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Orts- und Heimatgeschichte

Das Foto zeigt eine Landkarte mit Ortskern und umgebenden Wäldern, Feldern und Gewässern.
Ausschnitt aus der Karte »Der Elbstrom in den Ämtern Pretzsch, Wittenberg und Schweinitz«, 1773/76 (Quelle: SächsStA-D, 12884 Karten und Risse, Schr. D, F. 3, Nr. 11e, Sächsisches Staatsarchiv, Foto: Swen Reichhold). 

Vor dem Archivbesuch

Schauen Sie zunächst, ob bereits Literatur oder Quelleneditionen zum gewählten Thema vorhanden sind. Anschließend ist zu überlegen, welches Archiv für Quellen zum bearbeiteten Thema in Betracht kommt. Für Sachsen sind dafür die territorialen Veränderungen infolge des Wiener Kongresses von 1815 sowie die der Bezirksbildung von 1952 zu beachten.

Einen guten Überblick über ortsgeschichtliche Publikationen für Sachsen bietet die »Sächsische Bibliographie«. Sie benennen in der Regel bereits einschlägige Quellen und Archive.

Quellenangaben und eine moderne Deutung der Ortsnamen enthält die Publikation »Historisches Ortsnamenbuch von Sachsen« (hrsg. v. Ernst Eichler und Hans Walther, Berlin 2001).

Urkunden sind im Codex diplomaticus Saxoniae, dem mehrbändigen Urkundenbuch für Sachsen, ediert und beim Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde online abrufbar. Für Urkundensammlungen zur Oberlausitzer Landesgeschichte wird auf die Editionen »Codex diplomaticus Lusatiae superioris« und »Scriptores rerum Lusaticarum« verwiesen, die bei der Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften online verfügbar sind.

Um das zuständige Archiv zu finden, müssen Sie wissen, welche Behörde oder Einrichtung örtlich und inhaltlich für die Bearbeitung zuständig war. Eine erste Orientierung dazu bietet das unten verlinkte »Historische Ortsverzeichnis von Sachsen«. Es enthält wesentliche Grunddaten z. B. zur Verwaltungszugehörigkeit und zu historischen Besitzverhältnissen für alle heute zu Sachsen gehörigen Orte.

Für ortsgeschichtliche Quellen kommen neben dem Sächsischen Staatsarchiv in Betracht:

  • Kommunalarchive
  • Kirchenarchive

Für Orte in Grenzgebieten und Orte, die nur zeitweilig zu Sachsen gehörten:

  • Staatsarchive von Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Thüringen
  • Staatsarchive in Polen und Tschechien

Mit der Umsetzung des Wiener Friedens von 1815 verlor Sachsen über die Hälfte seines Territoriums und über 40 Prozent der Bevölkerung v. a. an Preußen.

Große Teile des Kurkreises (ab 1807 Wittenberger Kreis) und des Thüringer Kreises, nördliche Gebiete des Meißnischen Kreises, Gebiete im Nordwesten des Leipziger Kreises, der kursächsische Anteil an der Grafschaft Henneberg sowie der größte Teil der Stifte Merseburg, Naumburg und Zeitz wurden der neu gebildeten preußischen Provinz Sachsen zugeordnet. Das Archivgut befindet sich im Landesarchiv Sachsen-Anhalt.

Das ehemalige Markgraftum Niederlausitz und der nördliche Teil des Kurkreises kamen zur Provinz Mark Brandenburg. Das Archivgut befindet sich im Brandenburgischen Landeshauptarchiv.

Nördliche und östliche Gebiete des Markgraftums Oberlausitz wurden 1815 zunächst in die Regierungsbezirke Frankfurt/Oder (Provinz Mark Brandenburg) und Liegnitz (Provinz Schlesien) eingegliedert. Ab 1826 erfolgte eine Neugliederung, nach der alle ehemaligen Oberlausitzer Landesteile dann dem Regierungsbezirk Liegnitz (Provinz Schlesien) zugeordnet waren. Wir verweisen auf das Brandenburgische Landeshauptarchiv und das Staatsarchiv Breslau.

Zwei Drittel des Neustädter Kreises gelangten zunächst an Preußen und wenig später an das Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach. Wir empfehlen eine Anfrage beim Landesarchiv Thüringen - Hauptstaatsarchiv Weimar.

Mit der Verwaltungsreform von 1952 wurden in der DDR die bisherigen fünf Länder aufgelöst. An ihre Stelle traten 14 neu gebildete Bezirke (mit Ost-Berlin als Hauptstadt der DDR de facto 15) mit dem Ziel, die staatlichen Strukturen den Bedürfnissen der SED-Führung nach sowjetischem Vorbild anzupassen und die Voraussetzungen für eine zentralisierte Wirtschaftslenkung zu schaffen. Entsprechend der veränderten administrativ-territorialen Verwaltungsgliederung entstanden auf dem Gebiet des ehemaligen Landes Sachsen mit leicht veränderten Grenzen die drei Bezirke Dresden, Chemnitz (ab 1953 Karl-Marx-Stadt) und Leipzig. Die ehemals sächsischen Kreise Hoyerswerda und Weißwasser wurden verwaltungsmäßig dem Bezirk Cottbus zugeordnet. Im Gegenzug kamen die ehemals thüringischen Kreise Altenburg und Schmölln zum neu gebildeten Bezirk Leipzig. Die so entstandene staatliche Gliederung auf regionaler Ebene blieb bis auf sehr geringfügige Veränderungen bis zum Ende der DDR stabil und bildete zugleich die Grundlage für die entsprechenden territorialen Bezirks- und Kreisleitungen der SED sowie für die Organisationsstrukturen der Massenorganisationen. Erst mit der Auflösung der Bezirke und der Wiedereinführung der Länder im Zuge der deutschen Wiedervereinigung 1990 entstand die heutige föderale Verwaltungsgliederung.

Im Hinblick auf die Entwicklung der Verwaltungsstrukturen zwischen 1945 und 1990 auf dem Gebiet des heutigen Freistaates Sachsen ist die Überlieferung in den staatlichen Archiven von Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Thüringen zu berücksichtigen.

Einige Beispiele sollen die konkrete Herangehensweise bei der Suche nach archivalischen Quellen zeigen.

Deutschneudorf

Für die Exulantengründung des 17. Jahrhunderts im Erzgebirge gibt es bezüglich der Behörden der unteren und mittleren Ebene je nach deren Verwaltungssitzen gewisse Überschneidungen bezüglich der Zuständigkeiten des Staatsarchivs Chemnitz und des Hauptstaatsarchivs Dresden. Für die Zentralbehörden ist das Hauptstaatsarchiv Dresden zuständig. Reichhaltige Quellen zum historischen Bergbau um Deutschneudorf gibt es im Bergarchiv Freiberg.

Kötzschau

Der heutige Ortsteil der Stadt Leuna in Sachsen-Anhalt gehörte bis zu seiner Abtretung an Preußen 1815 zum Amt Lützen des unter kursächsischer Administration stehenden Hochstifts Merseburg. Der Ort war in der frühen Neuzeit durch ein Salzwerk geprägt. Die Überlieferung der zentralen Ebene bis 1815 befindet sich im Hauptstaatsarchiv Dresden. Für die lokale und regionale Ebene sowie für die Zeit nach 1815 ist dagegen das Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt heranzuziehen. Für ergänzende Überlieferungen insbesondere kirchengeschichtlicher Natur wäre auch das Domstiftsarchiv Merseburg zu prüfen.

Löbtau

Für den 1903 nach Dresden eingemeindeten Ort befindet sich die archivalische Überlieferung staatlicher Provenienz für alle Ebenen im Hauptstaatsarchiv Dresden. Die Gemeindeüberlieferung ist dagegen im Zusammenhang mit der Eingemeindung ins Stadtarchiv Dresden gelangt.

Trebsen

Archivalien der unteren und mittleren Verwaltungsebene sowie zum Rittergut sind im Staatsarchiv Leipzig überliefert, solche der zentralen Ebene im Hauptstaatsarchiv Dresden. Da die damals zum Amt Grimma gehörige Kleinstadt mit diesem Amt bis zum Ende des Schmalkaldischen Krieges 1547 zum ernestinischen Kurfürstentum Sachsen gehörte, sollten hier auch die Bestände des Thüringischen Hauptstaatsarchivs Weimar auf einschlägige Überlieferungen geprüft werden.

Quellen und Bestände im Staatsarchiv

Neben der Überlieferung der zentralen, regionalen und lokalen Überlieferung der sächsischen Behörden befinden sich Quellen zu ortsgeschichtlich interessanten Spezialthemen in den Archivalien der ehemaligen Deutschen Zentralstelle für Genealogie sowie der sächsischen Bergbauverwaltung. Relevant sind ebenfalls Karten- und Siegelsammlungen.

In den Beständen der sächsischen Zentralbehörden befindet sich ortsgeschichtlich relevantes Material für Orte in ganz Sachsen. Hier sind auch zahlreiche Archivalien für Orte überliefert, welche infolge der Teilung Sachsens im Jahr 1815 sowie aufgrund der von 1952 bis 1990 bestehenden DDR-Bezirke heute in Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Thüringen liegen.

Oft ergiebiger ist die regionale und lokale Überlieferung von Behörden der unteren und mittleren Ebene wie beispielsweise Ämter, Amtshauptmannschaften und Kreishauptmannschaften bzw. der Stadt- und Landkreise. Sie umfasst im Sächsischen Staatsarchiv den Zeitraum bis 1952. Archivgut der Städte und Gemeinden sowie der Landkreise ab 1952 wird vor Ort in den kommunalen Archiven verwahrt.

Zentralbehörden bis 1945

Benutzungsort: Hauptstaatsarchiv Dresden

Untere und mittlere Behörden bis 1945

Benutzungsorte: Hauptstaatsarchiv Dresden, Staatsarchiv Chemnitz, Staatsarchiv Leipzig und Staatsfilialarchiv Bautzen

Sächsische Bergbauverwaltung bis 1945

Benutzungsort: Bergarchiv Freiberg

Behörden und staatliche Wirtschaftsbetriebe nach 1945

Benutzungsorte: Hauptstaatsarchiv Dresden, Staatsarchiv Chemnitz, Staatsarchiv Leipzig und Bergarchiv Freiberg

Das Sächsische Staatsarchiv besitzt einen der umfangreichsten Bestände an historischen Karten in Deutschland. Sie stammen aus der Tätigkeit sächsischer Landesbehörden und ihrer historischen Vorläufer und umfassen den Zeitraum vom 16. bis zum 19. Jahrhundert.

Eine sehr aussagekräftige Quellengruppe für ortsgeschichtliche, aber auch siedlungs- und sozialgeschichtliche sowie genealogische Forschungen bilden die Gerichtsbücher.

Grundbücher sind ein beschränkt öffentliches Register, in dem alle Grundstücke und die daran bestehenden Rechte verzeichnet sind.

Gründung und Ersterwähnung von Orten

Von besonderem ortsgeschichtlichem Interesse ist der Zeitpunkt der Gründung bzw. der Ersterwähnung eines Ortes. Daraus wird oftmals der Zeitpunkt für Ortsjubiläen festgelegt.

Der Scan zeigt eine Urkunde über die Ersterwähnung von Löbtau.
Ersterwähnung von Löbtau in einer Urkunde König Heinrichs IV. für das Domkapitel Meißen vom 28. Oktober 1068 (Quelle: SächsStA-D, 12856 Domkapitel Meißen, Nr. 5). 

Genaue Gründungsdaten sind nur für relativ wenige Orte bekannt. Dies sind meist relativ späte Gründungen wie die um 1500 in der zweiten Blütezeit des erzgebirgischen Bergbaus gegründeten neuen Bergstädte und die im 17. Jahrhundert entstandenen neuen Siedlungen der böhmischen Exulanten in Sachsen.

Für die weitaus meisten Orte in Sachsen gibt es keine schriftliche Überlieferung zur Ortsgründung. Als Grundlage für Ortsjubiläen dient in diesen Fällen meist die nach gegenwärtigem Kenntnisstand erste Erwähnung eines Ortes. Solche Erwähnungen, die meist in Urkunden überliefert sind und oftmals einen eher zufälligen und beiläufigen Charakter haben, sind nicht selten erst relativ lange nach der Gründung eines Ortes belegt. Beispielsweise können Orte, bei denen archäologische, siedlungsgeschichtliche und sprachwissenschaftliche Gründe eindeutig für eine Entstehung in der Zeit des hochmittelalterlichen Landesausbaus von etwa 1150 bis 1250 sprechen, durchaus erst im 14. oder 15. Jahrhundert schriftlich nachweisbar sein.

Für schon erheblich früher entstandene Orte slawischen Ursprungs kann diese Diskrepanz noch erheblich größer sein. Ursachen dafür sind die noch relativ geringe Schriftlichkeit innerhalb der mittelalterlichen Gesellschaft sowie inzwischen eingetretene Überlieferungsverluste.

Ein großer Teil der in Betracht kommenden Urkunden ist im Codex diplomaticus Saxoniae, dem mehrbändigen Urkundenbuch für Sachsen, ediert und beim Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde online abrufbar. Das Sächsische Staatsarchiv verwahrt Urkunden und Kopiale aus dem Zeitraum vom 10. bis zum 20. Jahrhundert. Für die Frühgeschichte eines Ortes können archäologische Funde von wesentlicher Bedeutung sein, die zeitlich weit vor der ersten schriftlichen Erwähnung liegen können. Für Auskünfte über möglicherweise für den entsprechenden Ort dokumentierte archäologische Grabungen bzw. Funde verweisen wir auf das Landesamt für Archäologie Sachsen.

Für Urkundensammlungen zur Oberlausitzer Landesgeschichte wird auf die Editionen »Codex diplomaticus Lusatiae superioris« und »Scriptores rerum Lusaticarum« verwiesen, die bei der Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften online verfügbar sind.

Gründungs- bzw. Ersterwähnungsdaten sind im »Historischen Ortsverzeichnis von Sachsen« enthalten. Parallel dazu sollte die Publikation »Historisches Ortsnamenbuch von Sachsen« (hrsg. v. Ernst Eichler und Hans Walther, Berlin 2001) herangezogen werden. Dieses enthält Quellenangaben und eine moderne Deutung der Ortsnamen.

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