Beständeübersicht
Bestand
40032 Markscheiderische Probearbeiten
Datierung | 1829 - 1943 |
---|---|
Benutzung im | Bergarchiv Freiberg |
Umfang (nur lfm) | 1,40 |
Bestandsgeschichte
Die Grenzen ("Markscheiden") der verliehenen Eigentums- und Abbaurechte an (Erz-) Lagerstätten wurden bereits seit dem späten Mittelalter sichtbar markiert ("vermarkt"). Durch die Anwendung von Vermessungsverfahren war es möglich, die übertägig festgelegten Grenzen auch unter Tage zu vermarken sowie andererseits die untertägigen Verhältnisse (Streckenverläufe, Abbaue) auf der Erdoberfläche abzustecken. Erst später ging man dazu über, die gemessene Situation auf Bild- bzw. Kartendokumenten darzustellen, anfangs als (perspektivische) "Bildkarten", ab dem 17. Jahrhundert in Form von zunehmend genaueren Grubenrissen. Die Ausführung solcher Arbeiten blieben den bei den Bergämtern bestallten Markscheidern, früher auch z.B. als Schiner, Schinirer usw. bezeichnet, vorbehalten. Im Zuge der Reform des sächsischen Montanwesens unter Abraham von Schönberg verfügte Kurfürst Johann Georg II. 1667 die Fertigung von "Abrissen der innerlichen Gebäude und Stroßen" aller Bergwerke und deren Hinterlegung bei den Bergämtern.
Der Unterricht der Markscheidekunst erfolgte durch die einzelnen Markscheider und nach der Errichtung der Bergstipendienkasse wurde er ab 1702 Teil des Unterrichts der Bergbaukunde. Nach der Gründung der Bergakademie begann 1766 erstmals ein systematischer Unterricht der Markscheidekunst, der jedoch nicht an der Akademie sondern am Wohnsitz des Freiberger Markscheiders als dessen Nebentätigkeit erfolgte. 1768 regelte ein kurfürstliches Reskript die Ausbildung von Markscheidern, die von den bei allen 12 Bergämtern bestallten Markscheidern nur dem Freiberger vorbehalten blieb. Erster Inhaber des Lehrstuhls für Markscheidekunde war von 1766 - 1779 Carl Ernst Richter, ihm folgten von 1780 - 1801 Johann Friedrich Freiesleben, von 1801 bis 1822 August Jonas Oehlschlägel und von 1823 bis 1859 Christian Friedrich Leschner. Daneben lehrten im Rahmen des Unterrichts in den Mathematischen Wissenschaften von 1766 - 1795 Johann Friedrich Wilhelm von Charpentier, 1795 - 1801 Friedrich Wilhelm Lempe, 1801 - 1816 Friedrich Gottlieb von Busse, 1816 - 1833 Daniel Friedrich Hecht, 1833 - 1835 Moritz Friedrich Gätzschmann und ab 1835 Julius Ludwig Weisbach die theoretische Markscheidekunst.
Die erfolgreiche Einführung neuer mathematischer Berechnungsmethoden durch Weisbach veranlassten das Oberbergamt nach dem Tode des Obermarkscheiders Leschner 1859 die bis dahin weiterhin nach herkömmlichen Methoden abgehaltene Lehre der praktischen Markscheidekunde an den Lehrstuhl für höhere Mathematik zu übergeben und Prof. August Junge zu übertragen. Nach dessen Tode übernahm Weisbach 1869 selbst die Lehre der Markscheidekunst. Die praktischen Übungen führte dessen Assistent Oscar Choulant durch. Nach Weisbachs Tode wurde ein separater Lehrstuhl für Geodäsie und Markscheidekunst eingerichtet, sein Leiter war bis 1877 Moritz Hermann Viertel und danach Max Schmidt.
Die praktische Ausbildung der Markscheider wurde erstmals im "Patent an die Königlichen Bergämter Altenberg, Annaberg, Johanngeorgenstadt, Marienberg und Schneeberg, die Beschäftigung der für den practischen Dienst sich bestimmenden Berg- und Hüttenwerkscandidaten betreffend" vom 26. Februar 1834 durch das Oberbergamt näher geregelt. Nach erfolgreicher Beendigung des akademischen Kurses sollten die Absolventen in den Revieren als Markscheiderassistenten unter Aufsicht der Markscheider oder der Bergämter markscheiderische Arbeiten durchführen und auf diese Art auf eine spätere Diensteinstellung als Markscheider vorbereitet werden. Am 5. November 1834 erließ das Oberbergamt an sämtliche königlichen Bergämter das "Patent über die Probearbeiten der Markscheider-Aspiranten". Darin wurde die Fertigung einer Probearbeit zum Nachweis der Qualifikation und Zuverlässigkeit durch die Bergwerkskandidaten vor einer Anstellung als Markscheider zur Bedingung gemacht.
Die Aufgabenstellung der Probearbeiten erfolgte durch das Oberbergamt auf Vorschlag eines Markscheiders, sie konnte jedoch auch auf ein Bergamt delegiert werden. Insbesondere sollten die Aspiranten dabei durch präzise Berechnungen und Angaben für Ortsdurchschläge in flachfallende Schächte, Querschläge von flachfallenden Gangörtern in Richtschächte sowie Durchschläge in Grubenbaue ihr markscheiderisches Können nachweisen. Mittels Darstellung von Tagesituationen sollten darüber hinaus die über das Ziehen und Zulegen hinausgehenden Fertigkeiten für andere rissliche Darstellungsformen nachgewiesen werden und der Kandidat dabei gleichfalls seine bei der Erledigung der Arbeit gewonnenen bergmännischen Erkenntnisse darlegen. Die Thematik der Probearbeit sollte möglichst gleichzeitig auch zur Lösung von in den Revieren anstehenden Problematiken beitragen. Neben der risslichen Darstellung war eine kurze schriftliche Erläuterung zur Lösung der Aufgabe sowie die dazu durchgeführten Berechnungen und Messergebnisse einzureichen. Den Reviermarkscheidern oblag die Begutachtung der Probearbeit insbesondere hinsichtlich der Genauigkeit und Zuverlässigkeit der Messungen mit den Instrumenten, der Berechnungen, der Führung der Winkelbücher sowie der risslichen Darstellung. Ebenso wurde die richtige Beurteilung der Thematik und örtlichen Verhältnisse einschliesslich der fachgerechten Lösung der gestellten Aufgabe, wie auch die vollständige und deutliche Darstellung auf dem Riss und in den schriftlichen Arbeiten sowie die Beachtung der für die Rissfertigung üblichen Regeln und die richtige bildliche Darstellung beurteilt. Zusammen mit dem bergamtlichen Gutachten waren die Probearbeiten dann beim Oberbergamt einzureichen.
Die in Folge der zunehmenden Bedeutung des Kohlenbergbaus erlassene "Verordnung, die Fertigung markscheiderischer Grubenrisse über unterirdische Kohlenwerke betreffend" vom 19. Juni 1850 schuf mit den Kohlenwerksmarkscheidern eine zweite Klasse von Markscheidern. Dabei handelte es sich um Kohlenwerksbeamte, die nach Ablegung einer wissenschaftlichen und praktischen Prüfung zur Durchführung von markscheiderischen Arbeiten im Kohlenbergbau zugelassen wurden. Damit arbeiteten erstmals neben den königlichen Markscheidern in Sachsen auch Privatmarkscheider. Im Gegensatz zu den Markscheidern mussten die Kohlenwerksmarkscheider keine bergakademische Vorbildung besitzen. Die Prüfung der Kohlenwerksmarkscheider erfolgte durch die beiden Königlichen Markscheider in Freiberg unter Hinzuziehung eines Mitgliedes des Oberbergamtes. Nachdem zunächst nur festgeschrieben war, dass die Anforderungen an die Prüfung geringer als bei den Markscheidern zu setzen waren, verordnete das Oberbergamt am 5. Februar 1851 in den "Vorschriften für die Prüfung der Kohlenwerksmarkscheider" gleichfalls die Fertigung einer markscheiderischen Probearbeit nach den Grundsätzen des Patents vom 5. November 1834. Bei der Prüfung hatte dabei der Aspirant neben der Probearbeit, die unter Verwendung eigener Instrumente zu erstellen war, seine Kenntnis der markscheiderischen Berechnungen, des Aufbaus und der Verwendung der Instrumente, der Fertigung der gewöhnlichen Projektionen, der Führung des Winkelbuches, der verschiedenen Methoden des Zulegens, die Anforderungen an Grund- und Seigerrisse, Profilrisse und Flache Risse sowie die Ermittlung von Angaben aus Rissen bei einer mündlichen Prüfung nachzuweisen. Aus Anmerkungen der Prüfer in den Probearbeiten ist ersichtlich, dass dabei auch größere Nachsicht ausgeübt wurde, wenn z.B. der Prüfling Grundkenntnisse der Markscheiderei nachwies und wegen seiner Inanspruchnahme als leitender Privatbeamter anzunehmen war, dass er einer markscheiderischen Tätigkeit nur in geringem Umfang nachgehen würde.
1863 wurde eine 4-köpfige Markscheiderprüfungskommission aus einem Mitglied des Oberbergamtes (Vorsitz), den akademischen Lehrern der praktischen und allgemeinen Markscheidekunst sowie einem Markscheider aus Freiberg geschaffen und die Unterschiede zwischen Probezügen der Markscheider und Kohlenwerksmarkscheider entfielen.
Mit dem Allgemeinen Berggesetz vom 16. Juni 1868 kam das Staatsprivileg für die Anstellung der Markscheider in Wegfall und sie erhielten das Recht zur freien Ausübung ihres Gewerbes als konzessionierte Markscheider nach den Regelungen der Reichs-Gewerbe-Ordnung. Durch die "Verordnung, die Markscheider und das Risswesen bei dem Bergbaue betreffend" vom 3. Dezember 1868 kam es zur Abschaffung der Kohlenwerksmarkscheider. Als Voraussetzungen für die Zulassung zur Markscheiderprüfung galten eine wissenschaftliche Vorbildung im Markscheiderfach, ein einjähriger praktisch-bergmännischer Arbeitskurs mit befriedigendem Erfolg und eine einjährige Tätigkeit in den verschiedenen Zweigen des Markscheidergeschäftes. Die Aufstellung und Begutachtung der Probearbeiten oblag der in Freiberg ansässigen Königlichen Kommission für die Prüfung der Markscheider unter dem Vorsitz des Bergamtsdirektors, der weiterhin die Lehrer der Markscheidekunst an der Berg-akademie und der Bergamtsmarkscheider angehörten. Als Thema der ohne fremde Hilfe anzufertigenden Probearbeit war ein für wichtige Grubenausführungen erforderlicher Markscheiderzug, der neben der untertägigen Darstellung auch eine Tagesaufnahme zu enthalten hatte. Mit dieser Arbeit hatte der Kandidat seine Genauigkeit und Zuverlässigkeit im Umgang mit den Instrumenten, bei den Berechnungen, den Führungen der Manuale und der risslichen Darstellung sowie sein Urteilvermögen in der Auffassung der Aufgabe, Kenntnis der Regeln bei der Fertigung der Risse als auch die Vollständigkeit und Deutlichkeit seiner Ausführungen nachzuweisen. Die Bewertung der Probearbeit erfolgte durch die Prüfungskommission ohne Zensurierung. Dem Kandidaten wurde durch ein Zeugnis das Bestehen der Markscheiderprüfung bescheinigt und er konnte danach beim Finanzministerium seine Verpflichtung beantragen. Als konzessionierter Markscheider war er dadurch sowohl für private als auch öffentliche Aufträge zugelassen und galt zudem als Feldmesser zweiter Klasse bzw. geprüfter Feldmesser. Im Falle des Nichtbestehens war nach einem weiteren Jahr markscheiderischer Ausbildung einmalig die erneute Anmeldung zur Prüfung möglich.
Mit der Novelle des Allgemeinen Berggesetzes vom 31. August 1910 und der Ausführungsverordnung vom 20. Dezember 1910 wurden die Zulassungsvoraussetzungen für die Konzessionsprüfung verändert. Neben dem Nachweis der Unbescholtenheit musste der Kandidat grundsätzlich die Diplomprüfung an der Bergakademie als Markscheider bestanden und danach ein halbes Jahr im Bergbaubetrieb und acht Monate bei einem konzessionierten Markscheider mit gutem Erfolg gearbeitet haben. Vor der Kommission für die Prüfung der Markscheider in Freiberg, die von einem technischen Mitglied des Bergamtes / Oberbergamtes (neu) geleitet und der weiterhin der Bergamtsmarkscheider, der Professor der Markscheidekunde und Geodäsie an der Bergakademie und ein hauptberuflicher konzessionierter Markscheider angehörten, hatte der Kandidat eine mündliche Prüfung und die Probearbeit abzuleisten. Als Thematik der Probearbeit wurde nunmehr eine wichtige Grubenausführung, deren Lösung Aufgabe eines konzessionierten Markscheiders wäre, festgelegt. Dabei wurde nicht mehr die Fertigung eines Grubenrisses einschließlich der Tagesituation zur Bedingung gemacht. Als Aufgabenstellungen sind seit dem 2. Viertel des 20. Jahrhunderts zumeist Anschlüsse an das Landeskoordinatennetz oder Ermittlungen von Senkungen im Kohlenbergbau festzustellen. Nach Vorlage der Probearbeit hatte der Kandidat in einer mündlichen Prüfung, von der er bei mangelhafter Probearbeit wegen Unfähigkeit ausgeschlossen werden konnte, seine Kenntnisse in der Lösung markscheiderischer Aufgaben und der gesetzlichen Bestimmungen für den Markscheiderberuf nachzuweisen. Nach bestandener Prüfung, für die keine Benotung erfolgte, fasste das Bergamt / Oberbergamt (neu) von Amts wegen den Beschluss über die Erteilung der Konzession.
Als Folge der Einstellung des sächsischen Erzbergbaus entstand zu Beginn des 20. Jahrhunderts die neue Situation, dass im Lande keine umfassende praktische Ausbildung der Markscheider mehr möglich war und die Kandidaten ihre praktischen Arbeitskurse zur Vorbereitung auf die Prüfung in Preußen im rheinisch-westfälischen, siegerländischen, lausitzer, ober-schlesischen und niedersächsischen Bergbau absolvierten. Ebenso wurde es immer schwieriger, geeignete Aufgabenstellungen für die Probearbeit zu finden, an deren Lösung im Interesse von Bergbauunternehmungen der Kandidat die erforderliche Unterstützung erhielt, um nicht allein die Kosten der Arbeit zu tragen. Dies führte schliesslich dazu, dass in den 1930er Jahren der Markscheiderkandidat Richter mangels geeigneter Aufgabe für die Konzessionsprüfung zum Oberbergamt Dortmund überwiesen werden musste.
Da es sich beim Bergrecht um Landesrecht handelte, galt die Konzession auch nach 1871 nur innerhalb Sachsens. Ebenso mussten sich in Preußen oder anderen deutschen Ländern konzessionierte Markscheider in Sachsen einer Konzessionsprüfung unterziehen.
Nach den am 7. September 1934 erlassenen "Vorschriften des Sächsischen Finanzministeriums über die Ausbildung und Prüfung der Markscheider" bestand die Markscheiderausbildung aus einer mindestens einjährigen praktischen bergmännischen und markscheiderischen Lehrzeit, einem nachfolgenden Hochschulstudium mit Abschluss als Diplom-Markscheider sowie einer weiteren mindestens einjährigen markscheiderischen Probezeit mit Prüfungsabschluss beim Oberbergamt. Die Probezeit gliederte sich in eine zehnmonatige Ausbildung in Markscheidereien, von der 4 Monate dem Steinkohlenbergbau vorbehalten waren, sowie einer zweimonatigen Ausbildung in der Oberbergamtsmarkscheiderei. In diesem Zeitraum wurde dem Kandidaten vom Oberbergamt vierteljährlich eine Studienarbeit aufgegeben. Nach Ableistung der Probezeit konnte sich der Kandidat beim Oberbergamt unter Vorlage des Tagebuches und der Zeugnisse der Probezeit für die Ablegung der Abschlussprüfung anmelden. Diese fand vor einem aus je einem markscheiderischen, bergmännischen und juristischen Sachbearbeiter des Oberbergamtes und einem praktischen Markscheider bestehenden Prüfungsausschuss unter dem Vorsitz des Berghauptmanns statt und bestand aus der Anfertigung einer markscheiderischen Arbeit und einer mündlichen Prüfung. In der markscheiderischen Arbeit, die bergbauliche, geologische, lagerstättenkundliche oder berechtsamstechnische Aufgaben sowie Messungen und Auswertungen zur Feststellung bergbaulicher Abbauwirkungen umfassen konnte, hatte der Prüfling den Nachweis zu erbringen, dass er imstande ist, sei-ne Kenntnisse auf praktische Aufgaben des Wirtschaftslebens anzuwenden. Dabei wurde die zunächst die Probemäßigkeit der Arbeit beurteilt. War diese gegeben, erfolgte eine Benotung als ausreichend, gut oder sehr gut sowie die Zulassung zur mündlichen Prüfung. Im Falle der Unprobemäßigkeit oblag es dem Ausschuss, dem Kandidaten sofort eine neue Aufgabe zu stellen oder ihn zunächst für 3-6 Monate zur Vervollkommnung seiner Ausbildung in eine Markscheiderei zu überweisen. Nach dem Bestehen beider Prüfungsteile, deren Wiederholung nur einmal zulässig war, stellte der Prüfungsausschuss dem Kandidaten einen Befähigungsnachweis aus. Auf Antrag des Ausschussvorsitzenden erhielt der Prüfling die Konzession als Markscheider und war damit zur öffentlichen Ausführung von markscheiderischen Arbeiten in Sachsen berechtigt.
Nach der Überleitung des Bergwesens auf das Reich im Jahre 1935 galt die Markscheiderkonzession auch weiterhin nur landesweit, jedoch wurde sie auf Antrag preußische Markscheider nunmehr ohne nochmalige Prüfung auch für Sachsen erteilt. Mit Erlass des Reichswirtschaftsministers v. 14. Februar 1936 wurde geregelt, dass sächsischen Markscheidern, deren Prüfung nach den neuen Vorschriften von 1934 erfolgt ist, die Konzession für Preußen ohne nochmalige Prüfung erteilt werden kann. Im Gegenzug sicherte der Sächsische Minister für Wirtschaft und Arbeit ein sinngemäßes Verfahren bezüglich der preußischen Markscheider zu. Im Vorgriff auf die in einer künftigen Reichsmarkscheiderverordnung vorgesehene Freizügigkeit kam es im November 1940 zwischen den Wirtschaftsministerien Sachsens und des Reiches zu einem Konsens über die gegenseitige Anerkennung der vor 1934 erteilten Markscheiderkonzessionen in Sachsen und Preußen. Im Falle der Verlegung des Sitzes nach Sachsen wurden dabei die Markscheiderakten einschliesslich der in Preußen abgelegten Probearbeiten an das Oberbergamt Freiberg übergeben.
Da die Markscheiderausbildung in Österreich-Ungarn und der Tschechoslowakei grundsätzlich von der sächsischen abwich und an den Bergakademien von Pibrans [Príbram] und Leoben keine Ausbildung konzessionierter Markscheider erfolgte, wurde nach der Eingliederung der sudetendeutschen Bergämter der Beruf des "Bestätigten Markscheiders für Sudeten" geschaffen. Dabei handelte es sich um Landmesser mit montanistischer Zusatzausbildung, denen jedoch die Zulassung als Markscheider in Sachsen verwehrt blieb.
Neben den risslichen Darstellungen, Winkelbüchern, Nivellements und schriftlichen Lösungen der gestellten Aufgabe lieferte der Kandidat auch sämtliche Zug- und Feldbücher, in denen er seine Messungen vor Ort festgehalten hatte, ab. Dadurch konnte z.B. bei der Bewertung der Probearbeit rekonstruiert werden, ob etwaige Fehler durch falsche Messungen verursacht oder lediglich bei der Übertragung in das Winkelbuch entstanden waren. Mit der Probearbeit wurden ab 1934 von den Kandidaten auch Tagebücher über ihre Arbeitskurse und den Zeitraum der Erstellung der Probearbeit abgegeben. Diese wurden von der Prüfungskommission auch mit der Datierung von markscheiderischen Messungen abgeglichen; in einem Falle wurde dabei die eigenhändige Erledigung angezweifelt, da der Prüfling zum angegebenen Zeitpunkt fernab des Ortes anderweitige Tätigkeiten ausgeübt hatte.
Bearbeitungsbericht
Bei der Einlagerung der Probearbeiten in das Archiv des Oberbergamtes wurden die Arbeiten mit dem Kürzel PrA und einer fortlaufenden Nummer versehen. Die Erfassung erfolgte in stark vereinfachter Form auf den hinteren Seiten des Repertoriums E (Generalrisse). Dadurch waren alle Teile der Arbeit einschließlich der Risse mit ein und derselben Signatur versehen, was wenig Rückschlüsse zum physischen Umfang und den einzelnen Bestandteilen der Arbeiten zuließ. Im Januar 2000 erfolgte durch den Unterzeichner im Zuge des Rissprojektes eine Klusterung und Einzelsignierung der Risse. Dazu war eine Übertragung der Verzeichnungsangaben auf Kartei erforderlich. Es wurde eine Konkordanz erstellt.
Die Probearbeiten in Aktenform lagerten separat in Bündeln und waren vermutlich in den 1960er Jahren mittels einer namentlich geordneten Findkartei erfasst worden. Diese Verzeichnungsangaben erhielten dabei außer dem Namen des Markscheiders nur Signaturen und Angaben, wie Winkelbuch oder Probearbeit. Sie waren vielfach undatiert und die Thematik der Arbeit war überhaupt nicht erfasst. Auf der Findkartei waren die einzelnen Stücke mit einer fortlaufenden Nummer neu signiert. Diese Signatur war zunächst mit Bleistift auch auf den Arbeiten aufgetragen gewesen; sie wurde zu einem späteren Zeitpunkt größtenteils wegradiert und die Arbeiten nach den Altsignaturen geordnet. Etwa 0,4 m kleinformatige Hefte wurden in ungeordnetem Zustand im Schüber eines Rissschrankes vorgefunden. Im Zuge der Beräumung der Kirchgasse erfolgte 1999 eine Kartonierung. Wegen der unterschiedlichen Signaturen auf Kartei und Archivalien war die Benutzbarkeit kaum mehr gegeben.
Im Jahre 2007 erfolgte eine erweiterte Verzeichnung und Neusignierung des Bestandes. Dabei wurden die Thematik der Probearbeit und inhaltliche Angaben ebenso wie darin enthaltene Zeichnungen aufgenommen, und Verweise zwischen Akten und zugehörigen Rissen hergestellt. Eine Akte des Freiberger Bergamtsmarkscheiders Steeger über die Begutachtung von Probearbeiten wurde dem Bestand Bergamt Freiberg zugeordnet (alt: PrA 108, neu: 40010 Nr. 4295). Die bei preußischen Oberbergämtern angelegten und dem Oberbergamt Freiberg übergebenen Personalakten von Markscheidern, die sich nach dem Anerkennungskonsens von 1940 in Sachsen niederließen, wurden dem Bestand 40027-07 (Nr. 80-85) zugeordnet.
Bei den Feld- und Zugbüchern, die den Probearbeiten beigefügt waren, ließ sich kein bleibender Wert erkennen. Dabei handelte es sich um zumeist stabil gebundene, teils vorgedruckte "Kladden" im Taschenformat, die der Markscheider bei seinen Messungen bei sich führt, um dort mit Bleistift vor Ort die Ergebnisse festzuhalten. Der Inhalt dieser mitunter stark verschmutzten Kladden wurde später in Reinschrift in die Winkelbücher und andere Berechnungshefte übertragen. Für die weitere Aufbewahrung dieser 0,3 lfm Notizbücher besteht nach Rücksprache mit dem Sächsischen Oberbergamt auch aus markscheiderischer Sicht keine Erfordernis, sie wurden kassiert. Es wurde festgestellt, dass in der Kartei noch Akten verzeichnet waren, die sich schon seit längerer Zeit in anderen Beständen befinden.
Nach Abschluss der Verzeichnung erfolgte eine technische Bearbeitung, Etikettierung und fachgerechte Kartonierung. Es wurde ein Findhilfsmittel erstellt, das nach Name, Datierung und Aufgabenstellung sortiert wurde. Wegen der geringen Benutzung des Bestandes und seiner Überschaubarkeit wurde auf die Erstellung einer Konkordanz verzichtet.
Freiberg, 2007
A. Henry Zimmermann
Korrespondierende Bestände
40001 Oberbergamt Freiberg
40010 Bergamt Freiberg
40024-15 Landes-)Bergamt Freiberg - Markscheideangelegenheiten
40027-07 Oberbergamt Freiberg (neu) - Markscheide- und Risswesen
40032-2 Oberbergamt Freiberg (neu) - Markscheiderische Probearbeiten - Risse
40064-7 Technisches Büro des Bergbaus und der Brennstoffindustrie des Landes Sachsen - Abt. VI, Markscheide- und Risswesen
Literatur:
Francke, Bernhard: Die Berggesetzgebung des Königreiches Sachsen, Leipzig 1888
Jahrbuch für das Berg- und Hüttenwesen in Sachsen, Jahrgang 1934, Freiberg 1934
Kalender für den Sächsischen Berg- und Hüttenmann auf das Jahr 1836
Schmidt, Max.: Über die Entwickelung der Markscheidekunst und die Ausbildung der Markscheider in Sachsen, Freiberg 1889
Wahle, Georg Heinrich: Das Allgemeine Berggesetz für das Königreich Sachsen v. 31.8.1910, nebst Ausführungsverordnung v. 20.12.1910 und Anmerkungen, Leipzig 1911
Die Grenzen ("Markscheiden") der verliehenen Eigentums- und Abbaurechte an (Erz-) Lagerstätten wurden bereits seit dem späten Mittelalter sichtbar markiert ("vermarkt"). Durch die Anwendung von Vermessungsverfahren war es möglich, die übertägig festgelegten Grenzen auch unter Tage zu vermarken sowie andererseits die untertägigen Verhältnisse (Streckenverläufe, Abbaue) auf der Erdoberfläche abzustecken. Erst später ging man dazu über, die gemessene Situation auf Bild- bzw. Kartendokumenten darzustellen, anfangs als (perspektivische) "Bildkarten", ab dem 17. Jahrhundert in Form von zunehmend genaueren Grubenrissen. Die Ausführung solcher Arbeiten blieben den bei den Bergämtern bestallten Markscheidern, früher auch z.B. als Schiner, Schinirer usw. bezeichnet, vorbehalten. Im Zuge der Reform des sächsischen Montanwesens unter Abraham von Schönberg verfügte Kurfürst Johann Georg II. 1667 die Fertigung von "Abrissen der innerlichen Gebäude und Stroßen" aller Bergwerke und deren Hinterlegung bei den Bergämtern.
Der Unterricht der Markscheidekunst erfolgte durch die einzelnen Markscheider und nach der Errichtung der Bergstipendienkasse wurde er ab 1702 Teil des Unterrichts der Bergbaukunde. Nach der Gründung der Bergakademie begann 1766 erstmals ein systematischer Unterricht der Markscheidekunst, der jedoch nicht an der Akademie sondern am Wohnsitz des Freiberger Markscheiders als dessen Nebentätigkeit erfolgte. 1768 regelte ein kurfürstliches Reskript die Ausbildung von Markscheidern, die von den bei allen 12 Bergämtern bestallten Markscheidern nur dem Freiberger vorbehalten blieb. Erster Inhaber des Lehrstuhls für Markscheidekunde war von 1766 - 1779 Carl Ernst Richter, ihm folgten von 1780 - 1801 Johann Friedrich Freiesleben, von 1801 bis 1822 August Jonas Oehlschlägel und von 1823 bis 1859 Christian Friedrich Leschner. Daneben lehrten im Rahmen des Unterrichts in den Mathematischen Wissenschaften von 1766 - 1795 Johann Friedrich Wilhelm von Charpentier, 1795 - 1801 Friedrich Wilhelm Lempe, 1801 - 1816 Friedrich Gottlieb von Busse, 1816 - 1833 Daniel Friedrich Hecht, 1833 - 1835 Moritz Friedrich Gätzschmann und ab 1835 Julius Ludwig Weisbach die theoretische Markscheidekunst.
Die erfolgreiche Einführung neuer mathematischer Berechnungsmethoden durch Weisbach veranlassten das Oberbergamt nach dem Tode des Obermarkscheiders Leschner 1859 die bis dahin weiterhin nach herkömmlichen Methoden abgehaltene Lehre der praktischen Markscheidekunde an den Lehrstuhl für höhere Mathematik zu übergeben und Prof. August Junge zu übertragen. Nach dessen Tode übernahm Weisbach 1869 selbst die Lehre der Markscheidekunst. Die praktischen Übungen führte dessen Assistent Oscar Choulant durch. Nach Weisbachs Tode wurde ein separater Lehrstuhl für Geodäsie und Markscheidekunst eingerichtet, sein Leiter war bis 1877 Moritz Hermann Viertel und danach Max Schmidt.
Die praktische Ausbildung der Markscheider wurde erstmals im "Patent an die Königlichen Bergämter Altenberg, Annaberg, Johanngeorgenstadt, Marienberg und Schneeberg, die Beschäftigung der für den practischen Dienst sich bestimmenden Berg- und Hüttenwerkscandidaten betreffend" vom 26. Februar 1834 durch das Oberbergamt näher geregelt. Nach erfolgreicher Beendigung des akademischen Kurses sollten die Absolventen in den Revieren als Markscheiderassistenten unter Aufsicht der Markscheider oder der Bergämter markscheiderische Arbeiten durchführen und auf diese Art auf eine spätere Diensteinstellung als Markscheider vorbereitet werden. Am 5. November 1834 erließ das Oberbergamt an sämtliche königlichen Bergämter das "Patent über die Probearbeiten der Markscheider-Aspiranten". Darin wurde die Fertigung einer Probearbeit zum Nachweis der Qualifikation und Zuverlässigkeit durch die Bergwerkskandidaten vor einer Anstellung als Markscheider zur Bedingung gemacht.
Die Aufgabenstellung der Probearbeiten erfolgte durch das Oberbergamt auf Vorschlag eines Markscheiders, sie konnte jedoch auch auf ein Bergamt delegiert werden. Insbesondere sollten die Aspiranten dabei durch präzise Berechnungen und Angaben für Ortsdurchschläge in flachfallende Schächte, Querschläge von flachfallenden Gangörtern in Richtschächte sowie Durchschläge in Grubenbaue ihr markscheiderisches Können nachweisen. Mittels Darstellung von Tagesituationen sollten darüber hinaus die über das Ziehen und Zulegen hinausgehenden Fertigkeiten für andere rissliche Darstellungsformen nachgewiesen werden und der Kandidat dabei gleichfalls seine bei der Erledigung der Arbeit gewonnenen bergmännischen Erkenntnisse darlegen. Die Thematik der Probearbeit sollte möglichst gleichzeitig auch zur Lösung von in den Revieren anstehenden Problematiken beitragen. Neben der risslichen Darstellung war eine kurze schriftliche Erläuterung zur Lösung der Aufgabe sowie die dazu durchgeführten Berechnungen und Messergebnisse einzureichen. Den Reviermarkscheidern oblag die Begutachtung der Probearbeit insbesondere hinsichtlich der Genauigkeit und Zuverlässigkeit der Messungen mit den Instrumenten, der Berechnungen, der Führung der Winkelbücher sowie der risslichen Darstellung. Ebenso wurde die richtige Beurteilung der Thematik und örtlichen Verhältnisse einschliesslich der fachgerechten Lösung der gestellten Aufgabe, wie auch die vollständige und deutliche Darstellung auf dem Riss und in den schriftlichen Arbeiten sowie die Beachtung der für die Rissfertigung üblichen Regeln und die richtige bildliche Darstellung beurteilt. Zusammen mit dem bergamtlichen Gutachten waren die Probearbeiten dann beim Oberbergamt einzureichen.
Die in Folge der zunehmenden Bedeutung des Kohlenbergbaus erlassene "Verordnung, die Fertigung markscheiderischer Grubenrisse über unterirdische Kohlenwerke betreffend" vom 19. Juni 1850 schuf mit den Kohlenwerksmarkscheidern eine zweite Klasse von Markscheidern. Dabei handelte es sich um Kohlenwerksbeamte, die nach Ablegung einer wissenschaftlichen und praktischen Prüfung zur Durchführung von markscheiderischen Arbeiten im Kohlenbergbau zugelassen wurden. Damit arbeiteten erstmals neben den königlichen Markscheidern in Sachsen auch Privatmarkscheider. Im Gegensatz zu den Markscheidern mussten die Kohlenwerksmarkscheider keine bergakademische Vorbildung besitzen. Die Prüfung der Kohlenwerksmarkscheider erfolgte durch die beiden Königlichen Markscheider in Freiberg unter Hinzuziehung eines Mitgliedes des Oberbergamtes. Nachdem zunächst nur festgeschrieben war, dass die Anforderungen an die Prüfung geringer als bei den Markscheidern zu setzen waren, verordnete das Oberbergamt am 5. Februar 1851 in den "Vorschriften für die Prüfung der Kohlenwerksmarkscheider" gleichfalls die Fertigung einer markscheiderischen Probearbeit nach den Grundsätzen des Patents vom 5. November 1834. Bei der Prüfung hatte dabei der Aspirant neben der Probearbeit, die unter Verwendung eigener Instrumente zu erstellen war, seine Kenntnis der markscheiderischen Berechnungen, des Aufbaus und der Verwendung der Instrumente, der Fertigung der gewöhnlichen Projektionen, der Führung des Winkelbuches, der verschiedenen Methoden des Zulegens, die Anforderungen an Grund- und Seigerrisse, Profilrisse und Flache Risse sowie die Ermittlung von Angaben aus Rissen bei einer mündlichen Prüfung nachzuweisen. Aus Anmerkungen der Prüfer in den Probearbeiten ist ersichtlich, dass dabei auch größere Nachsicht ausgeübt wurde, wenn z.B. der Prüfling Grundkenntnisse der Markscheiderei nachwies und wegen seiner Inanspruchnahme als leitender Privatbeamter anzunehmen war, dass er einer markscheiderischen Tätigkeit nur in geringem Umfang nachgehen würde.
1863 wurde eine 4-köpfige Markscheiderprüfungskommission aus einem Mitglied des Oberbergamtes (Vorsitz), den akademischen Lehrern der praktischen und allgemeinen Markscheidekunst sowie einem Markscheider aus Freiberg geschaffen und die Unterschiede zwischen Probezügen der Markscheider und Kohlenwerksmarkscheider entfielen.
Mit dem Allgemeinen Berggesetz vom 16. Juni 1868 kam das Staatsprivileg für die Anstellung der Markscheider in Wegfall und sie erhielten das Recht zur freien Ausübung ihres Gewerbes als konzessionierte Markscheider nach den Regelungen der Reichs-Gewerbe-Ordnung. Durch die "Verordnung, die Markscheider und das Risswesen bei dem Bergbaue betreffend" vom 3. Dezember 1868 kam es zur Abschaffung der Kohlenwerksmarkscheider. Als Voraussetzungen für die Zulassung zur Markscheiderprüfung galten eine wissenschaftliche Vorbildung im Markscheiderfach, ein einjähriger praktisch-bergmännischer Arbeitskurs mit befriedigendem Erfolg und eine einjährige Tätigkeit in den verschiedenen Zweigen des Markscheidergeschäftes. Die Aufstellung und Begutachtung der Probearbeiten oblag der in Freiberg ansässigen Königlichen Kommission für die Prüfung der Markscheider unter dem Vorsitz des Bergamtsdirektors, der weiterhin die Lehrer der Markscheidekunst an der Berg-akademie und der Bergamtsmarkscheider angehörten. Als Thema der ohne fremde Hilfe anzufertigenden Probearbeit war ein für wichtige Grubenausführungen erforderlicher Markscheiderzug, der neben der untertägigen Darstellung auch eine Tagesaufnahme zu enthalten hatte. Mit dieser Arbeit hatte der Kandidat seine Genauigkeit und Zuverlässigkeit im Umgang mit den Instrumenten, bei den Berechnungen, den Führungen der Manuale und der risslichen Darstellung sowie sein Urteilvermögen in der Auffassung der Aufgabe, Kenntnis der Regeln bei der Fertigung der Risse als auch die Vollständigkeit und Deutlichkeit seiner Ausführungen nachzuweisen. Die Bewertung der Probearbeit erfolgte durch die Prüfungskommission ohne Zensurierung. Dem Kandidaten wurde durch ein Zeugnis das Bestehen der Markscheiderprüfung bescheinigt und er konnte danach beim Finanzministerium seine Verpflichtung beantragen. Als konzessionierter Markscheider war er dadurch sowohl für private als auch öffentliche Aufträge zugelassen und galt zudem als Feldmesser zweiter Klasse bzw. geprüfter Feldmesser. Im Falle des Nichtbestehens war nach einem weiteren Jahr markscheiderischer Ausbildung einmalig die erneute Anmeldung zur Prüfung möglich.
Mit der Novelle des Allgemeinen Berggesetzes vom 31. August 1910 und der Ausführungsverordnung vom 20. Dezember 1910 wurden die Zulassungsvoraussetzungen für die Konzessionsprüfung verändert. Neben dem Nachweis der Unbescholtenheit musste der Kandidat grundsätzlich die Diplomprüfung an der Bergakademie als Markscheider bestanden und danach ein halbes Jahr im Bergbaubetrieb und acht Monate bei einem konzessionierten Markscheider mit gutem Erfolg gearbeitet haben. Vor der Kommission für die Prüfung der Markscheider in Freiberg, die von einem technischen Mitglied des Bergamtes / Oberbergamtes (neu) geleitet und der weiterhin der Bergamtsmarkscheider, der Professor der Markscheidekunde und Geodäsie an der Bergakademie und ein hauptberuflicher konzessionierter Markscheider angehörten, hatte der Kandidat eine mündliche Prüfung und die Probearbeit abzuleisten. Als Thematik der Probearbeit wurde nunmehr eine wichtige Grubenausführung, deren Lösung Aufgabe eines konzessionierten Markscheiders wäre, festgelegt. Dabei wurde nicht mehr die Fertigung eines Grubenrisses einschließlich der Tagesituation zur Bedingung gemacht. Als Aufgabenstellungen sind seit dem 2. Viertel des 20. Jahrhunderts zumeist Anschlüsse an das Landeskoordinatennetz oder Ermittlungen von Senkungen im Kohlenbergbau festzustellen. Nach Vorlage der Probearbeit hatte der Kandidat in einer mündlichen Prüfung, von der er bei mangelhafter Probearbeit wegen Unfähigkeit ausgeschlossen werden konnte, seine Kenntnisse in der Lösung markscheiderischer Aufgaben und der gesetzlichen Bestimmungen für den Markscheiderberuf nachzuweisen. Nach bestandener Prüfung, für die keine Benotung erfolgte, fasste das Bergamt / Oberbergamt (neu) von Amts wegen den Beschluss über die Erteilung der Konzession.
Als Folge der Einstellung des sächsischen Erzbergbaus entstand zu Beginn des 20. Jahrhunderts die neue Situation, dass im Lande keine umfassende praktische Ausbildung der Markscheider mehr möglich war und die Kandidaten ihre praktischen Arbeitskurse zur Vorbereitung auf die Prüfung in Preußen im rheinisch-westfälischen, siegerländischen, lausitzer, ober-schlesischen und niedersächsischen Bergbau absolvierten. Ebenso wurde es immer schwieriger, geeignete Aufgabenstellungen für die Probearbeit zu finden, an deren Lösung im Interesse von Bergbauunternehmungen der Kandidat die erforderliche Unterstützung erhielt, um nicht allein die Kosten der Arbeit zu tragen. Dies führte schliesslich dazu, dass in den 1930er Jahren der Markscheiderkandidat Richter mangels geeigneter Aufgabe für die Konzessionsprüfung zum Oberbergamt Dortmund überwiesen werden musste.
Da es sich beim Bergrecht um Landesrecht handelte, galt die Konzession auch nach 1871 nur innerhalb Sachsens. Ebenso mussten sich in Preußen oder anderen deutschen Ländern konzessionierte Markscheider in Sachsen einer Konzessionsprüfung unterziehen.
Nach den am 7. September 1934 erlassenen "Vorschriften des Sächsischen Finanzministeriums über die Ausbildung und Prüfung der Markscheider" bestand die Markscheiderausbildung aus einer mindestens einjährigen praktischen bergmännischen und markscheiderischen Lehrzeit, einem nachfolgenden Hochschulstudium mit Abschluss als Diplom-Markscheider sowie einer weiteren mindestens einjährigen markscheiderischen Probezeit mit Prüfungsabschluss beim Oberbergamt. Die Probezeit gliederte sich in eine zehnmonatige Ausbildung in Markscheidereien, von der 4 Monate dem Steinkohlenbergbau vorbehalten waren, sowie einer zweimonatigen Ausbildung in der Oberbergamtsmarkscheiderei. In diesem Zeitraum wurde dem Kandidaten vom Oberbergamt vierteljährlich eine Studienarbeit aufgegeben. Nach Ableistung der Probezeit konnte sich der Kandidat beim Oberbergamt unter Vorlage des Tagebuches und der Zeugnisse der Probezeit für die Ablegung der Abschlussprüfung anmelden. Diese fand vor einem aus je einem markscheiderischen, bergmännischen und juristischen Sachbearbeiter des Oberbergamtes und einem praktischen Markscheider bestehenden Prüfungsausschuss unter dem Vorsitz des Berghauptmanns statt und bestand aus der Anfertigung einer markscheiderischen Arbeit und einer mündlichen Prüfung. In der markscheiderischen Arbeit, die bergbauliche, geologische, lagerstättenkundliche oder berechtsamstechnische Aufgaben sowie Messungen und Auswertungen zur Feststellung bergbaulicher Abbauwirkungen umfassen konnte, hatte der Prüfling den Nachweis zu erbringen, dass er imstande ist, sei-ne Kenntnisse auf praktische Aufgaben des Wirtschaftslebens anzuwenden. Dabei wurde die zunächst die Probemäßigkeit der Arbeit beurteilt. War diese gegeben, erfolgte eine Benotung als ausreichend, gut oder sehr gut sowie die Zulassung zur mündlichen Prüfung. Im Falle der Unprobemäßigkeit oblag es dem Ausschuss, dem Kandidaten sofort eine neue Aufgabe zu stellen oder ihn zunächst für 3-6 Monate zur Vervollkommnung seiner Ausbildung in eine Markscheiderei zu überweisen. Nach dem Bestehen beider Prüfungsteile, deren Wiederholung nur einmal zulässig war, stellte der Prüfungsausschuss dem Kandidaten einen Befähigungsnachweis aus. Auf Antrag des Ausschussvorsitzenden erhielt der Prüfling die Konzession als Markscheider und war damit zur öffentlichen Ausführung von markscheiderischen Arbeiten in Sachsen berechtigt.
Nach der Überleitung des Bergwesens auf das Reich im Jahre 1935 galt die Markscheiderkonzession auch weiterhin nur landesweit, jedoch wurde sie auf Antrag preußische Markscheider nunmehr ohne nochmalige Prüfung auch für Sachsen erteilt. Mit Erlass des Reichswirtschaftsministers v. 14. Februar 1936 wurde geregelt, dass sächsischen Markscheidern, deren Prüfung nach den neuen Vorschriften von 1934 erfolgt ist, die Konzession für Preußen ohne nochmalige Prüfung erteilt werden kann. Im Gegenzug sicherte der Sächsische Minister für Wirtschaft und Arbeit ein sinngemäßes Verfahren bezüglich der preußischen Markscheider zu. Im Vorgriff auf die in einer künftigen Reichsmarkscheiderverordnung vorgesehene Freizügigkeit kam es im November 1940 zwischen den Wirtschaftsministerien Sachsens und des Reiches zu einem Konsens über die gegenseitige Anerkennung der vor 1934 erteilten Markscheiderkonzessionen in Sachsen und Preußen. Im Falle der Verlegung des Sitzes nach Sachsen wurden dabei die Markscheiderakten einschliesslich der in Preußen abgelegten Probearbeiten an das Oberbergamt Freiberg übergeben.
Da die Markscheiderausbildung in Österreich-Ungarn und der Tschechoslowakei grundsätzlich von der sächsischen abwich und an den Bergakademien von Pibrans [Príbram] und Leoben keine Ausbildung konzessionierter Markscheider erfolgte, wurde nach der Eingliederung der sudetendeutschen Bergämter der Beruf des "Bestätigten Markscheiders für Sudeten" geschaffen. Dabei handelte es sich um Landmesser mit montanistischer Zusatzausbildung, denen jedoch die Zulassung als Markscheider in Sachsen verwehrt blieb.
Neben den risslichen Darstellungen, Winkelbüchern, Nivellements und schriftlichen Lösungen der gestellten Aufgabe lieferte der Kandidat auch sämtliche Zug- und Feldbücher, in denen er seine Messungen vor Ort festgehalten hatte, ab. Dadurch konnte z.B. bei der Bewertung der Probearbeit rekonstruiert werden, ob etwaige Fehler durch falsche Messungen verursacht oder lediglich bei der Übertragung in das Winkelbuch entstanden waren. Mit der Probearbeit wurden ab 1934 von den Kandidaten auch Tagebücher über ihre Arbeitskurse und den Zeitraum der Erstellung der Probearbeit abgegeben. Diese wurden von der Prüfungskommission auch mit der Datierung von markscheiderischen Messungen abgeglichen; in einem Falle wurde dabei die eigenhändige Erledigung angezweifelt, da der Prüfling zum angegebenen Zeitpunkt fernab des Ortes anderweitige Tätigkeiten ausgeübt hatte.
Bearbeitungsbericht
Bei der Einlagerung der Probearbeiten in das Archiv des Oberbergamtes wurden die Arbeiten mit dem Kürzel PrA und einer fortlaufenden Nummer versehen. Die Erfassung erfolgte in stark vereinfachter Form auf den hinteren Seiten des Repertoriums E (Generalrisse). Dadurch waren alle Teile der Arbeit einschließlich der Risse mit ein und derselben Signatur versehen, was wenig Rückschlüsse zum physischen Umfang und den einzelnen Bestandteilen der Arbeiten zuließ. Im Januar 2000 erfolgte durch den Unterzeichner im Zuge des Rissprojektes eine Klusterung und Einzelsignierung der Risse. Dazu war eine Übertragung der Verzeichnungsangaben auf Kartei erforderlich. Es wurde eine Konkordanz erstellt.
Die Probearbeiten in Aktenform lagerten separat in Bündeln und waren vermutlich in den 1960er Jahren mittels einer namentlich geordneten Findkartei erfasst worden. Diese Verzeichnungsangaben erhielten dabei außer dem Namen des Markscheiders nur Signaturen und Angaben, wie Winkelbuch oder Probearbeit. Sie waren vielfach undatiert und die Thematik der Arbeit war überhaupt nicht erfasst. Auf der Findkartei waren die einzelnen Stücke mit einer fortlaufenden Nummer neu signiert. Diese Signatur war zunächst mit Bleistift auch auf den Arbeiten aufgetragen gewesen; sie wurde zu einem späteren Zeitpunkt größtenteils wegradiert und die Arbeiten nach den Altsignaturen geordnet. Etwa 0,4 m kleinformatige Hefte wurden in ungeordnetem Zustand im Schüber eines Rissschrankes vorgefunden. Im Zuge der Beräumung der Kirchgasse erfolgte 1999 eine Kartonierung. Wegen der unterschiedlichen Signaturen auf Kartei und Archivalien war die Benutzbarkeit kaum mehr gegeben.
Im Jahre 2007 erfolgte eine erweiterte Verzeichnung und Neusignierung des Bestandes. Dabei wurden die Thematik der Probearbeit und inhaltliche Angaben ebenso wie darin enthaltene Zeichnungen aufgenommen, und Verweise zwischen Akten und zugehörigen Rissen hergestellt. Eine Akte des Freiberger Bergamtsmarkscheiders Steeger über die Begutachtung von Probearbeiten wurde dem Bestand Bergamt Freiberg zugeordnet (alt: PrA 108, neu: 40010 Nr. 4295). Die bei preußischen Oberbergämtern angelegten und dem Oberbergamt Freiberg übergebenen Personalakten von Markscheidern, die sich nach dem Anerkennungskonsens von 1940 in Sachsen niederließen, wurden dem Bestand 40027-07 (Nr. 80-85) zugeordnet.
Bei den Feld- und Zugbüchern, die den Probearbeiten beigefügt waren, ließ sich kein bleibender Wert erkennen. Dabei handelte es sich um zumeist stabil gebundene, teils vorgedruckte "Kladden" im Taschenformat, die der Markscheider bei seinen Messungen bei sich führt, um dort mit Bleistift vor Ort die Ergebnisse festzuhalten. Der Inhalt dieser mitunter stark verschmutzten Kladden wurde später in Reinschrift in die Winkelbücher und andere Berechnungshefte übertragen. Für die weitere Aufbewahrung dieser 0,3 lfm Notizbücher besteht nach Rücksprache mit dem Sächsischen Oberbergamt auch aus markscheiderischer Sicht keine Erfordernis, sie wurden kassiert. Es wurde festgestellt, dass in der Kartei noch Akten verzeichnet waren, die sich schon seit längerer Zeit in anderen Beständen befinden.
Nach Abschluss der Verzeichnung erfolgte eine technische Bearbeitung, Etikettierung und fachgerechte Kartonierung. Es wurde ein Findhilfsmittel erstellt, das nach Name, Datierung und Aufgabenstellung sortiert wurde. Wegen der geringen Benutzung des Bestandes und seiner Überschaubarkeit wurde auf die Erstellung einer Konkordanz verzichtet.
Freiberg, 2007
A. Henry Zimmermann
Korrespondierende Bestände
40001 Oberbergamt Freiberg
40010 Bergamt Freiberg
40024-15 Landes-)Bergamt Freiberg - Markscheideangelegenheiten
40027-07 Oberbergamt Freiberg (neu) - Markscheide- und Risswesen
40032-2 Oberbergamt Freiberg (neu) - Markscheiderische Probearbeiten - Risse
40064-7 Technisches Büro des Bergbaus und der Brennstoffindustrie des Landes Sachsen - Abt. VI, Markscheide- und Risswesen
Literatur:
Francke, Bernhard: Die Berggesetzgebung des Königreiches Sachsen, Leipzig 1888
Jahrbuch für das Berg- und Hüttenwesen in Sachsen, Jahrgang 1934, Freiberg 1934
Kalender für den Sächsischen Berg- und Hüttenmann auf das Jahr 1836
Schmidt, Max.: Über die Entwickelung der Markscheidekunst und die Ausbildung der Markscheider in Sachsen, Freiberg 1889
Wahle, Georg Heinrich: Das Allgemeine Berggesetz für das Königreich Sachsen v. 31.8.1910, nebst Ausführungsverordnung v. 20.12.1910 und Anmerkungen, Leipzig 1911
Nivellements, Probezüge, Winkelbücher und rissliche Darstellungen.
- 1999 | Findkartei (Risse)
- 2000 | Konkordanz (Risse)
- 2007 | Findbuch/Datenbank (Akten)
- 2024-02-20 | Diese Ausgabe über AWAX 2.0.1.5