13.10.2021

DOK Leipzig: Matinee »Gedenken in der DDR«

Eine Menschengruppe, einheitlich bekleidet mit blauen FDJ-Hemden, besteigt eine Treppe zu einem Mahnmal.
FDJ-Gruppe beim Besuch der Mahn- und Gedenkstätte auf dem Gelände des ehemaligen KZ Langenstein-Zwieberge, Standbild aus Lauffilm »Es wächst das Gras nicht über alles« 
© SächsStA-L, Bestand 20298 Zentralhaus für Kulturarbeit, Nr. AV 20298-222

Das Sächsische Staatsarchiv zeigt aus seinen Beständen Filme der DDR zur Auseinandersetzung mit dem Erbe des Nationalsozialismus in beiden deutschen Staaten nach 1945.

Traditionell beteiligt sich das Staatsarchiv am Internationalen Leipziger Festival für Dokumentar- und Animationsfilm mit einer Matinee, in der es eine Auswahl aus seinen vielfältigen audiovisuellen Archivgutbeständen präsentiert. Die in diesem Jahr am 31. Oktober 2021 um 10:30 Uhr im Passage Kino Wintergarten vorzustellenden Filme der DDR thematisieren die Erinnerungsarbeit am Gründungsmythos.

Die Gründung der DDR 1949 beruhte auf einem antifaschistischen Selbstverständnis, das die Kontinuität des Kampfes gegen den Nationalsozialismus aus der Weimarer Republik bis in die Gegenwart postulierte und damit der eigenen Bevölkerung ein attraktives Entlastungsnarrativ anbot. Nach einer kurzen Phase rigoroser Verurteilung von NS-Verbrechen in der SBZ durch sowjetische Militärtribunale sollten die von der jungen DDR geführten Waldheimer Prozesse 1950 den Schlusspunkt der Abrechnung mit dem NS-Staat markieren. Zeitgleich wurden weitreichende Amnestiegesetze erlassen, um die »kleinen Nazis« für den Wiederaufbau eines sozialistischen Deutschlands zu gewinnen und die Machtbasis der SED zu festigen.

Was aber tun mit der Schuld von gestern in einer nach sowjetischem Vorbild geformten Republik, die nach morgen strebte? Zunehmend delegierte die DDR die Konfrontation mit der Zeit vor 1945 an die Bundesrepublik Deutschland, indem sie aufwändige, propagandistische Kampagnen gegen Adenauers »Blutrichter« betrieb und sich in Form von Nebenklagen bei NS-Prozessen als das bessere, antifaschistische Deutschland im Ausland profilieren wollte.

Tatsächlich kamen solche Debatten in der DDR nicht auf. Denn der Gründungsmythos legte fest, dass das »bessere« Deutschland auch nur den »besseren« Teil jenes Erbes der Vergangenheit anzutreten hatte: den antifaschistischen Widerstand. Diese ambivalente Setzung mündete in einer ebensolchen Gedenkkultur. Die vorliegende Auswahl aus den Beständen des Sächsischen Staatsarchivs versammelt Filme aus der mittleren und späten DDR, die zu dieser Kultur beitrugen und von ihr geprägt wurden: ein Erinnerungsblick aus der Vogelperspektive und vier Beispiele aus lokalen Zusammenhängen, in denen sich die Staatsräson vor Ort konkretisierte.

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