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Beständeübersicht

Bestand

20199 Staatliche Akademie für graphische Künste und Buchgewerbe, Leipzig

Datierung1764 - 1977
Benutzung im Staatsarchiv Leipzig
Umfang (nur lfm)11,50

Bestand enthält auch 53 Archivalien, die aus rechtlichen Gründen hier nicht angezeigt werden können. Bitte wenden Sie sich im Bedarfsfall direkt an das Staatsarchiv Kontaktformular

Die "Zeichnungs-, Malerei- und Architectur-Akademie" in Leipzig wurde am 6. Februar 1764 eröffnet. Die erste Unterkunft fand sie im so genannten Amtshause, einem Gebäude an der Ecke des Thomaskirchhofs und der Klostergasse. Die Unzulänglichkeiten des ohnehin ungeeigneten Gebäudes standen einer gedeihlichen Entwicklung der Anstalt hemmend im Wege und machten die Unterbringung der Akademie in einem geeigneteren Gebäude dringend erforderlich. Noch im Jahre 1765 konnte die Akademie in den Westflügel der Pleißenburg übersiedeln, wo fünf Räume für den Unterricht zur Verfügung standen. Durch die ständige Steigerung der Schülerzahl mussten vielfach bauliche Veränderungen und Vergrößerungen vorgenommen werden, am bedeutendsten war 1843 das Aufsetzen eines ganzen Stockwerkes.

Als erster Direktor wurde Adam Friedrich Oeser, geb. am 18.02.1717 zu Pressburg, gest. am 18.03.1799 in Leipzig, unter gleichzeitiger Ernennung zum kurfürstlichen Hofmaler berufen.

Unter einer einheitlichen Leitung hatten jetzt Fremde und Einheimische die Möglichkeit, ein Studium im Zeichnen, der Malerei oder Plastik aufzunehmen. Besondere Sorgfalt sollte jedoch den graphischen Künsten zugewandt werden.

Bis 1890 war die Akademie in der Pleißenburg untergebracht, für die gestiegenen Bedürfnisse reichte jedoch die vorhandene Kapazität nicht aus. Das Königliche Ministerium des Innern verfügte deshalb die Neugestaltung der Schule als "Kunstakademie und Kunstgewerbeschule" und ließ in den Jahren 1887-1890 einen Neubau in der Wächterstraße errichten, der der nachfolgenden Hochschule noch heute (2009) als Heimstatt dient.

Die Akademie unterstand von 1836 [01] bis 1876 dem Akademischen Rat in Dresden. Um aber den von der Ständeversammlung ausgedrückten Wünschen gerecht zu werden, wurde auf Anordnung des Königlichen Ministeriums des Innern vom 3. April 1871 begonnen, einen Entwurf zur Neuorganisation der Akademie aufzustellen. [02] Nach dieser ersten schriftlichen Verfassung, der Reorganisation und einer Erweiterung wurde die Akademie mit Verordnung vom 16. Oktober 1876 dem Königlichen Ministeriums des Innern unterstellt; [03] von 1919/1920 bis 1945 unterstand sie dem Ministerium für Wirtschaft (ab 1935 Ministerium für Wirtschaft und Arbeit). [04]

Direktor Ludwig Nieper (1871-1900) betrachtete den Buchdruck als wesentlichen Teil des Kunstgewerbes. Er gründete neben Werkstätten für Holzschnitt, Lithographie und Radierung im Jahr 1883 auch eine Werkstatt für die sich stark erweiternden fotomechanischen Reproduktionstechniken und eine Abteilung für Fotografie. Nieper verstand, dass die Gesamtgestaltung des Buches aus den technischen Gegebenheiten erwachsen müsse, war aber so sehr in den Vorstellungen seiner Zeit befangen, dass er der gewerblichen Praxis kein Mitspracherecht zubilligte. Die fortschreitende Zeit forderte eine graphische Akademie, die ihren Einfluss auf das Buchschaffen in künstlerischer und technischer Hinsicht ausüben sollte.

Im Jahre 1900 wurde das Institut in "Königliche Akademie für graphische Künste und Buchgewerbe zu Leipzig" umgewandelt. Die bisher bestehenden Klassen für monumentale Kunst, Glasmalerei und Dekorationsmalerei wurden aufgrund des neuen, spezialisierten Ausbildungsprogramms aufgelöst.

Unter der Leitung des Direktors Max Seliger (1901-1920) wurde die Schule zu einer einzigartigen Bildungsstätte gemacht, die alle Zweige buchkünstlerischer und buchgewerblicher Tätigkeit in sich vereinigte und Künstler und Techniker in dem gemeinsamen Ziel des künstlerisch gestalteten Buches zusammenführte. Die jetzt vorhandenen Bildungsmöglichkeiten auf graphischem Gebiet zogen Schüler aus ganz Deutschland, bald auch aus anderen europäischen Ländern und schließlich aus Übersee nach Leipzig.

Der Erste Weltkrieg unterbrach die weitere Entwicklung. Unter der neuen Direktion Walter Tiemanns (1920-1945) setzte wieder eine geregelte Arbeit ein. Die sich ständig weiter entwickelnden Druck- und Reproduktionsverfahren erhielten im Institut für fotomechanische Reproduktionstechniken eine eigene Lehr- und Forschungsstätte. Zusammen mit der Setzerei, Druckerei und Buchbinderei waren alle Zweige der Bucherstellung an der Akademie vertreten. Entsprechend der allgemeinen künstlerischen Auffassung der zwanziger Jahre sollte nun die Ausbildung in der Schule gegenüber dem eigenen Erleben und persönlichen Ausdruck mehr zurücktreten. Die anregende Atmosphäre, durch die unterschiedliche Zusammensetzung der Lehrerschaft entstanden, trug dazu bei, die bis in die dreißiger Jahre reichende und durch die Persönlichkeit Tiemanns bestimmte Epoche zu einer fruchtbaren Zeit in der Geschichte der Hochschule werden zu lassen.

Die zweite Blütezeit der Akademie erlosch mit den im Jahre 1933 in Deutschland sich anbahnenden faschistischen Verhältnissen, die starken Einfluss auf die Zusammensetzung des Lehrkörpers und die Unterrichtsgestaltung haben sollten.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde die Akademie am 26. April 1947 als Akademie für Graphik und Buchkunst mit Hochschulstatus wieder eröffnet [05] und unterstand dem Ministerium für Volksbildung.

Seit der Gründung vergrößerte sich auch ständig der Lehrkörper. 1764 war die Stelle des Architekten mit Johann Paul Haberfang besetzt. Es gehörten noch zwei Unterlehrer Christian Gottlieb Geyser und Carl Lebrecht Crusius, sowie ein Aufwärter, der Kunst- und Modelltischler Johann Christoph Jung, dazu. Um 1780 erfuhr das Lehrerkollegium erstmals eine Vermehrung, indem je ein Lehrer für Architektur und für Malerei eingestellt wurde. Mit der Umgestaltung und Einführung neuer Kurse um 1870 war der Anstieg der Lehrkräfte besonders stark. Die Akademie bestand zum Beispiel 1880 schon aus vier Abteilungen und zwar aus Baukunst, Bildhauerei, Malerei und Hilfswissenschaften.

Die Aufnahme der Schüler war durch die Unzulänglichkeiten der Studienräume sehr beschränkt. Um eine Verminderung der drückenden Überfüllung herbeizuführen, durften ab Ostern 1880 keine Lehrlinge mehr in die Akademie aufgenommen werden.

Es gab Tagesschüler und Abendschüler. Als Tagesschüler wurden die Studenten bezeichnet, welche ein Kunstfach direkt studierten und Abendschüler waren meist Lehrlinge oder Gesellen aus verwandten oder fremden Fachbereichen, welche Interesse für ein künstlerisches Gebiet hatten und sich dementsprechend an der Akademie ausbilden lassen konnten. Für Fortgeschrittene bestand die Möglichkeit, ein Studium in einer Meisterklasse aufzunehmen.


Bestandsgeschichte und -bearbeitung

Der Bestand Staatliche Akademie für graphische Künste und Buchgewerbe Leipzig bis 1945 wurde im Jahre 1969 von der Hochschule für Grafik und Buchkunst an das Staatsarchiv Leipzig ohne Abgabeverzeichnis übergeben. Er umfasste 9 lfm Archivgut. Der Bestand konnte auf Grund der am 4. Dezember 1943 schwer beschädigten Gebäude nur lückenhaft übernommen werden. Erhalten blieben nur solche Akten, die während des Angriffes noch in den unteren Verwaltungsräumen lagerten, während die oberen Stockwerke und ein Seitenflügel vollständig ausbrannten. Zudem wurde bei der Bewertung Schriftgut der Buchhaltung kassiert.

Bei der Bearbeitung 1970 wurde der Bestand neu geordnet, da kein Ordnungsschema vorhanden war und über die Registraturgeschichte nichts ermittelt werden konnte. Dabei erfolgte eine Sortierung nach Gruppen, die ordnungsabhängige Signierung und die Überprüfung der Schülerkarteien hinsichtlich ihrer alphabetischen Ordnung. Ein kleiner Teil der Akten wurde wegen der geringen Aussagekraft kassiert (0,15 lfm). Verzeichnet wurde vorwiegend mit Enthält-Vermerken. Während die Personalakten der Professoren und Dozenten in die Verzeichnung einbezogen wurden, fand bei den Personalakten der Verwaltungsangestellten lediglich eine alphabetische Sortierung und Lagerung am Bestandsende statt.

Diese Personalakten gingen zwischen 1970 und 1990 im ersten Nachtrag des Bestandes, der außer diesen Akten vorwiegend Schriftgut aus der Zeit 1945 bis 1950 enthält, auf. Ein zweiter Nachtrag zum Findbuch mit Unterlagen überwiegend von 1945 bis 1977 folgte in den 1990er Jahren.

Ziel der Retrokonversion des inzwischen 11,5 lfm umfassenden Bestandes im Jahr 2009 war die Verbesserung der Recherchemöglichkeiten durch die Eingabe in die Erschließungsdatenbank Augias-Archiv. Dabei wurden die maschinenschriftlich vorliegenden Angaben in die digitale Form überführt. Die Akteneinheiten der beiden Nachträge wurden den bereits bestehenden Gliederungspunkten zugeordnet und der Gliederungspunkt "1. Gründungs- und Verfassungsangelegenheiten, Berichte und Protokolle" in "1. Organisation und Verwaltung" umbenannt. Zudem wurde ein Personenregister angelegt, welches alle im Aktentitel und den Enthält-Vermerken genannten Personen umfasst.

Der Bestand ist vollständig sicherungsverfilmt, sodass die Akten nicht mehr im Original vorgelegt werden.

Analyse des Bestandes hinsichtlich seiner Bedeutung für die Personengeschichte von Künstlern des 19./20. Jahrhunderts
Der Bestand der "Staatlichen Akademie für graphische Künste und Buchgewerbe Leipzig" hat abgesehen von seinem Wert für Kunstgeschichte, Bildungs- und Sozialwesen, auch Bedeutung für das Gebiet der Genealogie und zwar aus folgenden Gründen:

Zu diesem Bestand gehören u. a. Personalakten für das Lehrpersonal (Dozenten, Professoren und Studenten), Schülerlisten, Stammrollen und Bewerbungsschriften.

In diesem Bestand sind wichtige Fakten enthalten, in erster Linie Lebensdaten, unmittelbar die Personen betreffend, die mit der Akademie in Verbindung standen, sei es als Lernender oder Lehrender. Aus den Lebensläufen, die den Akten verschiedentlich beigefügt sind, gehen auch Angaben über die Eltern der genannten Personen hervor und Angaben über den Lebensweg, also nicht nur Zahlen, sondern auch biografische Schilderungen.

Die Lebensdaten einiger Professoren und Dozenten sind zwar bereits in entsprechenden Lexika festgehalten worden, zum Beispiel Maler und Holzschneider Ludwig Nieper, der Maler und Grafiker Walter Tiemann oder der Maler und Kunstgewerbler Max Seliger. Für weniger bekannte Künstler könnte der Bestand aber, zumindest für genealogisch interessierte Nachkommen derselben, von Bedeutung für die Familienforschung sein.


Literaturhinweise

- Camphausen, Ute von, Die Leipziger Kunstgewerbeschule: eine Dokumentation zu Geschichte und Wirkung der Kunstgewerbeschule der Stadt Leipzig und ihrer Vorgänger- und Nachfolgeeinrichtungen, Leipzig, 1996

- Illensser, Monika, Über die Akademie für Grafik du Buchkunst zu Leipzig in der Zeit des Faschismus, 1991

- Nieper, Ludwig, Die Königliche Kunstakademie und Kunstgewerbeschule in Leipzig, Amtlicher Bericht des Directors der Akademie, Leipzig, 1881

- Pachnicke, Peter (Red.), Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig, Abteilung Buchgestaltung, Leipzig, 1985

- Rinke, Arno (Hrsg.), Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig 1945 – 1989: eine Ausstellung der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig und des Museums der bildenden Künste Leipzig anlässlich des 225. Jubiläums der Hochschule: 8.4.1989 bis 28.5.1989, Leipzig, 1989

- Schiller, Walter (Hrsg.), Zweihundert Jahre Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig, Leipzig, 1964

- Schulze, Friedrich, Adam Friedrich Oeser und die Gründung der Leipziger Akademie, Leipzig, 1940

- Wolff, Dr. Hans, Zum Gedächtnis des 150-jährigen Bestehens der Leipziger Akademie, 1914


Verweise auf korrespondierende Bestände

Staatsarchiv Leipzig

20024 Kreishauptmannschaft Leipzig

20178 Landbauamt Leipzig

Hauptstaatsarchiv Dresden

10026 Geheimes Kabinett

10736 Ministerium des Innern

11168 Ministerium für Wirtschaft

11126 Kunstakademie Dresden

11376 Landesregierung Sachsen, Ministerpräsident

11401 Landesregierung Sachsen, Ministerium für Volksbildung


M. Pienitzsch (1970)
D. Etzold (2009)



[01] Sächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt 1836, S. 325 ff.
[02] StA-L, 20199 Staatliche Akademie für graphische Künste und Buchgewerbe Leipzig, Nr. 2, Bl. 1 ff.
[03] StA-L, 20199 Staatliche Akademie für graphische Künste und Buchgewerbe Leipzig, Nr. 2, Bl. 355.
[04] Staatshandbücher für den Freistaat Sachsen 1921, 1925, 1927 und 1934.
[05] StA-L, 20199 Staatliche Akademie für graphische Künste und Buchgewerbe Leipzig, Nr. 317.

Verwaltung und Organisation.- Institute.- Personal.- Schüler und Studenten.- Finanzen.- Wirtschaft.
Am 6. Februar 1764 wurde die Zeichnungs-, Malerei- und Architektur-Akademie Leipzig als Einrichtung zum Studium von Zeichnen, Malerei und Plastik gegründet. Besonderes Gewicht wurde auf die graphischen Künste gelegt. Die Hochschule bot ab 1893 als erste in Deutschland eine Ausbildung für Fotografie an. Bis 1867 unterstand sie, ähnlich der Akademie der Künste, dem Akademischen Rat in Dresden. Mit dem Übergang auf das Ministerium des Innern erfolgte auch die Umbenennung in "Kunstakademie und Kunstgewerbeschule". Als 1900 eine weitere Bezeichnungsänderung in Königliche Akademie für graphische Künste und Buchgewerbe erfolgte, war sie bereits über Sachsen hinaus bekannt. An der Akademie wurden u. a. alle Zweige der Malerei, Grafik, Fotografie, Bildhauerei und buchkünstlerischer Art gelehrt. Von 1920 bis 1945 gehörte sie zum Ressort des Ministeriums für Wirtschaft. Am 26. April 1947 wurde sie als Akademie für Graphik und Buchkunst mit Hochschulstatus wieder eröffnet.
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