Strukturen der Macht. Die Verfolgung Leipziger Juden 1938/39
Hintergrundinformationen
Im Jahr 2008 jährten sich zum 70. Mal die sog. Novemberpogrome, die sich als Beginn der physischen Judenverfolgung im kollektiven Gedächtnis eingeprägt haben. Aus diesem Anlass untersucht die Ausstellung des Staatsarchivs Leipzig die Verfolgung der Leipziger Juden in den Jahren 1938/39, wobei der zeitliche Schwerpunkt vor dem Beginn des Zweiten Weltkriegs liegt.
Seit der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Januar 1933 erklärte der NS-Staat neben politischen Gegnern die jüdische Bevölkerung zum »rassenpolitischen Hauptfeind«. Mit dem Aprilboykott 1933 begann die öffentliche Schikanierung der Juden auch in Leipzig. In der Folge versuchte die Reichsregierung durch entsprechende Gesetze, Verordnungen und Bekanntmachungen die antisemitische Politik zu legalisieren.
Die so genannten Nürnberger Gesetze, insbesondere das »Reichsbürgergesetz« und das »Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre« vom 15. September 1935 isolierten und diffamierten die jüdische Bevölkerung. Wer diesen Gesetzen unterlag und nach nationalsozialistischer Auffassung als »Voll-«, »Halb-« oder »Vierteljude« galt, bestimmte die Erste Verordnung zum »Reichsbürgergesetz« vom 14. November 1935.
Die Zahl der gegen Juden gerichteten Gesetze erreichte 1938 ihren Höhepunkt. Sie zielten einerseits auf die flächendeckende Erfassung der jüdischen Bevölkerung und ihres Vermögens, andererseits auf ihre Ausgrenzung aus dem öffentlichen Leben, ihre wirtschaftliche Vernichtung und Vertreibung aus Deutschland. Die Ereignisse um den Novemberpogrom markieren den Übergang zu immer größerer staatlicher Willkür.
Durch Brand und Zerstörung sowie Verhaftungen und körperliche Repressalien gegenüber Juden sollten die Ausschaltung der jüdischen Bevölkerung aus dem Wirtschaftsleben und deren zwangsweise Auswanderung aus Deutschland forciert werden. Die Jahre 1938/39 stellten einen vorläufigen Höhepunkt in dem Prozess der Entrechtung und Verfolgung der Juden in Deutschland dar, an dessen Ende im Zweiten Weltkrieg die systematische Deportation und Vernichtung der jüdischen Bevölkerung unter der NS-Herrschaft stand.
Die Ausstellung beschreibt in einzelnen Themenbereichen die bürokratischen Abläufe der Judenverfolgung in Leipzig 1938/39 mit Unterlagen aus den Beständen des Staatsarchivs Leipzig. Ergänzend wird der Blick auf die jeweils beteiligten Leipziger Behörden gerichtet, so dass die »Strukturen der Macht« deutlich werden. Die Präsentation wird erweitert durch eine Übersicht über die wichtigsten Bestände mit Quellen zur Repression und Enteignung der Juden und die Recherchemöglichkeiten im Archiv.