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Militärgerichtsbehörden

Die Entstehung von Militärgerichtsbehörden ist eng verknüpft mit der Bildung stehender Heere. Wurde die den Zivilgerichten ausgenommene militärische Rechtssprechung in Söldnerheeren zumeist von juristischen Laien ausgeübt, so übernahmen in stehenden Heeren ausgebildete Juristen, so genannte Auditeure, diese Aufgabe. Sie waren verantwortlich für die Untersuchung von Straftaten, die Anklage und die Urteilsbegründung im Truppenteil. Der Regimentschef blieb weiterhin Gerichtsherr und sprach das das Urteil. Anfang des 18. Jahrhunderts wurde in Sachsen eine übergeordnete Militärgerichtsinstanz geschaffen. Nun mussten Urteile der Regimentskriegsgerichte dem Generalkriegsgericht, ab 1835 dem Oberkriegsgericht, zur Prüfung und Bestätigung vorgelegt werden, wenn das Urteil gegen "Leib, Leben oder Ehre" des Beklagten ausfiel. Ab 1718 wurde jedem Truppenteil ein Auditor als Militärjustizbeamter zugeteilt, der neben dem Regimentschef dem Generalauditor unterstand. Ab 1789 trat an Stelle der Generalgerichte, bei denen nur der Ober- oder Generalauditor tätig war, das Generalkriegsgerichtskollegium. Diesem waren alle Kriegsgerichte untergeordnet. Es setzte sich aus einem Präsidenten, meist einem General, und vier ständigen Kriegsgerichtsräten, unter denen der Generalauditor den Vorsitz führte, zusammen.

Mit dem Beitritt Sachsens zum Norddeutschen Bund 1867 und dem Abschluss einer Militärkonvention mit Preußen hatte die sächsische Armee aufgehört, selbständig zu existieren und war als XII. Armeekorps in das Norddeutsche Bundesheer integriert worden. Die Militärgerichtsbarkeit orientierte sich nun stark am preußischen Vorbild, welches auf der Zweiteilung der Strafgerichtsbarkeit basierte. Die niedere Gerichtsbarkeit erstreckte sich auf alle Personen, die keinen Offiziersrang besaßen und umfasste die nur mit Arrest bedrohten Vergehen. Die der niederen Gerichtsbarkeit entsprechenden Standgerichte wurden auf Regimentsebene gebildet und ihnen Offiziere als Untersuchungsführer und Vertreter der Anklage zugeordnet. Die höhere Gerichtsbarkeit erstreckte sich auf alle unter Militärstrafgerichtsbarkeit stehenden Personen und umfasste alle Handlungen. Auf Divisionsebene bestanden die Kriegsgerichte aus fünf Richtern, darunter ein oder zwei Kriegsgerichtsräte. Sie waren Gerichte erster Instanz für alle der niederen Gerichtsbarkeit entzogenen Sachen und Berufungsgericht für die Standgerichte.

1898 wurde eine neue, reichseinheitliche Militärstrafgerichtsordnung verabschiedet. Dies führte 1900 zur Auflösung des Oberkriegsgerichts und stattdessen zur Einrichtung neuer Oberkriegsgerichte bei den jeweiligen Generalkommandos. Sie waren Berufungsgerichte für die Urteile der Kriegsgerichte und traten nur noch für den Einzelfall zusammen. Wichtigstes Merkmal der neuen Gerichtsorganisation war die Einführung eines Instanzenzuges. Angefochtene Urteile konnten nunmehr im höheren Rechtszuge durch ein Gericht überprüft werden. Erhalten blieben die Institution des Gerichtsherrn, der nach wie vor Standgerichte, Kriegsgerichte und Oberkriegsgerichte einberufen konnte, sowie die Zweiteilung der Gerichtsbarkeit. Mit der Aufhebung der Militärgerichtsbarkeit 1920 wurden die Kriegsgerichte aufgelöst.

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