Hauptinhalt

Provenienzforschung

Der Scan zeigt ein Dokument über eine Versteigerungsanzeige aus dem Jahr 1941.
Versteigerung von jüdischem Besitz bei der erzwungenen Auswanderung, 1941 (Quelle: SächsStA-L, 20979 Hans Klemm, Versteigerungshaus, Leipzig, Nr. 2). 

Für Recherchen zu Herkunft, Besitz- und Nutzungsgeschichte, Verlust und Entfremdung von Kunst- und Kulturgütern hat das Sächsische Staatsarchiv viel zu bieten. Hier findet die Provenienzforschung ihre Quellen im Kontext – die Unterlagen staatlicher Museen, Bibliotheken und Archive zusammen mit den Akten ihrer Aufsichtsbehörden, Nachweise zu fürstlichem, adligem, staatlichem und privatem Kunstbesitz sowie zahlreiche Doku­mente zum staatlich organisierten Kunstraub und den Versuchen seiner Wiedergutmachung.

Auch das Sächsische Staatsarchiv fühlt sich grundlegenden Prinzipien verpflichtet, wie sie etwa 1998 in Bezug auf von den Nationalsozialisten beschlagnahmte Kunstwerke formuliert wurden (Washington Principles): »Einschlägige Unterlagen und Archive sollten der Forschung gemäß den Richtlinien des International Council on Archives zugänglich gemacht werden«.

Diese Seite bietet Informationen zu Beständen und – beispielhaft – zu Archivalien, die für die Provenienzforschung relevante Daten enthalten. Da Provenienzforschung immer zugleich Personen- und Familienforschung ist, sei an dieser Stelle auch auf unsere Tipps zu diesem Forschungsthema hingewiesen.

Quellen im Sächsischen Staatsarchiv

1.1. Quellen zur Sammlungstätigkeit des kurfürstlich-königlichen Hofs und zur Verwaltung der kurfürstlich-königlichen Sammlungen (bis 1831)

Der Scan zeigt das Titelblatt des ältesten Inventarsder kurfürstlichen Kunstkammer.
Ältestes Inventar der kurfürstlichen Kunstkammer, 1587 (Quelle: SächsStA-D, 10009 Kunstkammer, Sammlungen und Galerien, Nr. 1). 

Die Kunst- und Naturaliensammlungen der sächsischen Kurfürsten und Könige unterstanden als Eigentum des regierenden Hauses bis zu den Staatsreformen des 19. Jahrhunderts den Hof- und Kammerbehörden. Aus dieser Zeit sind zahlreiche Inventare, Rechnungen und Verwaltungsschriftgut überliefert, die Aufschluss über Erwerb und Bestand geben. Sie finden sich vor allem in den Akten des Hofes selbst, von Rat und Kabinett sowie im »Finanzarchiv«, in das die Unterlagen der Kammerverwaltung eingegangen sind. Viele Hinweise auf Erwerbungen finden sich auch in den Rechnungen der Rentkammer, der kurfürstlichen Schatulle und anderer Stellen sowie – für das 16. Jahrhundert – in den Kopialen der kurfürstlichen Kanzleien.

Links zu den Beständen

1.2. Quellen zur Verwaltung der königlichen Sammlungen für Wissenschaft und Kunst, der öffentlichen Museen, Bibliotheken und Archive (1831–1945)

Der Scan zeigt das Titelblatt der Rechnung über den Vermehrungs-Fond.
Titelblatt: Rechnung über den Vermehrungs-Fond bei den Königlichen Sammlungen für Kunst und Wissenschaft auf das Jahr 1898 (Quelle: SächsStA-D, 10076 Rechnungen der Hof- und Staatsbehörden 46/244). 

Die erste sächsische Verfassung von 1831 erklärte die nunmehr zum königlichen Hausfideikommiss gehörigen Sammlungen als »von dem Lande unzertrennlich und unveräußerlich«. Sie unterstanden daher zunächst der Aufsicht des Innenministeriums, später des Kultusministeriums und des Ministeriums des Königlichen Hauses, seit 1869/70 der Generaldirektion der Königlichen Sammlungen für Kunst und Wissenschaft, die keinem bestimmten Ressort zugeordnet war. Letztere wurde 1919 in das Kultusministerium eingegliedert. Die Rechnungen der Generaldirektion sind in einem eigenen Bestand überliefert.

Neben den Unterlagen dieser Behörden verwahrt das Staatsarchiv auch Akten der staatlichen Museen und Sammlungen selbst und macht sie auf der Grundlage des Sächsischen Archivgesetzes für jedermann zugänglich. In diesen Sammlungen finden sich auch Objekte, die aus Kolonien ihren Weg nach Sachsen fanden. Für größere Mengen älterer Unterlagen der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, die in diesen Kontext gehören, steht die Anbietung bis heute aus.

Links zu den Beständen und Bestandsgruppen

Der Scan zeigt ein Dokument über die Zwangsverwaltung der Bildergalerie in Dresden.
Zwangsverwaltung der Bildergalerie in Dresden aus dem Nachlass des Premierministers Heinrich Graf von Brühl (Kommissionsakte), Bd. 35 (Quelle: SächsStA-D, 10047 Amt Dresden, Nr. 3445). 

Kunstsammlungen und Bibliotheken sächsischer Rittergüter und des sächsischen Adels haben ihren Niederschlag in den Herrschafts-, Guts- und Familienarchiven gefunden, die das Staatsarchiv in großer Zahl verwahrt. Sie sind zum Teil in Folge der sogenannten »Schlossbergung«, zum Teil als Deposita, in geringem Umfang auch durch Nachlässe, Schenkungen oder Ankauf in den Bestand gelangt. Einige Deposita wurden schon im 19. Jahrhundert eingerichtet, andere nach der Rückübertragung der Archivalien an die Eigentümer auf Grundlage des Ausgleichsleistungsgesetzes von 1994 begründet.

Eine besondere Form des meist adligen Kunstbesitzes waren die Familienanwartschaften (Familienfideikommisse). In manchen Fällen lassen sich Einzelnachweise anhand von Akten der Landgerichte führen, die im Zuge der 1938 begonnenen Auflösung der Fideikommisse entstanden.

Auch die Unterlagen von Stiftungen, die Künstler und den Erwerb von Kunst förderten, können zum Nachweis des Verbleibs einzelner Kunst- und Kulturgüter dienen. Im Staatsarchiv ist hier die Überlieferung des Ministeriums des Innern und anderer Ministerien (1831–1945) einschlägig, das die Aufsicht über diese Stiftungen führte. Nach 1945 wurde sie als Sammelstiftungen durch die Räte der Bezirke übernommen.

Der Kunst- und Buchbesitz von Privatpersonen kann im einzelnen Fall durch Unterlagen der Gerichte und Notare, etwa bei der Regulierung von Nachlässen oder der Errichtung und Eröffnung von Testamenten dokumentiert werden.

Das Staatsarchiv verwahrt zahlreiche Unterlagen von Vereinen und Verbänden. Mit dem Sächsischen Kunst- und Altertumsverein findet sich darunter auch ein Verein, der sich der Erforschung der sächsischen Kunstdenkmäler widmete und eigene Sammlungen unterhielt.

Links zu den Beständen und Bestandsgruppen

Der Scan zeigt den Handelsregistereintrag einer Firma.
Registereintrag 25946 zur Firma Martin Kelter Kunstverlag & Kunsthandel (Quelle: SächsStA-L, 20124 Amtsgericht Leipzig, Nr. 21255, Blatt 233). 

Nachweise von Unternehmen des Kunst- und Antiquitätenhandels in Sachsen bieten die Handelsregister. Das Handelsregister in Deutschland ist ein öffentliches Verzeichnis, das Eintragungen über Unternehmen im zuständigen Registergericht führt und über dort hinterlegte Dokumente Auskunft erteilt. Das Handelsregister informiert über wesentliche rechtliche und wirtschaftliche Verhältnisse von Kaufleuten sowie Unternehmen, darunter Antiquitäten- und Kunsthändler. Handelsregister wurden in Sachsen seit Einführung des Allgemeinen Handelsgesetzbuches 1861 bei verschiedenen Gerichten geführt. Für die Zeit 1952 bis 1990 waren die Räte der Kreise und der kreisfreien Städte zuständig (Bestandsgruppe »Register«). Zum Leipziger Auktionshaus Hans Klemm vgl. Abschnitt 4.

Links zu den Beständen und Bestandsgruppen

Der Scan zeigt ein Verzeichnis der versteigerten Gegenstände.
Verzeichnis der versteigerten Gegenstände aus dem Besitz von Paul Hinrichsen, 1942 (Quelle: SächsStA-L, 20979 Hans Klemm, Versteigerungshaus, Leipzig, Nr. 12). 

Auch wenn Unterlagen der staatlichen Behörden aus der Zeit zwischen 1933 und 1945 nur sehr lückenhaft überliefert sind, finden sich darunter eine Reihe von Quellen zum Entzug jüdischen Vermögens. Sie betreffen allerdings in erster Linie Grundbesitz, Geld und Wertpapiere. Der Nachweis von einzelnen Kulturgütern ist damit nur im Ausnahmefällen zu leisten. Entsprechende Dokumente finden sich in der Überlieferung einzelner Staatsministerien, Amtshauptmannschaften und Polizeibehörden sowie von Finanzbehörden des Reichs, namentlich der Oberfinanzpräsidenten Leipzig, Dresden und Karlsbad, einzelner Finanzämter und des »Reichskommissars für die Behandlung feindlichen Vermögens« (Bestand 32868 Reichsvermögensamt Chemnitz).

Nachweise entzogenen Vermögens ermöglichen auch die Unterlagen von Banken und Kreditinstituten aus der Zeit vor 1945.

Mit Unterlagen aus dem Auktionshaus Hans Klemm (Leipzig), das seit 1938 eine große Rolle bei der Verwertung entzogenen jüdischen Vermögens spielte, besitzt das Staatsarchiv eine außergewöhnliche Quelle (20979 Hans Klemm, Versteigerungshaus, Leipzig). Teile dieser Überlieferung sind nach 1949 in das sogenannte NS-Archiv des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR (13471 NS-Archiv des MfS u. a.) gelangt.

Quellen zur Wiedergutmachung von nationalsozialistischem Unrecht, darunter auch zu entzogenem jüdischen Vermögen, aus der Zeit unmittelbar nach 1945 finden sich vereinzelt in den Unterlagen des Ministeriums für Finanzen der Landesregierung Sachsen (11381 Landesregierung Sachsen, Ministerium für Finanzen, 1945−1952).

Links zu den Beständen und Bestandsgruppen

Quellen zur Wiedergutmachung von nationalsozialistischem Unrecht

Einen Überblick über die Quellen zur Wiedergutmachung von nationalsozialistischem Unrecht in den Staatlichen Archiven des Bundes und der westdeutschen Länder bietet die ARK-Bund-Länder-Arbeitsgruppe »Wiedergutmachung«.

Der Scan zeigt ein »Verkaufsbuch« mit Nachweisen über verkaufte Gegenstände aus der »Schlossbergungsaktion«.
»Verkaufsbuch« mit Nachweisen über verkaufte Gegenstände aus der »Schlossbergungsaktion« aus dem Zeitraum 1948–1950, (Quelle: SächsStA-D, 11377 Landesregierung Sachsen, Ministerium des Innern, Nr. 4250). 

Zwischen 1945 und 1949 wurde in der Sowjetischen Besatzungszone im Zuge der sogenannten »demokratischen Bodenreform« adliger und bürgerlicher Grundbesitz von mehr als 100 Hektar Größe und von Personen, die in das nationalsozialistische Regime verstrickt waren, zusammen mit dem Inventar, darunter Kunstgegenstände, Bibliotheken und Archive, entschädigungslos enteignet. Nachweise über die Durchführung der sogenannten »Schlossbergung« finden sich in den Unterlagen der Kreistage und -räte und des Ministeriums des Inneren des Landes Sachsen (1945–1952). Dazu gehören unter anderem die sogenannten »Schlossbergungslisten«, die beschlagnahmtes Inventar verzeichnen, eine »Schlossbergungskartei« und ein »Verkaufsbuch, das den Verkauf beschlagnahmter Kulturgüter unter staatlicher Regie dokumentiert.

Links zur Bestandsgruppe und zum Bestand

Während des Zweiten Weltkriegs hatte das damalige Sächsische Hauptstaatsarchiv (heute Abteilung 2 des Staatsarchivs: Hauptstaatsarchiv Dresden) einen Großteil seiner Bestände an Ausweichorte im Land verlagert, um sie vor Bombenangriffen zu schützen. An einigen wenigen Auslagerungsorten sind Verluste eingetreten, die in der Lost Art-Datenbank des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste dokumentiert sind. Mit Hilfe der Datenbank konnten in den vergangenen Jahren einige kriegs- bzw. kriegsfolgenbedingt verlorene Archivalien ermittelt und  zurückgeführt werden.

Einige Archivalien des Hauptstaatsarchivs Dresden befinden sich seit der zweiten Hälfte der 1940er Jahre in heute russischen Archiven. Dazu gehören einzelne Akten, die von der sowjetischen Militäradministration nach inhaltlichen Gesichtspunkten aus dem Bestand entnommen wurden sowie einige Dokumente aus dem Bestand 10005 Hof- und Zentralverwaltung der Wettiner (Wittenberger Archiv). Dieser war während des Zweiten Weltkriegs auf der Festung Königstein ausgelagert, wurde 1945 in die Sowjetunion verbracht und 1958 zurückgegeben. Dabei sind jedoch einzelne Akten in Moskau verblieben. Da für jedes Schriftstück kurze Regesten aus dem 19. Jahrhundert vorliegen, lässt sich der Inhalt der Verluste ungefähr nachvollziehen.

Links

Bestände in anderen Archiven

  • Bundesarchiv: Bestand B 323 Treuhandverwaltung von Kulturgut bei der Oberfinanzdirektion München
  • Bundesarchiv: Bestand DL 210 Betriebe des Bereichs Kommerzielle Koordinierung (Kunsthandel und Raubkunst in der DDR)
  • Bundesarchiv: Bestand 1826 Gurlitt (Nachlass Cornelius Gurlitt family)
  • Landesarchiv Berlin: Bestand A Rep. 243-04 Reichskammer der bildenden Künste – Landesleitung (Überwachung von Kunstauktionen)

Links zu Datenbanken, Publikationen und Portalen

Verwandte Themen

zurück zum Seitenanfang