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Beständeübersicht

Bestand

40132 Hütte Muldenhütten

Datierung1808 - 1957
Benutzung im Bergarchiv Freiberg
Umfang (nur lfm)15,65
Vorwort

1. Institutionsgeschichte

Obwohl der Erzbergbau in Sachsen auch die Errichtung von Hütten bedingte, sind diese erst beinahe 150 Jahre später urkundlich erwähnt: 1168 wurden auf der Flur Christiansdorf silberhaltige Erze entdeckt, von 1318 ist der erste Beleg einer Schmelzhütte an der Mulde überliefert. Damit ist der älteste kontinuierlich betriebene Industrie- und Gewerbestandort Sachsens in einem Muldenbogen beim heutigen Ort Hilbersdorf nachgewiesen. Weitere 200 Jahre später gingen die obere und die untere Muldner Hütte durch Kauf in kurfürstlichen Besitz über. In der Folge betrieb der Kurfürst mit der Gründung des Oberhüttenamtes den Ausbau des fiskalischen Hüttenwesens. Ende des 17. Jahrhunderts waren nur noch staatliche Hütten im Freiberger Revier ansässig.
Im Jahre 1825 wurden die obere und die untere Muldner Hütte zur Muldner Hütte vereinigt. Bis ca. 1860 erfolgte durch enorme verfahrenstechnische Fortschritte und beträchtliche Investitionen der grundsätzliche Umbau der Muldner Hütte von dem mittelalterlich geprägten in einen modernen und effektiv arbeitenden Betrieb. Neben der Schmelzhütte, deren Entwicklung zu einer Bleihütte immer deutlicher wurde, waren zu diesem Zeitpunkt die Zinkhütte, die Schwefelsäurefabrik und die Vorläufer der 1863 eröffneten Tonwarenfabrik in Betrieb. In den Folgejahren kamen die Wismutextraktion (1862) und die Arsenikhütte (1863) hinzu.
1887 wurde die Sächsische Münze von Dresden nach Muldenhütten verlagert, wo unter dem Prägezeichen "E" ca. 7,5 % der Münzen des Deutschen Reiches geprägt wurden.
Bis 1890 sind in der Muldner Hütte große Fortschritte hinsichtlich der angewandten Verfahren und eingesetzten Anlagen zu verzeichnen. Im gleichen Jahr erfolgte mittels eines separaten Gleises der direkte Anschluss an die seit 1862 bestehende Eisenbahnverbindung Dresden - Freiberg.
Die Einstellung des Freiberger Bergbaus 1913 konnte die Muldner Hütte durch die Umsetzung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse in den Hüttenprozessen und die vorangetriebenen fremden und überseeischen Erzgeschäfte gut überstehen. Einzig die Zinkhütte musste ihre Arbeit einstellen. Aufgrund der vielfältigen Ausrüstungen und durchgeführten Prozesse in der Hütte konnte diese den Ausbruch des Ersten Weltkrieges ebenfalls verkraften. Die Schwefelsäurefabrik und die Arsenikhütte wurden z. B. in die Kriegswirtschaft integriert. Nach Kriegsende mussten zahlreiche Modernisierungen durchgeführt werden, die sich ab 1921 in einer regen Bautätigkeit niederschlugen. Schwerpunkte waren der Abschluss der Elektrifizierung, die Mechanisierung der Röstapparate und die Umrüstung auf Röhren-EGR (Elektrische Gasreinigungsanlagen). Zudem wurde die kameralistische Rechnungsführung von der kaufmännischen Buchführung abgelöst. Damit sollte eine Gewinnerwirtschaftung ermöglicht werden.
Ab 1935 profitierte die sich technisch auf einem guten Stand befindende Muldner Hütte von der Wiederaufnahme des Freiberger Bergbaus. 1940 wurde mit der Schlackenmetall GmbH ein Betrieb zur Verarbeitung alter Haldenschlacken gegründet, der jedoch trotz großer Investitionen bis 1945 seine vorgesehene Arbeit nicht aufnehmen konnte. Während des Zweiten Weltkrieges ist der Einsatz von Fremd- und Zwangsarbeitern in der Muldner Hütte belegt.
In der Nachkriegszeit einsetzende Enteignungen betrafen die Muldner Hütte nicht wesentlich, da sich für den staatlichen Besitz lediglich die Staatsform änderte: der VEB Hütte Muldenhütten wurde gebildet. Als Reparationsleistungen wurden die Kontaktschwefelsäureanlage, der Spirlett- und Tischröstofen sowie Teile der Hängebahn demontiert. 1956 erfolgte der Verlust der Selbstständigkeit durch die Zusammenlegung mit der Hütte Halsbrücke zum VEB Freiberger Bleihütten, der 1961 in den VEB Bergbau- und Hüttenkombinat "Albert Funk" Freiberg einging.
Ab 1993 firmierte die Hütte Muldenhütten unter der Bezeichnung "Recycling und Umwelt GmbH" und gehörte der Rheinischen Zinkgesellschaft mbH. Inzwischen ist sie als "Muldenhütten Recycling und Umwelttechnik GmbH (MRU)" Teil des Verbunds der Berzelius Metall GmbH, die dem Konzern Ecobat Technologies Ltd. gehört.


2. Bestandsgeschichte und Bearbeitungsbericht - Akten

Die Überlieferung der Hütte Muldenhütten ging in die des VEB Bergbau- und Hüttenkombinat "Albert Funk" Freiberg (Bestand 40095) ein und lagerte im Archiv der Hütte Halsbrücke. Von dort wurde sie Mitte der 1990er-Jahre vom Bergarchiv Freiberg übernommen und blieb zunächst der Kombinatsüberlieferung als Teilbestand zugeordnet. Der Zugriff war über Ablieferungslisten möglich, jedoch keine strukturierte Recherche.
Im Zuge der Verpackung des Gesamtbestandes 2003 wurde eine Abgrenzung zu anderen Beständen vorgenommen und die Unterlagen durch Frau Barbara Schumann verzeichnet. Nach der Verzeichnung des Bestandes 40133 Hütte Halsbrücke erfolgte eine Erweiterung dieses Bestandes um die in der Überlieferung der Hütte Halsbrücke befindlichen Akten der Hütte Muldenhütten sowie eine Endredaktion des Findbuches durch Frau C. Unger. Das Findbuch wurde 2005 erstellt.


3. Bestandsgeschichte und Bearbeitungsbericht - Risse

Da die Hütte Muldenhütten 1956 ihre Selbstständigkeit durch die Zusammenlegung mit der Hütte Halsbrücke verlor, wurde bei der Bestandsbildung das Stichjahr 1955 festgelegt.
Vor der Bearbeitung unterteilte sich der Teilbestand Hütte Muldenhütten - Risse des VEB Bergbau- und Hüttenkombinat "Albert Funk" Freiberg in 6 Teile (Ia - V). Bei der Bewertung wurden diese Teile gesichtet und jeweils für den einzelnen Riss eine Bewertungsentscheidung getroffen. Von den ca. 1200 Rissen bis zum Stichjahr wurden 559 als archivwürdig bewertet. Kriterium war dabei die Dokumentation der Hütte mit allen Werken und wichtigen Anlagen. Doppelüberlieferungen sowie Risse über Kleinteile der Anlagen wurden zur Kassation freigegeben. Einzelne weitere Risse wurden aus Provenienzgründen dem Bestand Hütte Halsbrücke - Risse (40133-2) zugeordnet.
Bei der Verzeichnung wurde der überlieferte Titel - wenn möglich - übernommen; es mussten jedoch Angleichungen an den heutigen Sprachgebrauch vorgenommen werden. Zudem waren teilweise Enthält-Vermerke notwendig. Diese beinhalten z. B. Genehmigungsvermerke oder weitere Einzeichnungen.
Weiterhin wurden aufgenommen: Datierung (wie auf dem Riss überliefert), Art der Darstellung / Kartengattung, angelegt von (Abkürzungen von Namen bekannter Personen wurden aufgelöst), Provenienz (wenn abweichend), Beschreibstoff, Maßstab, Format, ältere Signaturen und in einigen Fällen Fertigung. Im Feld Alte Archivsignatur ist die Signatur des Risses aus der Bestandszeit im VEB Bergbau- und Hüttenkombinat "Albert Funk" Freiberg verzeichnet.
Einige Risse mussten aus Bestandserhaltungsgründen für die Benutzung gesperrt werden.
Die Gliederung des Bestandes erfolgte in die Punkte "Übergreifende Angelegenheiten", "Anlagenzeichnungen" und "Risse anderer Werke".
In Ersterem befinden sich Risse zu Grundstücken, den Staatsgütern Hilbersdorf, Bauten, Verkehr / Eisenbahn, Mulden- und Wasserbauten sowie Diagramme und Schemata. Zudem wurde ein Unterpunkt "Unterbringung von Fremd- und Zwangsarbeitern" angelegt, um die Ermittlung dieser Risse zu erleichtern.
Der Klassifikationspunkt 2 "Anlagenzeichnungen" enthält getrennt nach den einzelnen Werken der Hütte Muldenhütten Risse und Zeichnungen zu den einzelnen Anlagen. Aufgrund des großen Umfangs wurden bei der Schmelzhütte und der Schwefelsäurefabrik tiefergehende Unterteilungen vorgenommen und die Anlagen diesen Punkten zugeordnet. Da nicht jede Anlage einem Werk konkret zugewiesen werden konnte, musste zusätzlich ein Punkt "Anlagen ohne Werkszuordnung" gebildet werden, der ebenfalls weiter unterteilt wurde.
Im Klassifikationspunkt 3 "Risse anderer Werke" befinden sich einige Risse, die offenbar von der Hütte Muldenhütten zu Informationszwecken verwendet wurden.
Der Bestand liefert für die Geschichte des Hüttenwesens und insbesondere für die Hütte Muldenhütten umfangreiches Material. Neben der ausführlichen Überlieferung der technischen Ausstattung und deren Entwicklung sind u. a. auch Informationen zur Unterbringung der Arbeiter, der Fremd- und Zwangsarbeiter, den Produktionsabläufen sowie den Grundstücken der Hütte enthalten.
Die Erschließung erfolgte durch Doreen Etzold. Das Findbuch wurde 2005 erstellt.


4. Korrespondierende Bestände

Bergarchiv Freiberg:
40001 Oberbergamt Freiberg
40010 Bergamt Freiberg
40035 Oberhüttenamt
40044 Generalrisse
40091 Industrieverwaltung 5 (Buntmetall)
40095 VEB Bergbau- und Hüttenkombinat "Albert Funk" Freiberg
40096 VVB Buntmetall
40133 Hütte Halsbrücke

Hauptstaatsarchiv Dresden:
11168 Ministerium für Wirtschaft


5. Literaturhinweise

Falkenberg, Dr. phil.: Geschichte der Sächsischen Münze zu Muldenhütten auf die Jahre 1887 bis 1926, Sonderabdruck aus dem Jahrbuch für Berg- und Hüttenwesen in Sachsen, 1927.

Kolmschlag, Franz-Peter und Scholz, Joachim: Hütte Muldenhütten. Sieben Jahrhunderte Hüttengeschichte, Freiberg 1999.

Kolmschlag, Franz-Peter.: Die Schlackenmetall GmbH in Muldenhütten. Ein innovatives Recyclingprojekt zur falschen Zeit (Schriftenreihe zum Sächsischen Berg- und Hüttenwesen, Bd. 2), Freiberg 2022.

Wagenbreth, Otfried und Wächtler, Eberhard (Hrsg.): Der Freiberger Bergbau. Technische Denkmale und Geschichte, Leipzig 1988.

Scholz, Joachim: Die Muldner Hütten bei Freiberg in Sachsen, in: Mitteilungen des Freiberger Altertumsvereins, Hefte 76, 77 und 80, Freiberg 1995, 1996 und 1998.

Scholz, Joachim: Die Hütten Freibergs, in: Denkmale in Sachsen, Stadt Freiberg, Beiträge, Bd. II, Freiberg 2003.
Betriebsübersichten.- Muldner Schmelzhütte.- Arsenikhütte.- Tonwarenfabrik.- Schwefelsäurefabrik.- Ziegelei Hilbersdorf.- Personal.- Unfälle und Unfallversicherung.- Schmelz- und Fabrikationsbücher.- Erzlieferungen.- Metallurgische Experimente.- Grundstücksangelegenheiten.- Karten, Risse, Pläne: Gebäude und Anlagen, Lagepläne, Geräte, Öfen und Maschinen.
Obwohl der Erzbergbau in Sachsen auch die Errichtung von Hütten bedingte, sind diese erst beinahe 150 Jahre später urkundlich erwähnt: 1168 wurden auf der Flur Christiansdorf silberhaltige Erze entdeckt, von 1318 ist der erste Beleg einer Schmelzhütte an der Mulde überliefert. Damit ist der älteste kontinuierlich betriebene Industrie- und Gewerbestandort Sachsens in einem Muldenbogen beim heutigen Ort Hilbersdorf nachgewiesen. Weitere 200 Jahre später gingen die obere und die untere Muldner Hütte durch Kauf in kurfürstlichen Besitz über. In der Folge betrieb der Kurfürst mit der Gründung des Oberhüttenamtes den Ausbau des fiskalischen Hüttenwesens. Ende des 17. Jahrhunderts waren nur noch staatliche Hütten im Freiberger Revier ansässig.
Im Jahre 1825 wurden die obere und die untere Muldner Hütte zur Muldner Hütte vereinigt. Bis ca. 1860 erfolgte durch enorme verfahrenstechnische Fortschritte und beträchtliche Investitionen der grundsätzliche Umbau der Muldner Hütte von dem mittelalterlich geprägten in einen modernen und effektiv arbeitenden Betrieb. Neben der Schmelzhütte, deren Entwicklung zu einer Bleihütte immer deutlicher wurde, waren zu diesem Zeitpunkt die Zinkhütte, die Schwefelsäurefabrik und die Vorläufer der 1863 eröffneten Tonwarenfabrik in Betrieb. In den Folgejahren kamen die Wismutextraktion (1862) und die Arsenikhütte (1863) hinzu.
1887 wurde die Sächsische Münze von Dresden nach Muldenhütten verlagert, wo unter dem Prägezeichen "E" ca. 7,5 % der Münzen des Deutschen Reiches geprägt wurden.
Bis 1890 sind in der Muldner Hütte große Fortschritte hinsichtlich der angewandten Verfahren und eingesetzten Anlagen zu verzeichnen. Im gleichen Jahr erfolgte mittels eines separaten Gleises der direkte Anschluss an die seit 1862 bestehende Eisenbahnverbindung Dresden - Freiberg.
Die Einstellung des Freiberger Bergbaus 1913 konnte die Muldner Hütte durch die Umsetzung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse in den Hüttenprozessen und die vorangetriebenen fremden und überseeischen Erzgeschäfte gut überstehen. Einzig die Zinkhütte musste ihre Arbeit einstellen. Auf Grund der vielfältigen Ausrüstungen und durchgeführten Prozesse in der Hütte konnte diese den Ausbruch des Ersten Weltkrieges ebenfalls verkraften. Die Schwefelsäurefabrik und die Arsenikhütte wurden z. B. in die Kriegswirtschaft integriert. Nach Kriegsende mussten zahlreiche Modernisierungen durchgeführt werden, die sich ab 1921 in einer regen Bautätigkeit niederschlugen. Schwerpunkte waren der Abschluss der Elektrifizierung, die Mechanisierung der Röstapparate und die Umrüstung auf Röhren-EGR (Elektrische Gasreinigungsanlagen). Zudem wurde die kameralistische Rechnungsführung von der kaufmännischen Buchführung abgelöst. Damit sollte eine Gewinnerwirtschaftung ermöglicht werden.
Ab 1935 profitierte die sich technisch auf einem guten Stand befindende Muldner Hütte von der Wiederaufnahme des Freiberger Bergbaus. 1940 wurde mit der Schlackenmetall GmbH ein Betrieb zur Verarbeitung alter Haldenschlacken gegründet, der jedoch trotz großer Investi-tionen bis 1945 seine vorgesehene Arbeit nicht aufnehmen konnte. Während des Zweiten Weltkrieges ist der Einsatz von Fremd- und Zwangsarbeitern in der Muldner Hütte belegt.
In der Nachkriegszeit einsetzende Enteignungen betrafen die Muldner Hütte nicht wesentlich, da sich für den staatlichen Besitz lediglich die Staatsform änderte: der VEB Hütte Muldenhütten wurde gebildet. Als Reparationsleistungen wurden die Kontaktschwefelsäureanlage, der Spirlett- und Tischröstofen sowie Teile der Hängebahn demontiert. 1956 erfolgte der Verlust der Selbstständigkeit durch die Zusammenlegung mit der Hütte Halsbrücke zum VEB Freiberger Bleihütten, der 1961 in den VEB Bergbau- und Hüttenkombinat "Albert Funk" Freiberg einging.
Ab 1993 firmierte die Hütte Muldenhütten unter der Bezeichnung "Recycling und Umwelt GmbH" und gehörte der Rheinischen Zinkgesellschaft mbH. Inzwischen ist sie als "Muldenhütten Recycling und Umwelttechnik GmbH (MRU)" Teil des Verbunds der Berzelius Metall GmbH, die dem Konzern Ecobat Technologies Ltd. gehört.
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