26.05.2020

Archivale im Fokus

Archivale
Taufbenachrichtigung an Dorothea Marie von Sachsen-Weimar mit der Erstnennung Augusts, 1670 
© Quelle: SächsStA-D, 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 08216/01, Bl. 8r

350 Jahre August der Starke – Ein Jubiläum im Schatten der Zeitrechnung

Friedrich August, genannt August der Starke, ab 1694 sächsischer Kurfürst und seit 1697 auch König von Polen, wurde im Mai 1670 in Dresden geboren. In diesem Jahr begehen wir also das 350-jährige Jubiläum seiner Geburt. Doch wie aussagekräftig ist ein Geburtsdatum, wenn die Person während ihres Lebens eine Kalenderreform erleben durfte?

Aus heutiger Perspektive lässt das Nebeneinander unterschiedlicher Kalendersysteme möglicherweise Komplikationen erwarten, in der damaligen interkonfessionellen Kommunikation war der Umgang damit hingegen alltäglich. So gab es seit der frühen Neuzeit bis in das frühe 20. Jahrhundert hinein allein im christlichen Kontext zwei Kalender: Der julianische und der gregorianische Kalender.

In einer Akte (Loc. 08216/01, Bl. 6r–9v; 20r–23v) aus dem Bestand 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), der zur Zeit digitalisiert und dann auch online verfügbar sein wird, existieren vier Briefe, die von der Geburt und der Taufe Augusts berichten. Johann Georg (III.), Herzog und Kurprinz von Sachsen, schrieb 1670 anlässlich der Geburt seines Sohnes an seinen Vetter, Moritz von Sachsen-Zeitz, und an dessen Frau, Dorothea Marie von Sachsen-Weimar. Die Briefe wurden in der Kanzlei für mehrere Adressaten säuberlich vorgeschrieben, sodass Johann Georg die Dokumente nur noch signieren musste. Er verkündete darin, dass er »[…] mit einem wohlgestalten jungen Prinzen mildväterlich gesegnet« sei. Dieser habe das Licht der Welt »[…] heute vor Mittag ein Viertel uff 9 Uhr« erblickt – am 12. Mai 1670. Uns blieben mit beiden Briefen die ältesten Nachweise über die Geburt des späteren sächsischen Kurfürsten und König Polens erhalten. Drei Tage nach der Geburt, am 15. Mai 1670, fand die Taufe statt und der Neugeborene erhielt den Namen Friedrich Augustus. Da sich die Taufpaten Moritz und Dorothea Marie bei der Taufe vertreten ließen – durchaus keine Seltenheit an frühneuzeitlichen Höfen – wurde ihnen je ein Brief mit der Taufbenachrichtigung zugesandt. Nach dem Aussterben der Nebenlinie Sachsen-Zeitz in der dritten Generation fanden die Briefe ihren Weg zurück nach Dresden, wo sie in den Magazinen des Hauptstaatsarchivs für die Nachwelt verwahrt werden.

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Umschlag der Taufbenachrichtigung an Moritz von Sachsen-Zeitz, 1670  © Quelle: SächsStA-D, 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 08216/01, Bl. 23r

Zur Geburt Augusts gibt es auch eine Parallelüberlieferung: »Der Churfl.-Sächs. weit beruffenen Residentz und Haupt-Vestung Dresden Beschreib- und Vorstellung« von Anton Weck aus dem Jahr 1679/80. Ein Blick in sein Werk verrät, dass das Herzogpaar aus Sachsen-Zeitz neben 16 weiteren Personen, von denen wohl die wenigsten tatsächlich dabei gewesen sein dürften, Taufpaten waren. Sicherlich rechnete der spätere Kurfürst Johann Georg III. auch nicht mit der persönlichen Anwesenheit aller Adressaten. Zwischen Geburt und Taufe lagen lediglich drei Tage, in welchen zunächst der Brief mit der Verkündung der Geburt sein Ziel erreichen und das Herzogspaar von Zeitz hätte nach Dresden reisen müssen. Angesichts der ca. 115 km langen Strecke war ein persönliches Erscheinen kaum denkbar.

Doch gerade deshalb sind die Briefe überhaupt erst entstanden und geben Aufschluss über den Umgang mit dem Geburtsdatum Augusts: Es wurde kein Doppeldatum notiert, sondern bewusst nur ein Datum. Sowohl das Sekundogeniturfürstentum Sachsen-Zeitz als auch Kursachsen waren 1670 protestantisch und führten daher beide noch den julianischen Kalender, also den Kalender alten Stils. Somit ist auch das Geburtsdatum Augusts ein Datum nach altem Stil. Aus Perspektive des heute gültigen gregorianischen Kalenders wäre der Geburtstag jedoch der 22. Mai 1670 gewesen. Allerdings wird das Datum heute wie auch damals nicht anders rezipiert: Es ist und bleibt der 12. Mai 1670. Scheinbar spielte es für die Zeit nach der Kalenderreform 1700 keine Rolle, welcher Kalender zur Geburt Augusts galt.

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