit dem 18. Jahrhundert abgesoffenen Halsbrücker Tiefbaue durch einen von der Elbe bei Meißen bis zum Lorenz Kunstschacht vorzutreibenden tiefen Erbstolln vorlegte. Erste Überlegungen zu einer höher angelegten Stollnführung zur Triebisch bei Rothschönberg äußerte 1829 der Freiberger Bergmeister Carl Gustav Adalbert von Weißenbach. Diese wurden auch nach der 1829 erfolgten Ablehnung des kostspieligen Meißner Elbstollnprojektes durch die landständische Deputation vom Oberbergamt zunächst zurückgehalten. Oberberghauptmann von Herder, der 1833 das Projekt auch von Alexander von Humboldt begutachten ließ, und sein Amtsnachfolger Johann Carl Freiesleben unternahmen weitere erfolglose Versuche, das Finanzministerium und den Landtag für den Vortrieb des Meißner Elbstollns zu gewinnen. Erst 1840 wurde vom Oberbergamt der Bau eines Rothschönberger Stollns als kurzfristige Alternative zum Elbstolln vorgeschlagen.
Als Bauzeit für den Rothschönberger Stolln waren 22 Jahre vorgesehen. Finanziert werden sollte das Projekt mit jährlich 59.000 Talern aus dem Staatshaushalt. Nach Vollendung des Rothschönberger Stollns sollte mit jährlich 10.000 Talern innerhalb von 120 Jahren der Meißner Elbstolln vorgetrieben werden. 1843 wurde der Stollnbau durch den Landtag beschlossen.

Nachdem das Oberbergamt am 11. Mai 1844 den Obereinfahrer Ernst Rudolph von Warnsdorff mit der Oberaufsicht und Leitung des Stollns betraute und den Johanngeorgenstädter Rezessschreiber Johann Friedrich Arnold als Schichtmeister und Rechnungsführer eingesetzt hatte, wurde der Beginn der Vorbereitungsarbeiten für die 1. Woche Crucis [Montag 1. Juli] 1844 genehmigt. Zum Obersteiger wurde August Friedrich Jobst ernannt. Rechtssitz der Stollnadministration war das Huthaus in Oberreinsberg. Nach Arnolds Tod im Jahre 1855 wurden dessen Funktionen getrennt. Die Schichtmeisterfunktion übernahm ab 1855 Theodor Ewald Hesse. Rechnungsführer wurde Karl August Gläser, der später auch die Geschäfte des Freiberger Darlehns-Vereins bis zu dessen Zusammenbruch führte.

Neben dem Stolln und der Abzugsrösche unterstanden der fiskalischen Stollnadministration noch weitere mit dem Betrieb im Zusammenhang stehende Einrichtungen. Von der Bäckermühle bei Krummenhennersdorf führte eine zwischen 1844 und 1846 errichtete Graben- und Röschentour über 3,5 km Aufschlagwasser aus der Bobritzsch zum IV. und V. Lichtloch. Zum gleichen Zweck wurde am I. Lichtloch der Tännigtbach zu einem Bergwerksteich angestaut. Nach Quell- und Brunnenzäpfungen errichtete und unterhielt der Stolln zur Wiederherstellung der Wasserversorgung von Grundstücken u.a. Wasserleitungen in Krummenhennersdorf, Neukirchen, Fasanenhäuser, Gotthelffriedrichsgrund und Sand. 1868 erfolgte zur Versorgung mit Wasser die Mutung des Wahl Erbstollns bei Krummenhennersdorf als Beilehn.

Im Innern des Freiberger Reviers begann ab 1848 der Vortrieb von Stollntrakten durch die einzelnen Berggebäude.

Am 8. April 1851 erfolgte nahe des I. Lichtloches bei Rothschönberg in einer Schwimmsandzone am Übergang vom Gneis zum Tonschiefer ein Bruch, der Durchtrieb durch diesen Bereich wurde 1864 hergestellt. Verzögerungen entstanden durch starke Wassererschrotungen, insbesondere beim II., IV., VI., VII. und VIII. Lichtloch. Schadenersatzforderungen wegen Quellen- und Brunnenzäpfungen sowie die Errichtung von Wasserleitungen zur Gewährleistung der Trink- und Brauchwasserversorgung erhöhten die Kosten. Durch einen Fehler des Markscheiders Steeger machte sich eine Nachreißung der Stollnförste notwendig. Die ursprünglich vorgesehene Anzahl der Lichtlöcher wurde 1865 von sieben auf acht erhöht. Während des Vortriebs des Stollns erfolgte nicht nur die Abschaffung des staatlichen Direktionsprinzips im Bergbau. Zum Ende der 1860er Jahre setzte ein Rückgang der Silberförderung ein. Die für 1866 vorgesehene Vollendung war nicht realisierbar. Als weitere Termine der Fertigstellung wurden 1873, 1874 und schließlich 1876 genannt. Die Verzögerungen und Kostenüberschreitungen führten 1869 im Landtag zur Frage nach dem Nutzen des Projekts für den Staat und nachfolgend zu zunehmender Kritik, dass mit dem Stollnbau einem einzelnen Wirtschaftszweig unverhältnismäßig starke Förderung gewährt würde. Wegen der absehbaren Vollendung und mit wohlwollender Unterstützung des im Finanzministerium für das Montanwesen zuständigen Geheimen Finanzrates Otto von Freiesleben, der bereits als Bergamtsassessor in Freiberg an den Projekt beteiligt und ein Sohn des Berghauptmanns Johann Carl Freiesleben war, wurden weitere Mittel zur Fertigstellung bewilligt.

Ab Januar 1869 wurde die Leitung des Stollns durch den erkrankten Warnsdorff unter Beteiligung des Freiberger Bergmeisters Carl Hermann Müller, der insbesondere auch die Befahrungen übernahm, wahrgenommen. Nach dem Tode Warnsdorffs am 16. August 1871 wurde Müller zum Administrator des Stollns bestellt. Die Wahrnehmung juristischer Geschäfte wurde am 18. Februar 1872 dem Oberbergrat Carl Maximilian Ehregott Edler von der Planitz übertragen. Müller suchte am 16. Januar 1874 um Enthebung von der Funktion des Administrators der fiskalischen Berggebäude in Freiberg, um sich ausschließlich seiner Tätigkeit im Bergamt zu widmen. Dem wurde hinsichtlich der Gruben Kurprinz und Beihilfe stattgegeben. Dagegen äußerte das Finanzministerium den dringenden Wunsch zur Beibehaltung der Funktion beim Rothschönberger Stolln in der kurzen Zeit bis zur Vollendung.
Nachdem offenkundig wurde, dass auch der Fertigstellungstermin im Jahre 1876 nicht mehr zu halten und ein Durchschlag bei herkömmlicher Vortriebsmethode in Sprengarbeit mit Handbohrbetrieb und Pulverbesatz frühestens Mitte 1878 zu erwarten war, wurde der Bergingenieur Adolph Mezger als Subunternehmer eingesetzt, dem die Ausführung des Stollnvortriebs zum Hoffnungschacht im Maschinenbohrbetrieb bis zum Jahre 1877 oblag. Am 21. Dezember 1875 begann die Zäpfung der alten Halsbrücker Tiefbaue. Innerhalb von drei Wochen erfolgte dort eine Absinkung des Wasserspiegels um 92 m.
Mezger setzte in dem von ihm vorgetriebenen Trakt mit dem Maschinenbohren vertraute italienische Arbeiter ein. Am 21. März 1877 stellte er mit dem Durchschlag zwischen dem VIII. Lichtloch und dem Gegenort aus dem Hoffnungschacht die Verbindung zwischen dem fiskalischen Rothschönberger Stolln und Rothschönberger Revierstolln her. Damit war der 13,9 km lange fiskalische Rothschönberger Stolln nach knapp 33-jähriger Bauzeit vollendet. Anlässlich der Fertigstellung wurde am 12. April 1877 in kleinem Rahmen eine Vollendungsfeier abgehalten.

Am 16. Mai 1877 wurden mit Oberes Neues Geschrei Fundgrube und Himmelfahrt Fundgrube die ersten beiden Gruben im Innern des Reviers durch den Stolln gelöst. Wenig später folgten die Gruben auf dem Hohe Birke Zug und Vereinigt Feld bei Brand. Die Gesamtkosten des Stollenbaus betrugen 7.186.697,43 Reichsmark und überstiegen damit die ursprünglich angesetzte Summe von 1.300.000 Talern (4.008.300 RM) um 79, 2 %.

Mit der Pensionierung des Edlen von der Planitz erfolgte am 1. Januar 1880 auch dessen Entbindung als juristischer Beirat. Am 23. September 1881 verstarb der inzwischen mit dem Prädikat Bergverwalter versehene Obersteiger Jobst. Zunächst erfolgte eine interimistische Wahrnahme der Geschäfte durch den Oberzimmerling Rost, danach wurde die Stelle mit dem Obersteiger Gotthelf Traugott Friedrich von Segen Gottes bei Gersdorf wiederbesetzt.

Im Jahre 1887 wurde die separate Betriebsführung beim fiskalischen Rothschönberger Stolln eingestellt und eine gemeinsame Betriebsverwaltung von Beihilfe-Kurprinz und Rothschönberger Stolln geschaffen. Zum Betriebsführer wurde Heinrich Fischer ernannt. 1888 folgte auch die Einstellung der separaten Rechnungsführung und die Zuordnung zur Kassenverwaltung der Grube Himmelfahrt. Zugleich wurde der fiskalische Rothschönberger Stolln als einfacher Grubenstolln der Grube Himmelfahrt zugeschlagen und damit auch die Zahlung der Stollnabgabe von den verstaatlichten und unter der Regie der Oberdirektion der Erzbergwerke geführten Gruben eingestellt.

Die durch den Rothschönberger Stolln herbeigeführte tiefere Wasserlösung der Gruben des Halsbrücker, Freiberg und Brander Reviers führte nur kurzzeitig zu einem Aufschwung der Silberförderung. Der Verfall des Silberpreises führte Ende des 19. Jahrhunderts zu ersten Betriebseinstellungen. Als 1913 der gesamte Freiberger Silberbergbau eingestellt wurde, blieben einzelne Trakte im Revier unvollendet.

Bestandsgeschichte

Die Verwaltungsakten der Rothschönberger Stollnadministration wurde 1871 nach dem Tode des Administrators von Warnsdorff - vermutlich aus dem Huthaus in Reinsberg - ins königliche Bergamtshaus in Freiberg transportiert und von dessen Nachfolger Müller übernommen. Dieser übergab sie 1888 an den Betriebsführer Heinrich Fischer. Es ist nicht bekannt, ob die Akten dabei im Bergamtshaus belassen wurden.

Weiteres Schriftgut lagerte im Huthaus in Reinsberg und wurde 1947 auf Anweisung staatlicher Stellen in der Papierfabrik Großschirma makuliert. Erhalten blieben davon zwei Mannschaftsbücher, das Strafbuch, Zechenbuch, Krankenbücher und eine Beilagsrechnung zur Einlegerechnung 1849 L, die in Privatbesitz gelangten.

1957 erstellte Herbert Luksch für die im Archiv befindlichen Akten ein neues Verzeichnis, das dem von 1871 entspricht. Er stellte dabei fest, dass einzelne Akten fehlten. Nach 2000 wurden in den Beständen Zechenregister und Oberzehntenamt Freiberg mehrere Bände von Einlegerechnungen des fiskalischen Rothschönberger Stollns vorgefunden und dem Bestand zu geordnet. Das Strafbuch wurde zur gleichen Zeit von Herrn Siegmar Hoppe an Prof. Reinhard Schmidt übergeben, es befindet sich heute in der Registratur des Sächsischen Oberbergamtes.

Im Jahre 2006 wurde der Bestand, der stark verschmutzt in überfüllten und ungeeigneten Kartons lagerte, gereinigt, mit einer neuen fortlaufenden Signatur versehen und umkartoniert. Im Vorfeld der Erschließung wurde in Augias gezielt nach den fehlenden Akten gesucht und daraufhin zwei Akten aus dem Bestand Revierwasserlaufsanstalt entnommen. Ab 2007 erfolgte durch den Bearbeiter eine erstmalige Verzeichnung des Bestandes und die Erstellung einer Systematik.
Eine Akte, deren Inhalt ausschließlich Fehlmeldungen für unabkömmliche Beamte im Falle einer Mobilmachung enthielt, wurde kassiert. Der Bestand weist starke Schädigungen durch Zerfall des holzschliffhaltigen Papiers auf. Einige Archivalien mussten deshalb für die Benutzung gesperrt werden.

Über den ursprünglichen Umfang des Rissbestandes der Administration ist nichts bekannt. Einzelne Risse wurden im Bestand 40089-2 Revierwasserlaufsanstalt - Risse aufgefunden und dort belassen. Die überwiegende Zahl der Risse befinden sich im Bestand 40102-2 Oberdirektion der Erzbergwerke. Da die Provenienz nur feststellbar ist, wenn auf den Rissen eine mit "R" beginnende Signatur nachweisbar ist und diese auch nach Auflösung der Stollnadministration von der Oberdirektion weiter geführt wurde, wenn es sich um Risse zum Rothschönberger Stolln handelte, wurde von einer Herauslösung Abstand genommen.

Henry Zimmermann


Freiberg, 23. Februar 2009

Korrespondierende Bestände

40001 Oberbergamt Freiberg
40005 Oberbergamt Freiberg - Maschinenbaudirektion
40010-1 Bergamt Freiberg
40024 (Landes-)Bergamt Freiberg
40027-10 Oberbergamt Freiberg (neu) - Flurkartensammlung
40027-11, 40027-12 Oberbergamt Freiberg (neu) - Markscheiderische Probearbeiten
40028 Oberbergamt Freiberg (neu) - Staatliche Bergwirtschaftsstelle
40036 Deponierte Erzrisse
40040 Fiskalische Erzrisse
40044-1 Generalrisse
40050 Bergamt Dresden
40085 Revierausschuss Freiberg
40089 Revierwasserlaufsanstalt
40102 Oberdirektion der Erzbergwerke
40174 Grubenakten des Bergreviers Freiberg


Literatur

Hoppe, Siegmar: Der Rothschönberger Stolln, Manuskript 1996-1997
Müller, Carl Hermann: Die Ausführung des fiscalischen Rothschönberger Stollns in den Jahren 1844 - 1877, Reprint, Freiberg 2002
Nestler, Johannes: Der Rothschönberger Stolln, seine derzeitig und zukünftige Bedeutung in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht, Meldearbeit, Freiberg 1961
Petermann, Lysann: Bergbauhistorie der Klosterregion Altzella - Der Rothschönberger Stolln, Reinsberg 2005
Sennewald, Rainer: Meißner Stolln und Rothschönberger Stolln - Das Projekt und seine Zeit, in: Andreas-Möller-Geschichtspreis 2004 und 2005, Freiberg 2006


Organisation.- Geschäftsführung.- Finanzen.- Grundstücke und Gebäude.- Bergbauliche Wasserwirtschaft.- Wasserentziehung.- Wasserleitungsbau.- Betriebsberichte.- Technische Anlagen.- Personal.- Sozialangelegenheiten.- Statistik.
Berghauptmann Sigmund August Wolfgang Freiherr von Herder schlug 1825 das Projekt eines Tiefen Meißner Stollns zur Entwässerung des Freiberger Bergreviers vor. Aus Zeit- und Kostengründen wurde dieses Projekt jedoch nicht verwirklicht. 1844 bis 1877 wurde nach Plänen des Bergmeisters von Weissenbach und unter der Oberleitung des Oberbergrats von Warnsdorff der Rothschönberger Stolln vorgetrieben. Er war seinerzeit der längste Tunnel bzw. Stolln der Welt und stellte eine Meisterleistung der Bergbautechnik dar. Er entwässert die Grubenfelder Oberneugeschrei, Himmelfahrt, Morgenstern, Friedrich, Herzog August, Kröner, Junge Hohe Birke, Beschert Glück, Einigkeit, Vereinigt Feld, Himmelsfürst, Beihilfe, Isaak und Kurprinz Friedrich August.
Mit allen seinen Verzweigungen ist der Rothschönberger Stolln 50,9 Kilometer lang, davon entfallen 13,9 Kilometer auf den staatlichen Teil, während der Rest von der Revierwasserlaufsanstalt verwaltet wurde. Die Breite des Rothschönberger Stollns ist etwa 2,5 Meter, seine Höhe etwa 3 Meter. Der Stolln liegt zwischen 94 und 152 Meter unterhalb der bisherigen Entwässerungsstolln.
Die bisher von der Königlichen Stolln-Administration wahrgenommene Verwaltung des staatlichen Teils des Rothschönberger Stollns wurde nach 1887 an die Oberdirektion der staatlichen Erzbergwerke übertragen, die sie bis 1913 ausführte.
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