06.01.2020

Archivale im Fokus

Archivale
Die Bezirksstaatsanwaltschaft Karl-Marx-Stadt lässt im Gebäude des Wehrbezirkskommandos Karl-Marx-Stadt befindliche Unterlagen der Bezirkseinsatzleitung beschlagnahmen, 19.1.1990. 
© Quelle: Sächsisches Staatsarchiv, Staatsarchiv Chemnitz, 30503 Staatsanwalt des Bezirkes Karl-Marx-Stadt, Nr. 1413

Beschlagnahmung von Unterlagen der Bezirkseinsatzleitung der SED

Die Auflösung der Staatssicherheit erfolgte im Zuge der demokratischen Revolution aufgrund politischer Entscheidungen über mehrere Zwischenschritte. Erste Anzeichen für das Zerbrechen des Ministeriums für Staatssicherheit waren zu Beginn des Novembers 1989 zu beobachten, als auf Weisung des Ministers mit der Auslagerung von Unterlagen aus den Kreisdienststellen begonnen wurde. Ein Element der Auflösung dabei bestand in der Sicherung der Unterlagen durch die Strafverfolgungsbehörden. Im vorliegenden Dokument wird die Beschlagnahmung von Unterlagen der Bezirkseinsatzleitung der SED beim Wehrbezirkskommando durch den Staatsanwalt des Bezirkes Karl-Marx-Stadt angeordnet.

Bezirkseinsatzleitungen waren wie die Kreiseinsatzleitungen Teil der regionalen Kommandostruktur des Nationalen Verteidigungsrates (NVR). Ursprüngliche Absicht war die Einrichtung von Koordinierungs- und Befehlsorganen für den inneren Notstand in allen Bezirken, gründend auf den unmittelbaren Erfahrungen des 17. Juni 1953. Tatsächlich entwickelten sich die Bezirkseinsatzleitungen zu einem Planungsgremium für den Mobilmachungs- und Kriegsfall. Mitglieder der Bezirkseinsatzleitungen waren die 1. Bezirkssekretäre der SED als Vorsitzende; die Vorsitzenden der Räte der Bezirke; die Leiter der Abteilungen für Sicherheitsfragen in den SED-Bezirksleitungen als Bezirkseinsatzleitungs-Sekretäre; die Chefs der Bezirksbehörden der VP; die Leiter der Bezirksverwaltung (BV) des MfS; die Chefs der Wehrbezirkskommandos der NVA sowie von 1966 bis 1968 die Vorsitzenden der Bezirkswirtschaftsräte. Mit Befehl 16/89 des NVR-Vorsitzenden Egon Krenz vom 29.11.1989 stellten die Bezirkseinsatzleitungen ihre Tätigkeit ein.

Der Bestand 30503 Staatsanwalt des Bezirkes Karl-Marx-Stadt enthält einige wenige Akten, die die Arbeit der Behörde zur Wendezeit dokumentieren. Sie wurden im Jahr 2015 von der BStU, wohin die Unterlagen gelangt waren, an das Sächsische Staatsarchiv abgegeben.

In Umsetzung des Gesetzes über die Staatsanwaltschaft der DDR vom 23. Mai 1952 wurden in den Bezirken Staatsanwälte der Bezirke (BStA) eingesetzt. Sie unterstanden dem Generalstaatsanwalt der DDR (GStA) und waren ihrerseits gegenüber den Staatsanwälten in den neu gebildeten Kreisen bzw. kreisfreien Städten (KStA) weisungsbefugt. In den Bezirken Dresden, Chemnitz/Karl-Marx-Stadt und Leipzig gab es KStA für alle 48 Kreise sowie für die Städte Dresden, Leipzig, Chemnitz/Karl-Marx-Stadt und Zwickau. Im Bezirk Chemnitz/Karl-Marx-Stadt war außerdem ein Bergbaustaatsanwalt eingesetzt.

Die Aufgaben der Staatsanwälte bestanden darin, die Einhaltung der Gesetze und Verordnungen der DDR zu beaufsichtigen, die Ermittlungs- und Untersuchungsverfahren zu leiten bzw. die Einhaltung der damit verbundenen Rechtsnormen zu überwachen. Die Staatsanwälte erhoben wegen Verbrechen oder Vergehen vor dem Gericht staatliche Anklage. Des Weiteren beaufsichtigten die Staatsanwälte die Einhaltung der Rechtsnormen zur Strafvollstreckung und zur Wiedereingliederung aus dem Strafvollzug entlassener Bürger. Daran schloss sich als letzte Aufgabe die Straftatenanalyse an.

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